Wer wird der neue Sportdirektor? Wie stark ist Geschäftsführer Peter Christiansen? Wie viele neue Spieler braucht es in der Winterpause? Während in Wolfsburg weiterhin viele Fragezeichen umher geistern, setzt einer gerade Ausrufezeichen. Daniel Bauer wird zum Stimmungswandler in einer tristen Lage, er haucht dem VfL und seiner Mannschaft neues Leben ein. Und spricht darüber.
Der erste Heimsieg seit dem 14. Januar, ein emotionaler Erfolg über Union Berlin. Herr Bauer, wie wichtig sind Erlebnis und Ergebnis vom Samstag für das ganze Gefühl, für dieses zarte Pflänzchen, das gerade zu wachsen beginnt?
Es ist unglaublich wichtig, dieses Gefühl ist unbezahlbar. Man sieht eine Entwicklung, man sieht einen Prozess. Das war auch in den vergangenen Wochen erkennbar. Trotzdem reden wir über Bundesliga und absoluten Leistungssport, am Ende zählen Ergebnisse. Deshalb war dieser Sieg extrem wertvoll. Eine große Last ist von vielen Schultern gefallen, das kann uns enorm tragen.
Trotzdem kam es nach dem zurückgenommenen 4:0 zum Bruch, Union kratzte an der Wende.
Dass der Treffer aberkannt wurde, war richtig, aber dieser VAR macht psychologisch etwas. Ein 4:0 wäre die Befreiung gewesen, stattdessen passiert etwas im Kopf. Dann kassierst du das 1:3, Union wirft danach alles nach vorne. Dann ging es nur noch ums Verteidigen. Natürlich wünscht man sich Entlastung, aber das ist in unserer Phase unglaublich schwer.
„Ohne Basics funktioniert Fußball nicht. Das Fundament muss stimmen, das haben wir in sehr kurzer Zeit geschaffen.“ (Wolfsburgs Trainer Daniel Bauer über die Mentalität seiner Mannschaft)
Zweikämpfe, Grätschen, gemeinsames Pushen: Ist genau das gerade entscheidend für den VfL?
Hundertprozentig. Ohne Basics funktioniert Fußball nicht. Das Fundament muss stimmen, das haben wir in sehr kurzer Zeit geschaffen. Unsere Offensivspieler haben unglaublich gearbeitet. Da fehlt dann manchmal die Kraft für Offensivaktionen, aber das ist normal.
Viele hätten gesagt, mit einem Mittelfeld mit Maximilian Arnold, Yannick Gerhardt, Lovro Majer und Christian Eriksen ist es kaum möglich, so hoch zu pressen. Warum funktioniert es trotzdem?
Weil sich die Jungs total auf unsere Idee einlassen. Wir haben klare Prinzipien, klare Abläufe verankert. Die Automatismen greifen. Yannick und Max sind sehr intelligente Spieler, die wissen, wie sie gegen den Ball arbeiten müssen. Und auch Lovro und Christian sind für die Mannschaft da, auch defensiv.
Ist fehlender Speed also kein Problem?
Nein. Es geht um gute Abläufe und gutes Timing, um den Willen. Die Basics müssen sitzen.
In der Halbzeit mussten Sie entscheiden: Weiter mit dem gelb-rot-gefährdeten Sael Kumbedi oder erstmals 45 Minuten für U-19-Rechtsverteidiger Jan Bürger, der sein zweites Bundesligaspiel machte. Fiel die Entscheidung schwer?
Gar nicht. Das Risiko mit Sael war zu groß. Der Schiedsrichter hat deutlich signalisiert, dass bei der nächsten Kleinigkeit etwas passieren könnte. Jan ist ein vollwertiges Mitglied des Teams, er hat gut trainiert und gezeigt, dass er bereit ist.
Er wurde einmal getunnelt, war aber Sekunden später wieder da, klärte die Situation mit einer Grätsche und peitschte das Publikum ein. Ist das sinnbildlich für das, was gerade entsteht?
Ja. Es entsteht etwas in der gesamten Mannschaft. Dazu gehören die Jungen genauso wie die Erfahrenen. Wenn die Basis stimmt, ist es für junge Spieler leichter, reinzukommen und zu performen. Wir sind in kurzer Zeit sehr stabil geworden.
So schwierig es ist, viele Verletzte zu haben: Hilft es Ihnen aktuell auch, dass Rollen klarer verteilt sind und weniger Spieler enttäuscht auf der Bank sitzen?
Ich kenne die Situation gerade nur so. Klar hilft es, eine klare Hierarchie zu haben. Und trotzdem kommt es auf Kommunikation an. Denis Vavro und Mattias Svanberg sind Beispiele: Sie sitzen nicht gern draußen, aber sie kamen rein und haben wichtige Aktionen gehabt. Wichtig ist, dass jeder versteht, warum er spielt oder nicht spielt. Auch wenn wir mal sechs oder sieben Nationalspieler auf der Bank sitzen haben: Es geht um das Team und den Klub - und darum, dass sich jeder einordnet. Da werden wir sehr achtsam sein, dass es genauso bleibt, egal wie die Kaderstruktur ist.
Weiter mit Bauer? "Ich habe große Lust"
Bei allem Lob der sportlichen Führung wissen Sie noch nicht, wie es für Sie weitergeht? Ihr Vertrag beim VfL läuft im Sommer aus. Besteht die Gefahr, dass Sie dann gar nicht mehr da sind?
Darüber mache ich mir keine Gedanken. Es geht von Spiel zu Spiel. Aber klar: Ich habe große Lust, mit diesem Trainerteam, dem Staff und der Mannschaft weiterzuarbeiten. Da wächst etwas, es fühlt sich sehr gut an. Was im Januar oder im Sommer passiert, ist weit weg.
Beim Jubeln haben Sie sich eine blutige Lippe geholt …
Ich weiß gar nicht mehr, bei welchem Tor das war und wer der Täter war. Da hätte ich auch noch den VAR benötigt (lacht).