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DFB-Kampfabstimmung: (K)eine Frage der Inhalte

kicker

Rainer Koch schlich mit hängendem Kopf aus dem Plenarsaal. Soeben hatte er, völlig überraschend, die Kampfabstimmung gegen Silke Sinning verloren. Es war im März 2022, als sich die Hessin gegen den Bayern durchgesetzt hatte im Ringen um ein Vize-Präsidentenamt im Deutschen Fußball-Bund (DFB). Nun, gut dreieinhalb Jahre später, geht Sinning erneut in eine Kampfabstimmung. Nicht wenige sehen in ihrer Herausforderin Silke Raml aus dem Bayerischen Fußball-Verband BFV einen Zögling Kochs.

Eine Absprache aus 2006 soll plötzlich Thema gewesen sein

Vereinfacht gesagt: Dass der zuständige Regionalverband, der Süddeutsche Fußballverband (Süd-FV) Raml nominierte, obwohl er mit Sinning bereits eine Vize-Präsidentin stellt, die sehr gewillt ist, weiterzumachen, betrachteten manche als bayerische Retourkutsche. Ob dem wirklich so ist, sei einmal dahingestellt. Der Blick nach vorne wirft allerdings die Frage auf, ob es beim DFB wirklich darum geht, die für die jeweiligen Aufgabengebiete jeweils kompetentesten Personen an Bord zu holen im sogenannten Ehrenamt, das bekanntlich gar nicht so schlecht besoldet wird.

Zunächst aber muss man die Struktur im Präsidium ein wenig verstehen. Der Süd-FV stellt aktuell als einziger Regionalverband zwei Vize-Präsidenten, neben Sinning ist das Süd-FV-Chef Ronny Zimmermann, dessen Wiederwahl auf dem Bundestag am Freitag in Frankfurt/Main Formsache ist. Es soll seit 2006 intern eine Absprache geben, dass der BFV aufgrund seiner Größe und Mitgliederzahl einen DFB-Vize-Präsidenten stellen müsse.

Dieses "ungeschriebenes Gesetz, das Sinnings Sieg gegen Koch 2022 ausgehebelt hatte, soll rund um die Süd-FV-Vorstandssitzung in Sinsheim Mitte Oktober thematisiert worden sein als Argument dafür, dem BFV-Wunsch zu entsprechen und Raml als Kandidatin für das DFB-Präsidium ins Rennen zu schicken. Interessant: Noch 2022 hatte eigens der BFV Sinning gegen den eigenen Vertreter Koch nominiert. Argument des BFV-Vize Reinhold Baier damals: "Wir stehen einer solchen demokratischen Wahl nicht im Wege, das ist die Botschaft." Von der 2006er-Absprache war damals nicht die Rede. Es ist zumindest interessant, dass sie in Sinsheim plötzlich Thema gewesen sein soll.

Raml geht als Favoritin in die Kampfabstimmung am Freitag

Sinning jedenfalls schickt sich nun mit einem Mandat des Hessischen Fußball-Verbandes (HFV) an, dessen Präsidentin sie ist, erneut ins DFB-Präsidium einzuziehen. Anders also als auf allen anderen Positionen wird es hier eine Kampfabstimmung geben. Momentan verantwortet sie als ausgebildete Lehrerin und Hochschulprofessorin die Ressorts "Bildung, Freizeit- und Breitenfußball", darunter fällt auch der Komplex "Kinder- und Jugendschutz, Prävention sexualisierter Gewalt" - wofür der HFV zuletzt aufgrund seiner Konzeption mit 91.000 Euro vom hessischen Sportministerium gefördert wurde. Raml geht mit dem Süd-FV-Mandat dennoch als Favoritin ins Rennen, zumal manchem Funktionär laut Welt sauer aufgestoßen sei, dass man von einer Wahlkampfbroschüre Sinning zunächst aus den Medien erfahren habe. Allerdings stellt sich für den Moment die Frage, welchem Themenbereich sich Raml wirklich zugeordnet sieht. Wie Sinning kommt die 50-Jährige ursprünglich aus dem Frauen- und Mädchenfußball, hat selbst aktiv bis in die Bayernliga gekickt und in ihren öffentlichen Auftritten zuletzt vor allem ihre Verbundenheit zum Frauen- und Nachwuchsfußball unterstrichen.

Der Passauer Neuen Presse sagte sie zuletzt auf die Frage, inwiefern sich ihre Aufgabenbereiche im DFB-Präsidium verändern würden: "Das kann man so noch nicht sagen, weil das erst im Nachgang in der konstituierenden Präsidiumssitzung festgelegt wird. Frauen- und Mädchenfußball wird es sicher nicht sein, denn da steht Heike Ullrich als dann ehemalige Generalsekretärin zur Wahl. Aber ich komme ja aus dem Bereich der Talentförderung, die mir immer wichtig war. Da gäbe es über den Bereich Jugend sicherlich Anknüpfungspunkte für den Frauen- und Mädchenfußball. Aber wie das so ist: Wenn man irgendwo neu anfängt, muss man sich dort einfügen, wo man gebraucht wird. Aber da bin ich positiv gestimmt, dass etwas für mich dabei ist."

Die Ressorts Frauen und Nachwuchs sind bereits besetzt

Nur: Der Nachwuchsbereich ist fest in den Händen von Hermann Winkler, dem Vertreter des Nordostdeutschen Fußballverbandes. Schwer vorstellbar, dass der Sachse gewillt ist, diesen Sachbereich aufzugeben. Die scheidende Generalsekretärin Ullrich, die für GmbH-Boss Holger Blask Platz machen sollte, vertröstete man mit dem Vize-Präsidentenamt für Frauen- und Mädchenfußball, Opfer dieser Entwicklung ist die Nord-Vertreterin Sabine Mammitzsch, die gänzlich weichen muss. Stellt sich die Frage, ob bei der Präsidiums-Besetzung des DFB immer die Frage nach der inhaltlichen Passgenauigkeit bei der Kompetenzverteilung im Vordergrund steht.