Harold Kreis zog ein positives Fazit unter den Deutschland Cup: "Das sind alles gute Jungs, die hier waren. Letztlich habe ich das bestätigt bekommen, was ich schon gewusst habe. Jeder hat einen guten Job gemacht", erklärte der 66-Jährige nach dem Gewinn des Heim-Turniers bei MagentaSport. Und baute in seine Antwort gleich mit ein, dass die beiden Siege gegen Lettland (4:1) und die Slowakei (3:0) sowie die Niederlage gegen Österreich (2:5) in Sachen Olympia-Kader für ihn nur wenig Neues brachten.
Dafür sorgte allein schon die Verletzungssituation. So fielen schon vor dem Turnier mehrere Spieler aus (Tobias Rieder, Tom Kühnhackl, Alexander Ehl, Colin Ugebekile), im Verlauf des Deutschlands Cups verletzte sich Dominik Kahun an der Hand, Lukas Kälble (nach zwei Dritteln gegen Lettland) und Justin Schütz (in den letzten beiden Partien) wurden vorsorglich geschont.
Nach enormen Verletzungsproblemen und kurzer Bank in der bisherigen DEL-Saison 2025/26 wurden Spieler von Meister Eisbären Berlin erst gar nicht für das Turnier eingeladen. Die Akteure erhielten Zeit zur Schonung. Blickt man auf die einzelnen Positionen, bleiben zwar ein paar kleinere Fragezeichen offen, doch der Kern von Deutschlands Olympia-Kader dürfte stehen.
Tor: Grubauer ist die klare Nummer eins
Seine Situation im Klub als Teil einer Dreier-Rotation, bei der er sich - hinter Stammkeeper Joey Daccord - die Rolle des Backups mit dem ehemaligen Meisterkeeper Matt Murray (mit Pittsburgh) teilen muss, ist das eine, die Nationalmannschaft das andere: Philipp Grubauer (34) ist die klare Nummer eins im deutschen Tor. Das zeigte auch das letzte WM-Turnier, bei dem er mit 93 Prozent Fangquote gegenüber Mathias Niederberger (85,7 Prozent) klar hervorstach.
Dennoch: Niederberger (32) dürfte dank seiner Verdienste im Nationaltrikot in den letzten Jahren - nicht nur beim Gewinn von WM-Silber 2023 - die Teilnahme am Turnier in Mailand sicher haben. Obendrein ist es eine Art Heimspiel für den Goalie des EHC Red Bull München, dessen Mutter gebürtige Mailänderin ist.
Für Position Nummer drei konnte Maximilian Franzreb im Vergleich unter anderem zu Dustin Strahlmeier nicht erst seit seinem Shutout gegen die Slowakei am Sonntag punkten. Der 29-jährige Neu-Mannheimer überzeugt seit Jahren in der DEL und könnte im Vergleich zu Arno Tiefensee (23) die Nase vorn haben, dem nach starken Leistungen bei den Adlern in der Vorsaison nach seinem Wechsel nach Nordamerika vor allem eines fehlt: Spielzeit.
Abwehr: Die Tiefe fehlt
In der Defensive fehlt dem DEB in Sachen Qualität auf höchstem Level die Auswahl. Starverteidiger Moritz Seider (24) ist der einzige deutsche Abwehrspieler in der NHL. Als Zweiter aus Übersee kommt Max Szuber (23) hinzu, der zumindest im AHL-Farmteam Tucson Roadrunners Leistungsträger ist. Daneben ist zweifellos auch das Berliner Duo Jonas Müller und Kai Wissmann (beide 29), so er denn nach Achillessehnenverletzung rechtzeitig fit wird, gesetzt.
Zudem wäre es schon eine größere Überraschung, wenn Kreis den langjährigen DEB-Kapitän Moritz Müller, trotz reifem Alter von bald 39 Jahren, zu Hause ließe. Weitere langjährige Säulen der A-Nationalmannschaft, wie Kälble (28), Fabio Wagner (30) und Leon Hüttl (25) sind ebenfalls Favoriten auf die weiteren Plätze.
Korbinian Geibel (23; wie Wissmann derzeit langzeitverletzt), der im Mai 2025 ein starkes WM-Debüt feierte, Leon Gawanke oder Ugbekile (26) kommen daher lediglich Außenseiterrollen zu.
Angriff: Das Prunkstück
Im Sturm stellt sich der Kern für den Bundestrainer nahezu von selbst - aus den NHL-Stars: Leon Draisaitl (30), Tim Stützle, J.J. Peterka, Lukas Reichel (alle 23) und Stanley-Cup-Sieger Nico Sturm (30), der verletzungsbedingt erst im Dezember seine ersten NHL-Spiele für die Minnesota Wild nach der Rückkehr im Sommer machen soll, sind fraglos gesetzt. Gleiches gilt für die Sommer aus der DEL nach Übersee gewechselten Wojciech Stachowiak (26) und Joshua Samanski (23), die in den Camps im September gute Ansätze zeigten und nun im Farmteam um NHL-Einsätze kämpfen.
Geht man von 14 nominierten Angreifen aus, bleiben gerade einmal fünf freie Plätze für DEL-Stürmer, rechnet man den in der Schweiz beim HC Lausanne spielenden Kahun (30) als gesetzt mit ein - falls dessen Verletzung vom Deutschland Cup nicht zu schwerwiegend ist. Und da die Positionen für Scorer durch die starken NHL-Akteure besetzt sind, dürfte Kreis die letzten vakanten Positionen zumindest zum größeren Teil eher mit Arbeitern und Rollenspielern, denn mit Scorern mit Stärken eher in der Offensive füllen.
DEL-Scorer im Abseits? Kreis hat die Qual der Wahl
Unsichere Zeiten also wohl für Spieler wie Marc Michaelis (30), Leo Pföderl, Daniel Fischbuch (beide 32) oder selbst Frederik Tiffels (30) und Justin Schütz (25). Stattdessen dürfen sich Zwei-Wege-Spieler, wie die beiden Ex-NHL-Spieler Kühnhackl (33) und Rieder (32), Yasin Ehliz (32) aufgrund seiner Vielseitigkeit, oder auch der von Kreis hochgeschätzte Alexander Ehl (25) Hoffnungen machen.
Sollte es eine Überraschung im Olympia-Kader geben, könnte diese Bennet Roßmy heißen: Der 22-Jährige spielt bislang eine herausragende DEL-Saison für Bremerhaven und überzeugte auch in Landshut. Zwar wollte Kreis keinen Spieler besonders hervorheben, lobte Roßmy aber dann doch: "Er ist groß und spielt auch groß und hat sehr stabil gespielt." Zumindest im Angriff hat der Bundestrainer auf den hinteren Kaderpositionen also die Qual der Wahl.