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Start der World Series: Ohtani und die Grenzen der Perfektion

kicker

Der Neun-Darter im Darts, die 300 im Bowling, das 147er-Break im Snooker - das Baseball-Äquivalent zu diesem "perfekten Spiel" wurde in der über 150-jährigen Geschichte des Sports nach offizieller Zählung erst 24-mal erreicht. Dazu muss ein Pitcher verhindern, dass in einem kompletten Spiel kein gegnerischer Schlagmann eine Base sicher erreicht: 27 Outs bei 27 Gegnern über neun Innings.

Shohei Ohtanis Name steht noch nicht auf der Liste dieser 24 Fälle eines perfekten Spiels. Doch der 31-Jährige ist drauf und dran, die Grenzen der Perfektion zu verschieben. Zuletzt geschehen am vergangenen Samstag.

Spiel 4 der National League Championship Series - quasi das Halbfinale im Kampf um den Titel in der MLB - stand auf dem Programm. Die Los Angeles Dodgers führten in der Best-of-seven-Serie gegen die Milwaukee Brewers bereits mit 3:0, benötigten also nur noch einen Sieg zum Erreichen der World Series. Ohtani startete für seine Dodgers als Pitcher, war gleichzeitig der Erste seines Teams am Schlagmal. Als er knapp drei Stunden später fertig war, sich zum Feierabend abmeldete und die Dodgers, der Titelverteidiger, den Einzug in die World Series feierten, hatte er die Baseball-Welt mal wieder aufs Neue staunend zurückgelassen.

Die Kombination macht Ohtani einzigartig

Vom "dominantesten MLB-Playoff-Spiel jemals" sprach zum Beispiel ESPN. Die meist sachlichen Analytiker von Fangraphs frohlockten: "Shohei Ohtani absolvierte das beste Playoff-Spiel der Major-League-Geschichte." Die reicht wie erwähnt bereits über 150 Jahre zurück, solche Aussagen sind also nicht unterzubewerten.

Perfekt, das war Ohtani als Pitcher zwar nicht. Über sechs Innings stand der Japaner auf dem Wurfhügel, ließ zwei Hits und drei Walks zu - gleichzeitig kam er aber auch auf zehn Strikeouts und "hielt die Null". Definitiv perfekt war sein Auftritt in der Offensive. Gleich bei seinem ersten At-Bat hämmerte er den Ball aus dem Stadion: Homerun Nummer eins. Bei seinem zweiten At-Bat zog er einen Walk, dann Homerun Nummer zwei, gefolgt von Homerun Nummer drei. Einer dieser Bälle flog knapp 143 Meter - immerhin Platz 10 im Ranking der weitesten Homeruns der Saison.

Und was heißt bei Ohtani schon perfekt? Für sich betrachtet war die Offensivleistung in Spiel 4 gegen die Brewers schon zum Zungeschnalzen. Genau wie seine Darbietung als Pitcher. Doch die Kombination ist etwas, was Ohtani einzigartig macht. Teamkollege Mookie Betts fühlte sich schon in die Zeiten der die NBA dominierenden Chicago Bulls versetzt: "Und er ist Michael Jordan." Anders drückte es Dodgers-Manager Dave Roberts aus: "Das war die größte Nacht in der Baseball-Geschichte."

Was kostet ein Einhorn? 700 Millionen Dollar

Superlative begleiten Ohtani schon lange. Bereits als er 2018 aus der japanischen Heimat in die MLB kam, lag ihm die Baseball-Welt zu Füßen. Den Status als "Einhorn", der sowohl als Pitcher als auch als Hitter dominiert - aufgrund der enormen Spezialisierung der beiden hochkomplexen und höchst unterschiedlichen Felder lange Zeit als Ding der Unmöglichkeit betrachtet -, bestätigte Ohtani in den Folgejahren. Auch nach verschiedenen Verletzungen oder seinem Wechsel von den Los Angeles Angels zu den Los Angeles Dodgers 2024.

700 Millionen Dollar über zehn Jahre war es den Dodgers wert, Ohtani vom anderen Ende der Stadt nach Hollywood zu lotsen. Natürlich ein Rekordvertrag. Er scheint allerdings auch jeden Cent zurückzahlen zu wollen, in dieser Regular Season beispielsweise mit 55 Homeruns, dem drittbesten Wert der Liga. Alle bereits aufgestellten Rekorde aufzuzählen, würde hier den Rahmen sprengen.

Übrigens: Pro Jahr bekommt Ohtani nur zwei Millionen von der Gesamtsumme seines Gehalts ausgezahlt - den Rest bekommt er als "Deferred Money" erst später. Dennoch zahlen die Dodgers 350 Millionen Dollar an Gehältern für ihren Kader - klar die Nummer 1 in der MLB -, knapp 170 Millionen Dollar kommen zusätzlich an Luxussteuern obendrauf. Für das Franchise in einem der größten Märkte der USA kein Problem.

Schon seit Jahren buttert Besitzer Mark Walter - auch NBA-Legende Magic Johnson ist Miteigentümer - Millionen von Dollar in das Team, um die Dodgers nach oben zu führen. Dort sind sie längst angekommen. 2020 gewann L.A. erstmals seit 32 Jahren wieder die World Series, vergangene Saison folgte mit Ohtani Titel Nummer acht. Und nun Nummer neun?

Dodgers der klare Favorit in der World Series

Gegner in der in der Nacht auf Samstag startenden World Series sind die Toronto Blue Jays. Der Kader der Kanadier kostet 255 Millionen Dollar plus zehn Millionen Luxussteuer. Ein kleiner, aber feiner Unterschied. Wobei auch die Blue Jays, die sich ihr World-Series-Ticket knapp in sieben Spielen gegen die Seattle Mariners sicherten, einige Stars in ihren Reihen haben. Angeführt von Vladimir Guerrero Jr. (26), immerhin selbst mit einem 500 Millionen Dollar schweren Vertrag (über 14 Jahre) ausgestattet.

Ihm gegenüber aber steht der dreimalige MVP Ohtani. Und der einmalige MVP Betts. Und der neunmalige All-Star Freddie Freeman, der ebenfalls einmal den MVP-Award gewann. Die Favoritenrolle ist daher klar verteilt: Die "kleinen" Blue Jays, die 1993 zuletzt den Titel holten, gegen die Übermacht aus L.A.

Ohtani wird vermutlich in Spiel 4 wieder auf dem Wurfhügel stehen, bis dahin als Hitter sein Unwesen treiben. Falls dieser Fall eintrifft, wäre es aus doppelter Sicht bitter für Toronto: Im Winter 2023, als sich der vertragslose Ohtani seinen neuen Arbeitgeber aussuchen konnte, waren auch die Blue Jays im Gespräch. Eines Dezemberabends kochten Gerüchte hoch, Ohtani säße in einem Flugzeug Richtung Kanada zur Vertragsunterschrift - es stellte sich heraus, es war das Flugzeug von "Shark Tank"-Mitglied Robert Herjavec. Ohtani war nicht an Bord. Stattdessen gab das "Einhorn" einen Tag später bekannt, bei den Dodgers zu unterschreiben ...