Gerade mal 24 Prozent der Nutzerbewertungen auf Steam fallen kurz nach Voll-Release des Football Manager 26 positiv aus. Im PlayStation Store sieht es noch schlimmer aus: Fast 900 Mal wurde nur ein Stern vergeben - bei insgesamt rund 1.350 Bewertungen.
Rein von den Rezensionen her ist der Start in die neue FM-Ära also missglückt. Doch ist das Spiel wirklich so schlecht, wie die öffentlichen Stimmen vermuten lassen? Wir haben die Konsolen-Version getestet.
Neues UI: Klare Idee, viele Baustellen
Den Football Manager gemütlich auf dem Sofa über PlayStation oder Xbox spielen - das ist seit 2023 möglich. Vor allem für Einsteiger war das eine willkommene Option, da Sports Interactive (SI) in der Konsolenfassung bewusst auf einige Features wie Pressekonferenzen verzichtete. Das bedeutete: Weniger Mikromanagement, weniger Reizüberflutung - und schnellerer Spielfortschritt.
Auch beim FM26 bleibt dieser Ansatz teilweise erhalten. Dennoch sind PC- und Konsolen-Version so ähnlich wie nie zuvor - genau das war das erklärte Ziel des Entwicklers.
Besonders am neuen User Interface ist zu erkennen, welchen Schritt SI in Richtung der Konsolenspieler gemacht hat. Im Vergleich zum Vorgänger ist es nun nicht mehr nötig, auf das Maus-Feature zurückzugreifen. Das Menü lässt sich per Schultertasten und Stick deutlich flüssiger bedienen.
Wie schon in der Beta aufgefallen: Das neue Kachel- und Kartensystem hat Licht und Schatten. Einerseits wirkt die Oberfläche moderner und aufgeräumter, andererseits ist sie sehr gewöhnungsbedürftig - und sorgt bei vielen Spielern zunächst für Frust. Einige Wege sind schlicht zu lang. Besonders in essenziellen Segmenten wie der Mannschaftsübersicht wünscht man sich wieder den direkten Zugriff aus FM24-Zeiten.
Die Idee hinter dem System ist nachvollziehbar: Zunächst oberflächliche Informationen, dann bei Bedarf die Details. In der Praxis bleibt das aber oft zu flach. So fehlen in der Mannschaftsübersicht wichtige Angaben wie Formkurve oder Potenzial.
Auch in der Spielersuche wären Nationalität und Sternebewertung auf den ersten Blick hilfreich. Sinnbildlich dafür steht das neue Portal, auf dem die wichtigsten Nachrichten und Ereignisse dargestellt werden sollen - dort finden sich gleich drei Kacheln mit derselben Info: dem nächsten Gegner.
Positiv fällt dagegen das neue Lesezeichen-Feature auf: Häufig genutzte Menüpunkte lassen sich speichern und mit einem Klick aufrufen. Ein echtes Komfort-Upgrade, gerade in den ersten Stunden, wenn man sich mit der neuen Struktur vertraut macht.
Fazit: Das neue User Interface hat eine klare Idee und wirkt deutlich moderner. Doch der Spagat zwischen Tiefe für Veteranen und Zugänglichkeit für Einsteiger ist SI noch nicht gelungen. Die gute Nachricht: Viele Schwachstellen lassen sich wohl mit weiteren Patches nachbessern.
Grafik: In der Betrachtung tut sich SI keinen Gefallen
Seit der Ankündigung, dass der FM26 auf der Unity Engine basiert, wurde viel über die Grafik spekuliert. Nach einigen Spielstunden stellt sich die Frage: Quantensprung oder nur Kosmetik?
Studio Director Miles Jacobson hatte im Vorfeld gewarnt, man solle den FM26 "als eigenständiges Spiel" betrachten - also nicht mit FM24 vergleichen. Ein schweres Unterfangen, denn optisch erinnert auch der neue Teil noch stark an seinen Vorgänger. Und die Unity Engine hilft bei diesem Eindruck kaum. Als eigenständiges Spiel betrachtet, fällt die Match-Engine eher durch: Es gibt weiterhin kein Kollisionsmodell, Spieler laufen durch Gegner hindurch, viele Animationen wirken noch immer hölzern. Spielergesichter sehen in Nahaufnahmen unnatürlich aus, Zuschauer erinnern eher an Schaufensterpuppen - ohne Vereinsfarben, ohne Dynamik.
Auf der Konsole kommen zudem spürbare Ruckler hinzu. Laut SI sollen diese auf dem PC nach dem ersten großen Patch behoben sein - andernorts vermutlich also nur eine Frage der Zeit.
Im Vergleich zum FM24 zeigt sich aber durchaus Fortschritt: kräftigere Farben, bessere Kamerafahrten und eine ansehnlichere Präsentation. Auch Animationen - etwa bei Ballannahmen oder Abschlüssen - wirken in vielen Momenten flüssiger. Für FM-Verhältnisse ist das ein sichtbarer Schritt nach vorn.
Fazit: Ob die Grafik überzeugt, hängt stark von der Perspektive ab. Als eigenständiges Spiel enttäuscht sie, im direkten Vergleich zum FM24 ist der Fortschritt jedoch klar erkennbar.
Duale Taktik: Frust statt Zugänglichkeit?
Mit Ball ein 4-4-2, gegen den Ball ein 4-2-3-1 - bisher musste man solche Umstellungen im Football Manager mühsam über Spielerrollen umsetzen. Im FM26 gibt es nun erstmals zwei getrennte Formationen: mit und ohne Ball.
Das klingt nach Vereinfachung, bringt aber neue Komplexität mit sich. Für Einsteiger bleibt das System fordernd, für erfahrene Manager bietet es deutlich mehr taktische Tiefe. Gegneranalysen gewinnen spürbar an Bedeutung, da sich das eigene System gezielter anpassen lässt.
Positiv fällt auf, wie übersichtlich die taktischen Anweisungen präsentiert werden: In den Teamanweisungen wird nun genau angezeigt, wie sich die Spieler auf dem Feld positionieren. Abzüge gibt es allerdings in der grafischen Darstellung - die Kachelstruktur wirkt hier unübersichtlicher als im FM24.
Fazit: Das neue Taktik-Tool ist gelungen und eröffnet viele neue Möglichkeiten. Wer bereit ist, sich einzuarbeiten, wird belohnt - auch, weil die gegnerische Analyse deutlich stärker ins Gewicht fällt.
Mehr Immersion bei der Charaktererstellung?
Zu einer Hochzeit in Straßenkleidung, aber feiner Zwirn bei einem Champions-League-Finale im FM? Im Internet gibt es unzählige Memes, wie tief virtuelle Manager in das Spiel eintauchen. SI greift diese Idee auf - mit der neuen "Manager-Persönlichkeit". Neben den üblichen Daten und dem Karriereweg spielt nun auch eine Rolle, welche Tätigkeit der Manager vor seiner Trainerlaufbahn ausgeübt hat - etwa als TV-Experte oder Teammanager.
Die Idee ist gut und bietet mehr Identifikation mit dem eigenen Charakter. Allerdings mangelt es in der Umsetzung an Tiefe. Mehr Auswahloptionen oder die Möglichkeit, eine eigene Biografie zu verfassen, würden dem Feature guttun. Auch beim Aussehen bleibt Luft nach oben: Auf dem PC kann kein eigenes Foto mehr importiert werden, Frisuren und Bärte wirken unfertig und wenig variantenreich.
Fazit: Ein netter Ansatz für mehr Immersion, der aber im Detail zu oberflächlich bleibt - optisch wie spielerisch.
Gesamtfazit
Viele der anfänglichen Stabilitätsprobleme sind inzwischen behoben. Trotzdem ist der FM26 noch nicht in einem Zustand, der einen Vollpreis von 60 Euro rechtfertigt. Neben den technischen Schwächen gibt es auch inhaltlich noch viele Baustellen. Fehlende Features wie die Jugendarbeit oder die verkürzte Tiefe fallen negativ ins Gewicht.
Das Wichtigste bleibt aber: Der Football Manager 26 macht Spaß. Das typische "FM-Gefühl" ist weiterhin da. Wer die Reihe liebt, wird früher oder später auch diesmal wieder versinken - trotz aller Kritikpunkte.
Um es mit den PlayStation-Store-Bewertungen zu sagen: 1,81 Sterne sind zu hart, 5 wären aber auch deutlich zu viel. Aktuell verdient der FM26 solide 3. Unser Rat: Wer unsicher ist, sollte den nächsten Patch oder eine Rabattaktion abwarten - oder die kostenlose Steam-Demo ausprobieren.