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Die Antwort des Top-Scorers

kicker

Vincenzo Grifo weiß schon lange, wie das Profi-Geschäft funktioniert, das er vor allem in der Bundesliga als Dauer-Top-Scorer des SC Freiburg in den vergangenen Jahren maßgeblich mitgeprägt hat. Seine Zahlen waren auch vergangene Saison stark. Aber Grifo ist inzwischen 32 Jahre alt.

Nur logisch, dass die Freiburger Sportchefs Jochen Saier und Klemens Hartenbach in dieser Sommertransferperiode einen Spieler suchten, der den Italiener in dessen offensivem Revier auf der linken Seite unter Druck setzen soll, ihn zumindest auf Anhieb gut vertreten kann und mit anderen Qualitäten idealerweise eine stimmige Ergänzung darstellt, die dann auf Sicht irgendwann ganz die Geschäfte übernehmen kann.

Grifo hat andere Qualitäten als Scherhant

In Person von Derry Scherhant haben die SC-Verantwortlichen diesen Spieler gefunden. Der von Hertha BSC dank einer Ausstiegsklausel für den Schnäppchenpreis von zwei Millionen Euro verpflichtete 22-Jährige überzeugt vor allem durch Dynamik und Schnelligkeit, wodurch er immer wieder offensive Eins-gegen-eins-Situationen für sich entscheiden und in der Folge für Torgefahr sorgen kann.

Mit Tempo auf einen Gegner zudribbeln, ihn stehen lassen und außen vorbeiziehen - dafür stand Grifo noch nie so wirklich. Er hat andere Qualitäten, wenn er den Ball mit seinem begnadeten rechten Fuß kontrolliert. Er hat das Gespür für entscheidende Pässe, die er in der Regel punktgenau serviert, er kann kombinieren, nach innen ziehen, um zum Abschluss zu kommen und - natürlich exzellente Standards schießen.

„Dass die jungen Spieler irgendwann kommen, ist klar, aber als etwas älterer Spieler versucht man, sich ein bisschen in den Weg zu stellen."“ (Vincenzo Grifo)

Wie zuletzt am Sonntag gesehen, als er per direktem Freistoß Eintracht-Keeper Kaua Santos - der zwei Tage später seinen Platz im Frankfurter Tor los war - im kurzen Eck erwischte und damit den 2:2-Endstand erzielte. Eine Portion Ärger wird Grifo bei diesem Schuss zusätzlich angespornt haben, er saß zuvor nämlich erstmals in dieser Saison zu Beginn draußen.

Scherhant, der zuvor als Joker immer wertvolle Impulse geliefert hatte, nutzte sein Startelfdebüt unter anderem mit dem Freiburger Führungstreffer - perfektes Jobsharing also, oder? Grundsätzlich ja, aber doch nicht so ganz nach dem Geschmack von Grifo, der vier Tage später in der Europa League gegen den FC Utrecht (2:0) seinen angestammten Stammplatz wieder einnehmen durfte.

"Bisher fühle ich mich sehr gut und sehr fit. Dass die jungen Spieler irgendwann kommen, ist klar, aber als etwas älterer Spieler versucht man, sich ein bisschen in den Weg zu stellen", sagte Grifo nach der Partie gegen die Niederländer bei RTL in Bezug auf sein Duell mit Scherhant: "Wir verstehen uns sehr gut und ich versuche ihm zu helfen, dass er irgendwann mal ein etablierter, großer Bundesligaspieler ist." So einer wie Grifo.

„Wir haben noch geschmunzelt: Mannschaften, die uns nicht so gut kennen, die müssen immer einmal büßen."“ (Grifo über das Zusmmenspiel mit Günter)

Seinen Hilfsansatz sieht der neunmalige italienische Nationalspieler offenbar darin, keine Spielminute freiwillig herzugeben. Es Trainer Julian Schuster so schwierig wie möglich zu machen, auf ihn zu verzichten, um damit auch Scherhant zu noch besseren Leistungen anzustacheln. Auch, wenn Grifo nach dem Frankfurt-Spiel, ganz Teamplayer, erklärt hatte, dass Scherhant sich seine Startelfchance durch gute Leistungen verdient habe, will er natürlich sein grundsätzliches Startelf-Abo mit aller Macht aufrechterhalten. Wenn schon Jobsharing, dann mit Scherhant als Joker, der dafür mit seinem Speed gegen meist schon etwas müdere Defensivreihen zudem gut geeignet ist.

Seine unverändert hohen Ansprüche untermauerte Grifo am Donnerstagabend mit Leistung auf dem Rasen. Zunächst leitete er den Führungstreffer von Yuito Suzuki mit einem herrlichen Schnittstellen-Steilpass ein. "Wir haben noch geschmunzelt: Mannschaften, die uns nicht so gut kennen, die müssen immer einmal büßen. Der Klassiker, Günni läuft tief, zwischen zwei Gegenspielern kommt der Ball perfekt, super Timing auch von Günni, dass er Yuito sieht und ihn zurücklegt, dann ein top Abschluss", kommentierte Grifo das kongeniale Zusammenspiel mit Kapitän Christian Günter.

Grifos 18. Freistoßtor für den SC

Das war zuletzt nicht mehr so häufig wie früher zu bestaunen. "Das haben wir über fünf, sechs Jahre richtig gut genutzt in der Bundesliga, aber irgendwann kennen dich die Gegner sehr gut", meinte Grifo dazu. Zusätzlich hat Günter sein jahrelanges Stammplatz-Abo bereits verloren, teilt sich in der aktuellen Saison die Einsätze links hinten mit Jordy Makengo.

Der gut gelaunte Günter bereicherte dann das Mediengespräch mit Grifo mit einem lauten Zwischenruf im Vorbeilaufen. "Die müssen sich einfach mal anschauen, dass er Freistöße schießen kann", sagte der Linksverteidiger und spielte auf Grifos zweites Ausrufezeichen des Tages an. Kurz vor der Pause hatte der gebürtige Pforzheimer nämlich schon den nächsten direkten Freistoß rechts um die Mauer herum ins Tor gezirkelt.

"Letztes Spiel gegen Frankfurt hat es super geklappt, das hat mir Selbstvertrauen gegeben. Ich habe den Ball gar nicht richtig gesehen, weil die so groß waren in der Mauer, habe ihn aber gut erwischt mit einem guten Zug dahinter", sagte Grifo zu seinem schon 18. Freistoßtor in der inzwischen zehnten Saison für den SC.

Sein Trainer hob derweil eine andere Szene vor dem Freistoß hervor, die sinnbildlich für die anspornende Konkurrenzsituation im SC-Team stehe. "Vince rennt im Vollsprint zurück und hilft dabei, einen Ball zur Ecke zu klären. Macht er diesen Sprint nicht, wird es eine riesige Torchance für Utrecht", erinnerte Schuster an die 34. Minute, als Grifo den Ex-Schalker Can Bozdogan aus kurzer Distanz so beim Abschluss störte, dass er keine große Herausforderung mehr für Keeper Noah Atubolu darstellte.

„"Es ist toll, wenn dann auch ein Vince dieses Feuer hat, wenn er angefressen ist und es dann so zeigt."“ (Schuster über Grifo)

"Ein paar Minuten später macht Vince dann das 2:0", so Schuster und betonte: "Das haben wir auch in der Halbzeit gezeigt und es muss den Jungs klar sein: Du musst diese defensive Arbeit verrichten und dann kannst du offensiv Momente bekommen und nutzen." Das hat Grifo längst verinnerlicht, auch wenn er in diesem Leben kein Verteidigungsmonster mehr werden wird. Sein Einsatz stimmt und ein Aspekt ist ihm in diesen Tagen besonders wichtig: Körperlich empfinde er keinerlei Einschränkungen. Im Gegenteil. Er gehöre zwar zu den ältesten Spielern im Kader, betonte im Mediengespräch in diesem Zuge aber sofort: "Aber auch zu den fittesten."

Der Dauer-Top-Scorer, der dieses Ranking auch diese Saison mit wettbewerbsübergreifend vier Treffern und zwei Vorlagen wieder anführt, hat gegen Utrecht eine auf beiden Seiten des Feldes beeindruckende Antwort auf seine erstmalige Startelf-Verbannung gegeben. Eine, die Vorbildcharakter hat und auch Schuster imponiert: "Es ist toll, wenn dann auch ein Vince dieses Feuer hat, wenn er angefressen ist und es dann so zeigt. Das ist wichtig. Wir haben jetzt vier Auswärtsspiele, alle drei Tage, da werden wir alle brauchen."

Um den zuletzt gegen Frankfurt und Utrecht erkennbaren spielerischen Fortschritt und die inzwischen auf acht Partien angewachsene Ungeschlagen-Serie auch in der Liga mal wieder mit einem Sieg fortzusetzen, nach zuletzt drei Unentschieden. In Leverkusen, das nach der 2:7-Klatsche gegen PSG auf Wiedergutmachung brennt, wird auf den SC eine deutlich größere Herausforderung warten, als sie harmlose Niederländer am Donnerstag darstellten. Um sie zu meistern, wird es auch auf Grifo ankommen - und sicherlich auch auf Scherhant.