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Seahawks nach der Rams-Pleite: Doch nur der alte Sam Darnold?

kicker

Als Seahawks-Coach Mike Macdonald nach der knappen Niederlage in Los Angeles gefragt wurde, was er Sam Darnold nach dessen 4-Interception-Auftritt gesagt hat, war die Botschaft klar. "Bleib aggressiv, Mann. Wir lieben dich und wir stehen hinter dir."

Über die ersten zehn Wochen dieser Saison war die Seahawks-Darnold-Ehe ein voller Erfolg. Darnold entpuppte sich als eine sehr gute Besetzung für die Art Offense, die Kubiak in Seattle neu installierte: Ein aggressiver Downfield-Passer mit einem guten Arm, der aus einer engen Pocket spielen und spät im Play Bälle vertikal platzieren kann.

Das war gewissermaßen das Kernelement der Seahawks-Offense. Denn während das Run Game bestenfalls inkonstant auftrat, nutzte Seattle trotzdem viele schwere Personnel-Groupings, um Defenses in Base Personnel zu bekommen - und um dann die Shot Plays insbesondere auf Jaxon Smith-Njigba zu treffen.

Darnold musste dabei selten den Ball viel werfen. Er musste die Offense nicht mit 40 Pässen tragen. Es waren spezifisch die Big Plays, die Seattles Offense prägten. Die traf Darnold besser als jeder andere Quarterback bis dato in dieser Saison: Das war der Motor für Seattles Offense, so gewannen die Seahawks im Zusammenspiel mit der starken Defense viele Spiele.

Ernest Jones verteidigt Darnold mit Nachdruck

Die Seahawks brauchen die aggressive Version von Darnold. Macdonalds Aussage passt dahingehend umso mehr, und Linebacker Ernest Jones wurde im Nachgang des Spiels noch eine ganze Ecke deutlicher.

"Sam spielt eine tolle Saison. Sam hat dafür gesorgt, dass wir in jedem verdammten Spiel eine Chance hatten. Also wenn er sagt, “oh, das war meine Schuld", nein, das stimmt nicht”, stellte Jones klar. Und weiter: "Es gab Plays, die wir defensiv noch hätten machen können, so ist Football. Er ist unser Quarterback, wir stehen hinter ihm. Wer dazu was zu sagen hat, ganz ehrlich: F*** you."

Und noch eine andere Aussage hörte man aus dem Locker Room der Seahawks am Sonntag häufiger. Sinngemäß: Ein Spiel definiert niemanden.

Das stimmt natürlich. Ein Spiel sollte nie einen Spieler definieren. Auch wenn gerade Darnold sich mit dem Thema nur allzu gut auskennt: Sein "Ich sehe Geister"-Spiel noch aus frühen Jets-Jahren hängt ihm bis heute nach und wird immer aufgewärmt, wenn Darnold ein schlechtes Spiel hat. Auch am Sonntag war es überall in den sozialen Medien wieder zu lesen. Selbst Puka Nacua griff es Anfang der Woche zumindest indirekt auf.

Doch es geht ohnehin weniger darum, dass das eine spezifische Spiel vom Sonntag Darnold definiert. Jeder Quarterback hat mal vier Turnover, jeder hat mal einen schlechten Tag. Es geht mehr darum, dass ihn das gleiche Spiel zum wiederholten Male ereilt - und inwieweit ihn das definiert.

Rams werden zu Darnolds Angstgegner

Das ist die große Sorge jetzt in Seattle. Das ist das Nummer-1-Thema, welches nach dieser Niederlage gegen die Rams im Raum steht. Weil es die weitere Saison der Seahawks definieren kann, indem es ganz konkret den Traum von einem tiefen Playoff-Run platzen lassen könnte.

Wir wissen, dass dieses Team gut ist und dass sie in jedem Spiel mithalten können sollte. Aber wie weit es potenziell in den Playoffs geht? Das hängt von Darnold ab.

Die Rede ist konkret davon, was passiert, wenn Darnold es mit einem echten Schwergewicht zu tun bekommt.

Denn hier wurden am Sonntag unweigerlich Erinnerungen an seine Saison in Minnesota wach, die ebenfalls nach einem fantastischen Run jäh endete: Eine chancenlose Niederlage in Woche 18 gegen Detroit machte die Vikings zum Wildcard-Team statt zum Divisionsieger, und in der ersten Playoff-Runde verlor man dann ebenfalls deutlich gegen eben jene Rams.

Das Rematch gegen die Rams in Woche 16 wird ganz klar unter dem Zeichen stehen, wie Darnold mental dieses nächste schwache Spiel gegen Los Angeles verarbeitet. Der Effekt wäre umso größer, sollte es zu einem dritten Duell in den Playoffs kommen.

Das ist natürlich noch Zukunftsmusik. Auch wenn dieser Schatten jetzt über der Seahawks-Saison liegt, bis Darnold zeigt, dass es anders geht. Umso spannender aber ist, dass die Seahawks auch abgesehen von den mentalen Aspekten an ganz konkreten sportlichen Themen mit Darnold arbeiten können.

Muss Darnold mehr Sacks hinnehmen?

Macdonald hatte am Montag, nachdem er das Tape des Spiels analysiert hatte, mehr Kontext hinsichtlich Darnolds Leistung parat und sprach über die vier Picks: "Die meisten kamen spät im Down, wo wir einfach zum nächsten Play kommen müssen. Sam hat dieses Jahr viel on-time und im Rhythmus gespielt, und hat dabei viele Plays für uns gemacht. Er hat auch viel kreiert. Man will den Playmaker nicht aus ihm raus coachen, aber wir müssen verstehen, wann wir zum nächsten Play kommen müssen, statt Risiken Downfield einzugehen."

Das war eine interessante Erkenntnis. Denn Macdonalds Analyse passte auffallend klar zu dem, was Rams-Safety Kam Kinchens - der zwei Interceptions am Sonntag hatte - direkt nach dem Spiel gesagt hat: "Der Rush hält ihn in der Pocket, und er will den Ball dann loswerden. Er will nicht gesacked werden, er versucht einfach, den Ball aus der Hand zu bekommen. Da wusste ich, dass es eine Gelegenheit geben würde."

Es war ein smarter Game Plan der Rams, der an das Playoff-Spiel gegen Darnold und die Vikings aus dem Januar anknüpfte. Da warf Darnold zwar nur einen Pick - wurde aber neun (!) Mal gesacked.

In der ganzen bisherigen Saison hat Darnold erst zehn Sacks eingesteckt. Letztes Jahr bei den Vikings waren es in 17 Spielen 48 Sacks. Es ist offensichtlich, dass er sehr viel Fokus auf diesen Bereich seines Spiels legt. Die Analyse von Kinchens und den Rams war komplett on-point.

Das ist etwas, woran er arbeiten kann. Zu lernen, wann man ein negatives Play akzeptiert und keine Katastrophe daraus macht, kann gerade in den Playoffs den Unterschied ausmachen.

Darnold selbst hatte zudem zwei Themen nach dem Spiel auf dem Zettel: "Ich fand, dass wir, abgesehen von den Turnovern, den Ball gut bewegt haben. Wir konnten in der Red Zone Drives nicht beenden. Das war ein großes Thema. Und dann eben, wie gesagt, kann ich nicht so viele Turnover haben. Ich werde daraus lernen."

Darnolds weitere Saison im Kontext des Bridge-QB-Trends

Es ist eine spannende Dynamik, nicht nur für die Seahawks. Das Thema des erfolgreichen Veteran-Bridge-Quarterbacks - Darnold, Baker Mayfield, Jared Goff, Daniel Jones - ist diese Saison omnipräsent. Es ist dabei keine Frage mehr, ob man mit solchen Quarterbacks produktive Offenses aufs Feld bringen kann. Der Diskussionspunkt ist vielmehr: Wie weit kann man mit einem solchen Quarterback kommen?

Und das lässt sich vereinfacht auf eine Frage herunterbrechen: Ist ein Quarterback dieses Kalibers in der Lage, einen Plan B und einen Plan C abzurufen? Denn darum geht es in den Playoffs, und im Fall von Darnold ist das Rams-Matchup ein exzellentes Beispiel dafür. Kann er die Offense kompetitiv halten, auch wenn er nicht die Downfield-Play-Action-Shots bekommt? Und wenn er dann viel Druck in der Pocket hat?

Das Thema werden wir mit Daniel Jones auch noch haben. Kann er die Colts in den Playoffs auf Kurs halten, wenn Defenses das Run Game der Colts in den Griff bekommen? Oder wenn sie seine häufig offenen ersten Reads wegnehmen? Kann Goff die Lions in Playoff-Spielen tragen, wenn das Run Game kontrolliert wird und er in der Pocket regelmäßig von seinem Spot weg bewegt wird?

Die Playoffs sind ein anderes Thema als die Regular Season. Hier geht es gegen die besten Defenses, die dann zudem Tape und Tendenzen einer ganzen Regular Season haben, um zu studieren, was die Offense machen will und wo die Komfortzone eines Quarterbacks liegt. Deshalb merkt man hier so häufig den Unterschied zwischen den Elite-Quarterbacks, und den Quarterbacks, die in der Regular Season in Plan A sehr gut funktioniert haben, aber dadurch nicht automatisch auch die Kapazitäten haben, Plan B und Plan C zu finden und umzusetzen.

Das ist auf den Punkt gebracht das Thema, das bei Darnold bereits seit letztem Jahr im Raum steht. Und das jetzt nach diesem Spiel gegen die Rams wieder sehr präsent ist. Das muss kein Abgesang sein, überhaupt nicht.

Macdonald war direkt nach dem Spiel ebenfalls um einen positiven Dreh bemüht: "Natürlich sind wir enttäuscht, aber es ist für mich völlig klar, dass wir ein tolles Team haben, und wir werden lernen, wie man solche Spiele gewinnt. Wir werden aus solchen Wochen lernen. Nochmal, wir haben ein junges Team. Ich bin ein junger Head Coach. Ich lerne auch noch, wie man das Team Woche für Woche vorbereitet. Wir alle entwickeln uns weiter, und ich denke, dass das sogar ein Vorteil für uns ist."

Diese Aussage lässt sich ohne Frage auf den Coach und auf weite Teile des Kaders anwenden.

Ob sie auch für den Quarterback gilt? Das werden wir über die nächsten zwei Monate erfahren.

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