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Hertha wie im Rausch: "Wir haben denen den Arsch versohlt"

kicker

Alles gut? Fast. Das Gegentor, das erste nach sagenhaften 615 Minuten, sorgte bei Tjark Ernst für einen klitzekleinen Hauch von Verstimmung. "Es war klar, dass wir irgendwann wieder ein Gegentor kassieren würden", sagte Herthas Keeper über den Treffer von Marlon Ritter am Ende einer ersten Halbzeit, in der drei Tore und drei Alu-Treffer einen ziemlich genauen Eindruck der Berliner Überlegenheit vermittelten. "Aber die Art und Weise ärgert mich. Wir haben ein super Spiel gemacht, den Gegner nicht zur Entfaltung kommen lassen, klar geführt - und dann bekommen wir kurz vor der Halbzeit so ein Ding."

"Das war ein unfassbar geiles Spiel"

Es war das Härchen in der Suppe - an einem Abend, der aus Berliner Sicht eher nach Fünf-Sterne-Menü schmeckte. "Es war eine grandiose Vorstellung", bilanzierte Hertha-Kapitän Fabian Reese nach dem 6:1 im DFB-Pokal-Achtelfinale gegen den 1. FC Kaiserslautern. "Wir haben eine Mannschaft auf dem Platz gesehen, die von vorne bis hinten herausragend Fußball gespielt hat: schnellen Fußball, direkten Fußball." Erfolgreichen Fußball. "Das war ein unfassbar geiles Spiel", sagte der in der FCK-Jugend ausgebildete Doppeltorschütze Luca Schuler. "Eigentlich haben wir denen heute den Arsch versohlt." Eigentlich schon.

Der Minimalismus-Verdacht? Mal eben abgeräumt

Nach drei 1:0-Siegen in Folge, die Hertha unter Minimalismus-Verdacht gestellt hatten, gelang der höchste Pflichtspielerfolg seit August 2013 (6:1 gegen Frankfurt in der Bundesliga). "Diesmal ist der Knoten in der Offensive so richtig geplatzt", sagte Abwehrchef Toni Leistner. "Wir haben nachgelegt und nachgelegt, das tat extrem gut." Der komplett derangierte FCK spielte den wie entfesselt auftrumpfenden Gastgebern in die Karten - und der Spielverlauf auch. "Es war von Vorteil, dass wir früh in Führung gegangen sind", erklärte Schuler. "Das hat uns einen zusätzlichen Push und eine gewisse Sicherheit gegeben. Lautern hat uns dann viele Räume gegeben, die haben wir super genutzt."

Hertha steht jetzt bei sieben Siegen in Serie

Herthas siebter Sieg in Folge bewies erneut, wie sehr die Mannschaft von Stefan Leitl inzwischen an sich glaubt und in sich ruht. "Wir wollten mutig und intensiv sein, das haben wir geschafft", konstatierte Sportdirektor Benjamin Weber. "Wir wollten im Pokal unbedingt überwintern." Der Coach ordnete den Kantersieg auch im Wissen darum, dass noch nichts erreicht ist, betont sachlich ein. "Wir haben über das komplette Spiel als Mannschaft total überzeugt und das umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben", sagte Leitl. "Es ging darum, in die nächste Runde einzuziehen. Das haben wir getan, darüber freuen wir uns und sind glücklich. Damit ist das Spiel für uns erledigt, weil es am Sonntag in der Liga weitergeht." Aber auch er weiß: "Jeder Sieg bestärkt uns nochmal mehr in dem, was wir jeden Tag auf dem Trainingsplatz tun."

"Balsam für die Seele der Fans, die Stadt und uns"

Und natürlich war dieser Dienstagabend in Gestalt eines Ausrufezeichens schon deshalb keiner wie jeder andere, weil er im Sehnsuchts-Wettbewerb DFB-Pokal, dessen Finale seit 1985 im Berliner Olympiastadion ausgetragen wird, gelang. "Wir dürfen nun träumen, daran glauben und werden alles daran setzen, dass wir das Finale irgendwann spielen dürfen", sagte Schuler. Kapitän Reese erinnerte an den schmerzhaften Vietelfinal-Pokal-K.o. gegen den späteren Finalisten 1. FC Kaiserslautern im Januar 2024 (1:3). "Wir hatten im Pokal noch eine Rechnung offen von vor zwei Jahren", erklärte der Flügelstürmer. "Ich weiß nicht, ob es schon einmal so laut vor der Kurve war, seit ich hier bin. Wenn man die Fans nach dem Spiel gehört hat, weiß man, dass das Balsam für ihre Seele war, für die Stadt, für den Verein und für uns als Mannschaft."

Der Pokal sei "ein Do-or-die-Wettbewerb - wir wollten überwintern, das ist uns eindrucksvoll gelungen", sagte Reese. Er genießt im Herbst 2025 den steigenden Stimmungspegel rund um den Klub, der komplizierte Jahre hinter sich hat: "Jeder Fan soll träumen. Es ist in Ordnung, dass nach diesen letzten Wochen eine Euphorie in der Stadt entsteht. Wenn nicht jetzt, wann dann?" Nur dem Nachtschlaf nach dem 6:1 wollte der Kapitän keine sonderlich günstige Prognose ausstellen: "Wir werden alle spät schlafen. Aber nicht, weil wir jetzt weiterziehen, sondern weil man nach solchen Emotionen schwer in den Schlaf kommt."