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Sieben Meister in sieben Jahren: Was die Titelverteidigung in der NBA so kompliziert macht

kicker

Wo sind sie nur hin, die großen Dynastien der NBA? Ausgerechnet im Land des Turbo-Kapitalismus herrscht in den großen US-Sportligen wie NFL, NHL oder nun auch der NBA ein beinahe sozialistisches Klima. Dominatoren sind Fehlanzeige, vielmehr ist ein Titelgewinn so offen wie nie zuvor.

Dabei war es vor allem die NBA, die sich über Dynastien ihrer großen Stars definierte. Bill Russell in den 60ern mit den Boston Celtics, die Rivalität zwischen Magic Johnson und seinen "Showtime"-Lakers mit Larry Bird (ebenfalls Celtics) in den 80ern. Die Hegemonie der Chicago Bulls um Michael Jordan und Scottie Pippen in den 90ern, wieder die Lakers um Shaquille O'Neal und Kobe Bryant zu Beginn des Jahrtausends oder die ewigen San Antonio Spurs, die mit Ikone Tim Duncan fünf Titel in 15 Jahren errangen.

Von diesen Dynastien profitierte die Liga, sie wurden, die als langweilig verschrienen Spurs mal ausgenommen, als Zugpferde eines boomenden Geschäfts vor den Wagen gespannt. "Dynastien sind das, was die NBA besonders macht", sagte der damalige Commissioner David Stern im Jahr 2011. Und auch noch vor nicht mal einem Jahrzehnt verkaufte die Liga unter Stern-Nachfolger Adam Silver mit dem ewigen Duell zwischen dem Superteam der Golden State Warriors und den Cleveland Cavaliers um LeBron James ihr Produkt exzellent.

Durant, die Warriors und eine Anomalie im Salary Cap

Doch genau jene Warriors brachten das Fass zum Überlaufen. Durch eine Anomalie im Tarifvertrag schaffte es der siebenmalige Champion, der mit 73 Erfolgen einen Siegrekord in einer Saison aufstellte, im Sommer 2016 in Kevin Durant auch noch einen der besten Spieler der NBA unter Vertrag zu nehmen - ohne etwas abzugeben. Die Empörung innerhalb der Liga, die solche Manöver durch eine Gehaltsobergrenze, den Salary Cap, eigentlich verhindern möchte, war groß.

Die Warriors wurden eine Gelddruckmaschine, der Hype war ähnlich groß wie 20 Jahre zuvor rund um Jordan, 2018 gewann Golden State den dritten Titel innerhalb von vier Jahren. Doch ein Jahr später zerfiel das Team. Durant zog sich einen Achillessehnenriss zu und schloss sich den Brooklyn Nets an. Dazu verletzte sich auch der andere Superstar, Stephen Curry, nach wenigen Spielen der neuen Saison. Dynastie beendet. Seither hat kein Team den Titel in der besten Basketball-Liga der Welt mehr verteidigen können.

Das Warriors-Model ist kaum noch umsetzbar

Es ist schon lange nicht mehr möglich, einen stetigen Titelanwärter zu konstruieren, der sich viele Jahre an der Spitze hält. Dafür sorgt der Tarifvertrag der Liga. Wer einen Superstar oder gleich mehrere im Team versammelt, muss diese auch entsprechend bezahlen. Das ist teuer und schränkt die Macher beim Zusammenstellen des restlichen Kaders ein. Das alte Modell mit drei Superstars in einem Team, das die Warriors auf die Spitze trieben, ist kaum noch umsetzbar.

Das mussten zuletzt die Phoenix Suns erleben, die hinter Durant, Devin Booker und Bradley Beal ihren Kader schließlich mit teils nicht NBA-fähigen Spielern auffüllen mussten. Erfolgversprechender sind inzwischen Strategien mit "nur" zwei Star-Spielern und dafür mehr Breite im Kader. Dazu ist es wichtig, im alljährlichen Draft starke Talente zu finden - deren Verträge sind durch den Tarifvertrag gedeckelt und daher in den ersten vier Jahren äußerst kostengünstig.

Der Salary Cap bot in der Vergangenheit aber auch Schlupflöcher. Im Gegensatz zur NFL gibt es in der NBA de facto keinen "harten", sondern einen "weichen" Cap. Heißt: Es gibt Ausnahmen, wann Teams die Gehaltsobergrenze überschreiten dürfen. Die Warriors und auch die L.A. Clippers nutzten dies aus, sie zählten über Jahre zu den mit Abstand teuersten Teams der Liga, nahmen die Strafen in Form von Luxussteuerzahlungen für den Erfolg in Kauf. Die Warriors profitierten von ihrer eigenen brandneuen Arena, die Clippers vom Besitzer. Dem Ex-Microsoft-CEO Steve Ballmer, mit den tiefsten Taschen der NBA - und dem Willen, diese auch zu leeren. Zwar wirft Geld auch nur bedingt Körbe, es verbessert jedoch die Ausgangssituation.

Härtere Strafen, weniger Kontinuität: Die Gründe für die Parität in der NBA

Seit zwei Jahren haben sich die Voraussetzungen wieder geändert. Die Strafen für teure Teams sind inzwischen mit Einschränkungen bei Spieler-Verpflichtungen und Trades oder dem Einfrieren von Draft-Picks so drastisch, dass sich Franchises maximal für ein Jahr über die Luxussteuergrenze trauen. So gewannen die Boston Celtics zwar 2024 den Titel, gaben vor der nun startenden Saison aber mehr oder weniger freiwillig mit Kristaps Porzingis und Jrue Holiday zwei Schlüsselspieler ab, um den Strafen zu entgehen. Über viele Jahre in Folge einen Titelanwärter zu stellen? Schwierig.

Es gibt aber auch andere Gründe für die Parität. Stars haben mehr Macht als früher, durch medialen Druck können sie Trades beeinflussen. Es gibt daher so viele Star-Trades wie nie zuvor und damit auch weniger Kontinuität. Zur Veranschaulichung: Aus dem All-Star Game 2019 spielen heute nur noch fünf von 27 Akteuren für dasselbe Team wie damals: Giannis Antetokounmpo, Joel Embiid, LeBron James, Nikola Jokic und Stephen Curry. Die Crème de la Crème, die man einfach nicht tradet.

Auffällig ist auch, dass jede Titelverteidigung seit 2019 spätestens in der zweiten Playoff-Runde endete. Ein sogenannter "Repeat" war stets in weiter Ferne, selbst wenn Champions als Favoriten in die Saison gingen. Es zeigt: Für den großen Wurf braucht es neben Qualität eben auch das Quäntchen Glück. In den vergangenen Jahren ließen immer wieder Verletzungen mögliche Titelträume platzen. Dies verwundert nicht, denn eine NBA-Saison wartet mit 82 Spielen in der Hauptrunde und mit weiteren 16 bis maximal 28 Partien in den Playoffs auf. Das schlaucht, körperlich wie mental, zumal es kaum Pausen gibt. Gegen schlechtere Teams kann man zwar mal einen Gang herunterschalten, doch die Qualität in der NBA ist so hoch wie nie zuvor. Entsprechend schwer ist es, sich in einer Liga mit 30 Teams wirklich dauerhaft an der Spitze festzusetzen.

Setzen die Thunder die Tradition der NBA-Dynastien fort?

Wenn ein Franchise aber diesen Teufelskreis durchbrechen kann, sind es die Oklahoma City Thunder. Gewissermaßen ist auch der aktuelle Champion eine Anomalie, wenn auch anders als Golden State mit Curry und Durant. Die Thunder haben im Kanadier Shai Gilgeous-Alexander (27) einen vergleichsweise jungen Superstar und dazu weitere hochkarätige Youngster wie Allzweckwaffe Jalen Williams (24) und Center Chet Holmgren (23). Die beiden Letztgenannten spielen noch zu ihren günstigen Rookie-Deals, sodass Oklahoma es sich leisten konnte, dem deutschen Nationalspieler Isaiah Hartenstein knapp 30 Millionen Dollar jährlich zu zahlen. Zusätzlich haben weitere wichtige Rollenspieler günstige Verträge.

Oklahoma besitzt durch jahrelange Geduld so viele Draft-Picks, dass es dem Kader weiterhin günstige Talente zuführen kann. Die Thunder sind zudem der jüngste Meister der NBA-Historie. Mit der besten Verteidigung der Liga und enormem Entwicklungspotenzial bei zahlreichen Akteuren macht dies OKC wieder zum Favoriten, auch weil anderen Konkurrenten durch den neuen Tarifvertrag die Hände gebunden sind.

Früher oder später dürfte dann auch das Thunder-Team zu teuer werden, vermutlich ist dies in zwei bis drei Jahren der Fall. Doch bis dahin besteht die Chance, dass ausgerechnet das kleine Franchise aus dem Herzen der USA die Tradition der NBA-Dynastien fortsetzen wird.