Du bist sehr viel unterwegs, zwischen Nationalteams, Vereinen und internationalen Turnieren. Wie schaffst du es, im Alltag trotzdem Balance und Regeneration zu finden?
Mir hilft dabei sicher meine Erfahrung aus der Profikarriere. Ich habe gelernt, auf eine gute Balance zwischen Arbeit und Erholung zu achten und einen gesunden Lebensstil zu pflegen. Ich halte mich auch heute noch fit, das hilft mir, im Alltag mental widerstandsfähig zu bleiben und die vielen Eindrücke gut zu verarbeiten.
Im Goal bist du manchmal auch noch aktiv?
Zehn Jahre lang stand ich nicht mehr im Tor. Ab und zu war ich noch als Feldspieler auf dem Eis. Für Benefiz- oder Charity-Spiele habe ich hin und wieder die Torhüterausrüstung wieder angelegt und ich muss zugeben, dass ich dabei jedes Mal grossen Spass hatte. Ich hatte fast vergessen, wie cool es ist, auf dem Eis zu stehen. Deshalb gehe ich heute gelegentlich noch aufs Eis.
Hat dich ein Trainerjob an der Bande nie gereizt, und falls nicht, warum?
Es hat sich für mich bisher einfach nie so richtig ergeben, aber ich finde es einen sehr interessanten und anspruchsvollen Job. Gerade heute, mit den gesellschaftlichen Veränderungen bei den Jungen, ist die Aufgabe enorm komplex. Die menschliche Seite, also die sozialen und emotionalen Komponenten, finde ich unglaublich spannend. Ich bin vielleicht nicht der grosse Taktik-Nerd, aber eine Mannschaft zu führen, stelle ich mir sehr spannend vor. Aber ich bin ganz glücklich, wo ich momentan bin.
Ein grosser Teil deiner Arbeit ist das Scouting. Im Fussball ist datenbasiertes Scouting schon bekannt. Wie stark spielt Data-Scouting im Eishockey bereits eine Rolle und nutzt du solche Tools selbst?
Die Datennutzung nimmt auch im Hockey immer mehr zu. Es ist beeindruckend, was heute alles erhoben und ausgewertet werden kann. Ich sehe mich da eher als ausbalanciert: Ich bin ein Befürworter moderner Tools, aber entscheidend ist für mich immer die richtige Interpretation der Daten. Man kann Zahlen leicht falsch lesen oder sie für den eigenen Zweck nutzen. Ich finde, man sollte alles nutzen, was einem zur Verfügung steht, aber gerade in unserem Sport bleibt der Mensch dahinter zentral. Nicht alles lässt sich durch Zahlen erklären oder messen. Die Kunst eines guten Trainers oder General Managers liegt darin, die vielen verfügbaren Informationen richtig zu bewerten, richtig zu deuten und daraus die entscheidenden Schlüsse zu ziehen. Genau darin liegt die eigentliche Herausforderung.
Gibst du manchmal den Goalies, die in der Nati zum Einsatz kommen, jeweils noch etwas mit auf den Weg, oder bist du vor allem im Hintergrund tätig?
Ich arbeite im Hintergrund. Wir sind professionell aufgestellt und wollen jede Position mit den bestmöglichen Leuten besetzen. Durch meine langjährige Aktivkarriere konnte ich viele wertvolle Erfahrungen sammeln. Wenn unsere Fachleute meine Meinung einholen möchten, bringe ich mich gerne ein. Ich diskutiere auch gerne über Themen, die mich interessieren. Aber die Entscheidungen liegen klar bei jenen, die in ihrem Bereich die fachliche Verantwortung tragen.
Nach dem vierten verlorenen WM-Finale war die Enttäuschung bei den Spielern sehr gross, auch in den sozialen Medien sah man viel davon. Wie hast du persönlich diese Tage danach erlebt?
Eine Overtime-Niederlage im WM-Final tut natürlich weh und geht nicht spurlos an einem vorbei. Ich bin ehrgeizig und verliere nicht gerne, vor allem tat es mir für die Mannschaft und den Staff leid, sie hätten es verdient gehabt. Trotzdem fand ich schnell wieder den Blick nach vorne: Eine Heim-WM und Olympia stehen bevor. Und ehrlich gesagt war ich auch stolz, weil wir mit einer verjüngten Mannschaft noch intensiver und besser gespielt haben als im Jahr davor. Diese Entwicklung hat mich sehr stolz gemacht.
Das neue Aufgebot ist sehr von den Spielern des HC Davos geprägt, sie haben auch einige der besten Schweizer im Kader. Was macht der Club aus deiner Sicht so gut, dass dies klappt?
Davos hat die Füsse auf dem Boden und die Geduld, etwas langfristig aufzubauen. Der Weg stimmt, sie haben gute Transfers gemacht und zugleich Geduld mit Spielern und Trainern bewiesen. Das zahlt sich nun aus und bildet eine wichtige Basis für ihren Erfolg. Aus meiner Sicht spielen sie derzeit so stark, weil sie ein sehr schnelles und intensives Hockey zeigen. Sie laufen auch ohne Scheibe, sind konstant in Bewegung, und ihr Battle-Level ist hoch. Das sind genau jene Komponenten, die auch international entscheidend sind.
Du selbst hast früher in der National League gespielt. Wie hat sich die Liga seit deiner aktiven Zeit verändert?
Das Schweizer Hockey entwickelt sich stetig weiter und wird jedes Jahr schneller. Die Spieler werden athletisch immer stärker, und die Clubs bieten heute deutlich bessere Trainingsbedingungen und Infrastrukturen. Auch das Material, besonders auf der Goalie-Position, macht grosse Fortschritte. Unser Sport entwickelt sich kontinuierlich weiter, was längst nicht bei jeder Sportart selbstverständlich ist.