In meinem letzten Vertrag bei Mattersburg hat es eine Klausel gegeben: Für jede Partie, in der ich keine Gelbe oder Rote Karte bekommen habe, habe ich eine Prämie erhalten. Mehr Geld für keine Verwarnung. Pucher (ehem. Präsident des SV Mattersburg, Anm.) hat schon gewusst, warum er das reinschreiben lassen hat. Umgekehrt war die Mannschaftskassa bei Mattersburg immer gut gefüllt dank mir - und meiner Strafzahlungen.
Tausende Euro habe ich bezahlt über die Jahre. Glattrot: 1.000 Euro. Gelb-Rot wegen Kritik oder nach Tätlichkeit: 500 Euro. Sogar für Gelbe Karten wegen Kritik gab es Strafen - 200 oder 300 Euro. Das Geld ist dann beim Fortgehen oder bei einem Essen von der Mannschaft ausgegeben worden. Geldstrafen konnten mich nicht bremsen. Wenn es um Ungerechtigkeit ging, wenn ich mich unfair behandelt fühlte - dann konnte da eine Million Euro stehen, ich hätte mir trotzdem die Gelbe abgeholt.
"Ich war nicht auf 180, ich war auf 360"
Und wenn ich mich richtig unfair behandelt gefühlt habe, konnte ich auch komplett ausrasten. Wie bei diesem Heimspiel gegen die Wiener Austria im Frühjahr 2010. Wahrscheinlich ist es eine jener Szenen, mit denen mich die meisten Menschen in Verbindung bringen, die gerne und oft Bundesliga geschaut haben in dieser Zeit. Es hat schon in der ersten Halbzeit begonnen. In der achten Minute fädelt Austria-Stürmer Roland Linz bei unserem Tormann Thomas Borenitsch ein. Schiedsrichter Thomas Gangl hat auf den Punkt gezeigt. Das war nie ein Elfmeter, aber gut, geschickt gemacht vom Linz.
Ende der ersten Halbzeit eine Aktion von mir im Strafraum gegen Aleksandar Dragovic. Der war damals das große Verteidigertalent bei der Austria. Drago hat das Bein stehen lassen im Strafraum. Der Schiedsrichter war aber der Meinung, dass es eine Schwalbe von mir war. Wir haben keinen Elfer bekommen. Die schon? Ich habe mich fürchterlich aufgeregt. Und Gelb gesehen. Später in der zweiten Halbzeit hat mir Drago den Ball serviert, ich habe zu Roland Spuller gespielt, der hat aufgelegt für meinen Sturmpartner Robert Waltner - Ausgleich. Ein paar Minuten später habe ich die Chance gehabt, das Spiel zu drehen. Wieder ein Foul an mir im Strafraum, aber wieder hat Gangl gesagt: "Schwalbe." Und mir Gelb-Rot gezeigt.
Ich war nicht auf 180, ich war auf 360. Ich wollte zum Schiedsrichter, wollte ihm sagen, was ich von seinen Entscheidungen halte. Waltner, mein Sturmpartner und Teamkollege, wollte mich beruhigen, wollte mich zurückhalten. "Beruhig dich", hat er gesagt. Aber ich war zu aufgeregt. Ich habe ihn am Hals gepackt und weggeschoben. Ausgeschaut hat es, als ob ich ihn gewürgt habe, wenn man nur das Standbild gesehen hat. Ich habe vier Spiele Sperre bekommen und war plötzlich nicht nur mehr der Bad Boy. Ich war der Bad Boy, der eigene Spieler tätlich angreift. Was für ein Schwachsinn.
Rauferei in der Kabine, Versöhnung in Stürmermanier
Sedloski hat es viel schlimmer erwischt eigentlich. Alle haben über Waltner geredet, aber als ich mich losreißen wollte, weil sie mich zurückgehalten haben, habe ich Sedloski direkt im Gesicht erwischt. Er hatte einen Nasenbeinbruch vom Ellbogencheck. Aber auch der war nicht absichtlich. Was am Platz ist, bleibt am Platz. Das war immer meine Einstellung. Waltner war ja nicht einmal wirklich böse auf mich wegen dieser Würgerei. Aber es gab eine andere Phase, in der Waltner und ich ein Problem hatten, wenig später. Es gibt Mitspieler, mit denen versteht du dich richtig gut. Mit anderen weniger. Waltner und ich waren zu diesem Zeitpunkt nicht die besten Freunde. Wir waren beide Stürmer, vielleicht war es Konkurrenzkampf, ich weiß es nicht.
„Waltner und ich waren nach diesem Vorfall in Neustadt böse aufeinander, haben ein paar Wochen nicht miteinander geredet. Dann haben wir uns versöhnt, wie Stürmer das tun. Er hat mir einen Pass gespielt, den er nicht spielen hätte müssen.“ (Ilco Naumoski über seine Beziehung mit Ex-Sturmpartner Robert Waltner)
Es war ein Auswärtsspiel mit Mattersburg in Wiener Neustadt. Wir haben schlecht gespielt, wir hatten schon davor immer wieder Themen. Er hat mir nicht aufgespielt, ich habe ihm nicht aufgespielt. Ego-Geschichten. Ich bin in der Pause in die Kabine gekommen und habe ihm ins Gesicht geschlagen. Nicht wirklich fest. Einfach so aufweckend. Ein "Gemma", ich hatte das Gefühl, er war nicht richtig da in der ersten Halbzeit. Er war ein älterer Spieler, der hat sich das nicht gefallen lassen. Er ist sofort aufgesprungen, ist mich angegangen. Es war eine kleine Rauferei, Sedloski ist dazwischen.
Sowas war bei Mattersburg eben üblich, kleine Raufereien, Scharmützel, das hat dazugehört. Waltner und ich waren nach diesem Vorfall in Neustadt böse aufeinander, haben ein paar Wochen nicht miteinander geredet. Dann haben wir uns versöhnt, wie Stürmer das tun. Er hat mir einen Pass gespielt, den er nicht spielen hätte müssen. Er hätte das Tor selbst erzielen können, hat sein Ego zurückgesteckt und mir den Treffer geschenkt. Da waren wir wieder Freunde.
Die Waltner-Attacke hatte mich mehr gekostet als vier Spiele, die ich zum Zuschauen verdammt war. Damit war ich endgültig ein rotes Tuch. Für alle - für die Öffentlichkeit und für die Gegenspieler.
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In seiner Biographie "Der letzte echte Typ der Bundesliga" erzählt Naumoski auch, warum er sich absichtlich Sperren holte, um Basketballspiele in Serbien als Fan zu sehen, woran Transfers zu AS Roma oder Jürgen Klopp gescheitert sind und warum der eigentliche Mattersburg-Trainer Didi Kühbauer hieß.
Das Buch erscheint am Mittwoch im SC ABC-Verlag und ist limitiert auf 380 Exemplare - die Anzahl an Naumoskis Profispielen. Die Buchpräsentation findet am Mittwoch, dem 3. Dezember, um 19 Uhr im Café San Marco in der Märzstraße in Wien statt. Weitere Infos unter www.scabc.at.