Fehlercode: %{errorCode}

Wie Dennis Rodman und die Spurs aneinander verzweifelten

kicker

Mit dem späteren Wissen ist es fast schon lustig, dass die Spurs es überhaupt versuchten. Zwar steckte deren Kultur, die sich über Jahrzehnte etablieren sollte, noch in den Kinderschuhen, aber manch ein entscheidender Protagonist war eben trotzdem schon da: Franchise-Player David Robinson etwa, der Navy-Absolvent. Einen unpassenderen Co-Star für den "Admiral" hätten sie auch mit den heutigen KI-Möglichkeiten kaum entwerfen können.

Wobei der Kontrast bei den Persönlichkeiten für San Antonio durchaus einen Teil des Reizes ausmachte. "Die Leute hielten uns für ein Marshmallow-Team", sagte General Manager Bob Bass vor der 93er Saison, als er erklärte, warum sich die Spurs um Dennis Rodman bemüht hatten. "Er sagte, dass er uns zeigt, wie man gewinnt."

Logisch eigentlich - die Spurs waren gut (zuvor vier Jahre in Folge mit 47 bis 56 Siegen), enttäuschten aber permanent in den Playoffs, weil sie zu weich waren, wie sie offenbar selbst befanden. Rodman war vieles, aber soft war er nicht. Zwei Titel, zwei Rebounding-Kronen und zwei Defensive Player of the Year-Awards hatte er in den vier vorigen Jahren eingefahren.

In San Antonio sollte er so etwas wie das fehlende Puzzleteil darstellen. Er hatte indes auch noch einige andere Ideen.

Das Ende eines Charakters

Die Spurs bekamen Rodman in einer Phase, in der einer der merkwürdigsten Spieler der NBA-Geschichte endgültig seinen Kokon verließ. Bereits in seinem letzten Jahr in Detroit hatte sich dieser Prozess eingestellt: Der Abschied von Coach Chuck Daly, einer Vaterfigur, sowie seine erste Scheidung hatten Rodman erschüttert, sein komplettes Leben hinterfragen lassen.

Im Jahr 1993 stellte der "Wurm" fest, dass er Zeit seines Lebens bloß einen Charakter in der NBA dargestellt hatte, mit diesem jedoch abschließen wollte. "Ich wollte nur dieses Individuum töten. Nicht Dennis Rodman", sagte er später selbst über das Gerücht, er habe sich sogar ernsthaft mit einem Selbstmord auseinandergesetzt.

Sein Abschied aus Detroit hatte sich angekündigt - bereits 1992 verzichtete er dort aufs Training Camp, wurde immer mal wieder suspendiert oder meldete sich einfach nicht beim Team. Im Sommer 1993 dann lehnte er zunächst Trades ab, um wenig später zu sagen, für Detroit wolle er jedoch auch nicht spielen.

Wochen vor dem Trade nach San Antonio waren sich die Pistons eigentlich schon einmal mit Phoenix einig, dieser Deal platzte jedoch, da Suns-Forward Richard Dumas erneut mit Drogen erwischt wurde. Schlussendlich kam der 32-Jährige dann im Oktober für Sean Elliott, David Wood und einen Erstrundenpick zu den Spurs.

Der Demolition Man

Schlagzeilen produzierte Rodman dort von Beginn an. Bereits zu seinem ersten Spiel erschien Rodman mit gefärbten Haaren, die ab hier sein Markenzeichen werden sollten - der Film "Demolition Man" mit Wesley Snipes hatte ihn dazu inspiriert. Wobei diese Extravaganz für das Team noch harmlos war, ähnlich wie die sehr öffentlich geführte Affäre mit Pop-Ikone Madonna, die Rodman damals führte.

Problematischer: Rodman leistete sich auf dem Court einige Ausraster, packte beispielsweise Kopfnüsse gegen John Stockton und Stacey King aus, verweigerte einmal eine Ejection und blieb auf dem Court. Mit den Teamkollegen kommunizierte Rodman dabei nahezu gar nicht, einzig der selbst recht extravagante Backup Jack Haley formte eine Freundschaft mit ihm.

Head Coach John Lucas versuchte es mit der langen Leine; elf Spieler seines Teams hatten beispielsweise klare Vorgaben, zu welcher Uhrzeit sie vor einem Spiel den Locker Room betreten haben mussten, bei Rodman lautete die Regel lediglich "komm‘ bitte einfach". In der Regular Season funktionierte das solide, 55 Siege wurden eingefahren, Rodman lief 79mal auf und schnappte sich 17,3 Boards, wieder die meisten der Liga.

In den Playoffs jedoch ließ sich Rodman erneut für ein Spiel sperren, weil er Stockton attackierte. Die Spurs verloren 1-3 gegen Utah, was sie danach dazu veranlasste, fast das komplette Front Office auszutauschen und auch Lucas (durch Bob Hill) zu ersetzen. Fortan sollte ein anderer Wind am Alamo River wehen.

Rodman vs. das Militär

Der neue General Manager wurde ein Mann, der bis dahin bloß als Assistant Coach in San Antonio und Golden State gearbeitet hatte: Gregg Popovich. Der wie Robinson einen militärischen Background hatte und Disziplin erwartete - was Rodman, wenig überraschend eigentlich, nicht unbedingt begeisterte.

"Mr. Militär wollte mich zu einem guten kleinen Jungen machen, zu einem guten Soldaten", schrieb Rodman in seinem 1996 erschienenen Buch "Bad As I Wanna Be" über Popovich. "Er wollte derjenige sein, der Dennis Rodman gezähmt hat." Stattdessen erlebten die Spurs nun erst recht massive Turbulenzen.

Rodman verpasste die ersten 17 Spiele der neuen Saison allesamt. Die ersten drei aufgrund einer Suspendierung vom Team, dann ließ er sich selbst für einen Monat freistellen. Die Spurs gewannen bloß acht dieser Partien ohne ihn, was unterstrich, dass seine Fähigkeiten dem Team eigentlich nach wie vor sehr gut zu Gesicht standen.

Alles wird versucht

Tatsächlich zeigte sich das in fast jedem Spiel, das San Antonio in der Folgesaison mit Rodman absolvierte. 49mal war er dabei, 40mal gingen die Spurs als Gewinner vom Court. Insgesamt holten sie 62 Siege, die meisten der Liga, echte Playoff-Hoffnungen verbanden sie jedoch nach wie vor damit, ihn irgendwie in ihr Team integriert zu kriegen.

Was erklärte, was bei Rodman alles toleriert wurde. Die Nicht-Kommunikation mit dem Team etwa - Hill versuchte, Haley als Zwischenstück zu nutzen, um Rodman irgendwie zu erreichen. "Dennis redet nicht. Vielleicht gibt’s mal ein Wort, mehr nicht. Er geht nicht ans Telefon, wenn sie anrufen. Sie versuchen, ihn etwas zu fragen, aber er sitzt einfach nur da. Da komme ich ins Spiel", erklärte Haley 1995 der New York Times.

San Antonio unternahm auch noch andere Versuche, Rodman zu erreichen. Etwa fragten sie Rodman, ob Assistant Coach Dave Cowens mit seinem Motorrad mal bei Rodmans Biker-Gang dabei sein dürfte, um Kontakt zu ihm aufzubauen. Cowens war dann tatsächlich mal dabei, allerdings baute Rodman am selben Tag einen Unfall mit seiner Harley-Davidson, wobei er sich die Schulter auskugelte und wiederum zwölf Spiele verpasste.

"Ich habe den wilden Mustang definitiv nicht gezähmt", sagte Popovich danach zur New York Times. "Ich würde es lieben, das zu schaffen, aber ich habe absolut keine Chance."

Die Frustrationen wuchsen, sie wucherten sogar. Trotzdem machte San Antonio viel mit, in der Hoffnung, durch Rodman eine Antwort auf die Kanten der Western Conference wie Karl Malone, Charles Barkley oder Hakeem Olajuwon zu haben. "Man braucht [in den Playoffs] abgehärtete Kriminelle", erklärte Cowens, der als Spieler selbst zwei Titel gewonnen hatte.

Nie gut genug

Pünktlich zu den Playoffs war Rodman dann tatsächlich wieder bereit. Die ersten beiden Runden gewannen die Spurs, nicht allerdings ohne weitere Kontroverse. Einen der Siege gegen die Lakers verpasste Rodman, erneut suspendiert, nachdem er sich während einer Auszeit mit Hill gestritten und sich dann nur in Socken auf den Boden gesetzt hatte.

"Was auch immer ich tue, es ist nie gut genug", sagte Rodman danach zu den Medien. "Ich denke, ich muss dem Kirchenchor beitreten und ein Priester werden und dann wird alles gut. Ich muss einen Kreuzzug starten. Sie zahlen mir gutes Geld dafür, ein Teamplayer zu sein; sie zahlen mir kein großartiges Geld dafür, ein Gutmensch zu sein."

Die Spurs gewannen diese Serie, flogen dann jedoch in den Conference Finals gegen den amtierenden Meister Houston raus. Was Rodman dazu verleitete, insbesondere Hill öffentlich zu kritisieren, den er in seinem Buch später unverblümt als "Verlierer" bezeichnen sollte. Wenig überraschend lief es danach erneut auf eine Trennung hinaus.

"Er hat mich gehasst, weil ich kein Bibelknabe war", sagte Rodman später über Popovich. "Sie sahen mich damals an, als sei ich der Teufel. Dann habe ich mich wieder aufgeführt, weil sie mich nicht dort haben wollten. Trotzdem war ich derjenige, der David Robinson den Scoring-Titel und den MVP verschafft hat, der all die Rebounds geholt hat."

Glück im Unglück

Rodman war in San Antonio zwei weitere Male der Top-Rebounder der Liga und einer der besten Verteidiger - sein Talent stand nie in Frage. Dennoch war es im Sommer 1995 nicht leicht, einen Abnehmer zu finden, weil sich kaum ein Team zutraute, mit dessen Exzentrik (und dem zunehmenden, nicht gerade unter Verschluss gehaltenen Alkoholismus) zurechtzukommen.

Die Bulls wurden dieser Abnehmer, mussten für Rodman aber auch lediglich Will Perdue abgeben. Ein Musterknabe wurde Rodman in Chicago bekanntlich auch nicht mehr, instrumental bei drei weiteren Meisterschaften wurde er dennoch. Was ihn dazu verleitete, das Scheitern in San Antonio später sehr positiv anzusehen.

"Es hätte funktionieren können, das hat es aber nicht. Gott sei Dank haben wir in San Antonio keinen Titel gewonnen", sagte Rodman. "Ich bin sehr dankbar. Wenn ich dort einen Titel gewonnen hätte, wäre ich nämlich geblieben. Dann wäre ich nie bei den Chicago Bulls gelandet, und die Bulls gewinnen dann nicht diese drei Titel. Also ist es Glück im Unglück gewesen."

So ließ es sich formulieren - aus Perspektive der Bulls (und Rodmans) zumindest. Und eigentlich auch für die Spurs: Zwei Jahre nach Rodmans Trade drafteten sie in Tim Duncan den Power Forward der NBA-Geschichte, der von der Persönlichkeit her vielleicht am weitesten von Rodman entfernt war. Direkt auf den zweiten Threepeat der Bulls folgte ihre erste Meisterschaft.

Weltmeisterlich - mit Fragezeichen: Der DBB-Kader für die EM

Spurs stellen 1,3-Milliarden-Dollar-Arenaplan vor

Von Training-Camp-Invite zum NBA-Profi: Diese Spieler schafften den Durchbruch