In München steht das Wasser bis zum Hals. Naja, zumindest den eSport-Teams manchmal. Beim BLAST R6 Major in München konnte sich das Publikum einer neuen Bühnenshow erfreuen - doch eigentlich war die Bühne gar nicht da. Stattdessen leuchtete ein LED-Floor die Zuschauer an.
Welche Herausforderungen dieses Events mit sich brachte und wie Chrystina Martel ihre Visionen umsetzen konnte, haben wir mit ihr im Gespräch erfahren.
kicker eSport: Was war der Moment in deinem Leben, in dem du gesagt hast: Ja, ich will nicht nur spielen oder zuschauen - ich will in der Spiele-Industrie arbeiten?
Chrystina Martel: Ich war an der Universität, ein komplettes Klischee - mein Freund spielte damals viele Videospiele und hat mich dafür begeistert. Meine Eltern hatten damit nie etwas zu tun, ich habe als Kind nie gespielt. Er war also derjenige, der mein Interesse geweckt hat. Aber am Ende glaube ich, dass ich das Spielen vielleicht sogar mehr liebte als er.
„Es war einfach unglaublich, dass das ein echter Job sein konnte.“ (Chrystina Martel, Executive Producer BLAST)
Wir spielten zusammen, aber eSport selbst war immer etwas, das ich nur auf Bildschirmen sah - während der Universität beim Kochen, Essen, alles Mögliche. Ich habe Match-Ride-Ups geschrieben, für die League-of-Legends-Wettbewerbe.
Als ich mein Studium abgeschlossen hatte, fragten mich einige Online-Kollegen, die auch Journalisten waren: "Warum arbeitest du nicht im eSport?". Damals, 2013, wusste ich gar nicht, dass man damit Geld verdienen kann. Ich dachte, das sei alles nur zum Spaß. Ich bot meine Hilfe an - und habe nie zurückgeblickt. Es war einfach unglaublich, dass das ein echter Job sein konnte. Seit 2013 ist es durchgehend so weitergegangen.
Hattest du eine Motivation, ein spezielles Ziel, was du tun wolltest?
Absolut nicht. Ich wollte einfach etwas tun. Am Anfang habe ich in der PR gearbeitet, erst als Praktikantin, dann in Vollzeit. Ich habe ein bisschen Artikel geschrieben, getwittert, Events administriert - einfach ausprobiert.
Später habe ich Konzepte für Publisher gepitcht, Projektmanagement übernommen, Budgetpläne gemacht und Events von A bis Z umgesetzt. Während der Covid-Pandemie habe ich in der Rechtsabteilung unterstützt. Danach kam ich zu Blast, wo ich Produkte entwickelt und Event-Konzepte umgesetzt habe. Genau das mache ich jetzt.
Manchmal ist es einfach eine Frage des Timings, oder?
Absolut. Der Einstieg in den eSport war nicht geplant, Motivation im klassischen Sinne hatte ich nicht. Es ging einfach darum, da zu sein, mitzumachen und Dinge auszuprobieren. Manchmal muss man eben so anfangen.
Wie war für dich der Einstieg in die Branche? Als Frau fällt es ja manchmal schwerer.
Die eSport-Industrie kann manchmal schwierig sein, besonders für Frauen. Ich habe das persönlich nie negativ erlebt, aber ich erkenne, dass es diese Herausforderungen gibt. Ich helfe, wo ich kann, etwa als Mentorin. Rainbow Six ist ein Spiel, bei dem man viel Diversität sieht - Leute aus allen Lebensbereichen, mit unterschiedlichen Interessen und Geschlechtern. Ich liebe die Rainbow-Six-Gemeinschaft, sie ist aufgeschlossen und sehr inklusiv.
„Die Leute identifizieren sich mit einem Spieler aus ihrer Region, das Publikum unterstützt sowas immer leidenschaftlich.“ (Chrystina Martel, Executive Producer BLAST)
Dann kommen wir doch auch gleich zu Rainbow Six und dem Event in München. Wenn man Deutschland mit anderen Ländern vergleicht: Was sind die größten Herausforderungen, wenn man ein eSport-Event für Rainbow-Six auf die Beine stellt? Wie catcht man deutsche oder europäische Spieler?
Deutsche eSport-Fans sind phänomenal. Bei Events in Berlin war das Publikum unheimlich engagiert - selbst an einem normalen Freitag. Ich war beeindruckt. Ich dachte, das ist unglaublich.
Lokale Spieler zu haben, macht einen großen Unterschied. Die Leute identifizieren sich mit einem Spieler aus ihrer Region, das Publikum unterstützt sowas immer leidenschaftlich. Aber das kannst du nicht kontrollieren. Ich glaube aber nicht, dass es etwas Spezifisches gibt in Deutschland. Beim Bühnenbau haben wir dieses Mal aber etwas anderes versucht.
Genau, die Bühne, da habt ihr was Neues probiert.
Wir haben uns auf den LED-Floor konzentriert. Das ist nicht wirklich spezifisch für Deutschland, aber wir dachten, dass die eSport-Community als Ganzes beeindruckt sein wird. Weil das eine andere Art ist, etwas darzustellen.
Kannst du uns ein bisschen über die Show-Elemente erzählen? Gibt es etwas, worauf du sehr stolz bist?
Ja, die Bühne. Ich dachte, was, wenn wir dieses Mal keine Bühne im eigentlichen Sinne bauen. Eine Bühne ist normalerweise die Quintessenz des eSport-Events. Du weißt, du baust eine. Aber wir durften diesmal etwas anderes machen und das machte der LED-Boden der Arena möglich.
Und was war die Idee dahinter?
Wir haben alles mit Nighthaven verbunden: Wir haben das Event narrativ gestaltet, mit Wasser, Licht und Musik, um die Geschichte der Map zu erzählen. München hat auch eine Verbindung zu Wasser mit dem Eisbach, wo die Leute surfen. Wir wollten damit etwas spielen und haben uns entschieden, eine Story darauf aufzubauen. Unser Slogan "Keep your head above water" bildete das Gerüst.
Wenn das Publikum morgens kommt, spielen wir die Musik des Events. Aber wir stellen auch Sounds eines Sturms darüber ein, damit die Leute es hören können und in Stimmung kommen können. Es regnet, es gibt flackernde Lichter und alles. Wenn es bei einem Team nicht so gut läuft, sieht man auf der Bühne, wie das Wasser auf diese Seite kommt. Wenn es einen Sturm gibt, dann sterben die Teams. Die anderen Teams sind sicher. Mit diesen Elementen haben wir gespielt.
Das machen wir nicht so oft bei eSport-Events. Man hat keine Chance, weil man eine Bühne hat. Das war sehr cool für dieses Event. Wir mussten das einfach machen.
Danke für dieses Gespräch!