Aus Lissabon berichtet Stephan von Nocks
In der Schlussphase, als Benfica auf den Ausgleich drängte, aber anders als in der ersten Stunde kaum mehr klare Torchancen erspielte, wurde es richtig hektisch. Besonders an der Seitenlinie. Die jeweiligen Co-Trainer, Benficas Joao Tralhao und Leverkusens Rogier Meijer, sahen Rot, weil die Emotionen überschwappten.
Dass die Gefühle aufgewühlt werden, ist ein gewohntes Bild in Spielen gegen Mannschaften von José Mourinho, das dieses Mal aber unter umgekehrten Vorzeichen gezeichnet wurde. Denn anders als im Halbfinal-Rückspiel der Europa League gegen die AS Rom im Jahr 2023, als Mourinhos Italiener beim 0:0 in der BayArena mit allerlei möglichen Mätzchen auf Zeit und durchweg destruktiv spielten und ins Endspiel einzogen, bediente diesmal Bayer diese Klaviatur - und traf den portugiesischen Startrainer ins Mark.
Mourinho: "Sie haben nichts für das Gewinnen getan"
"Sie haben nichts für das Gewinnen getan, sondern waren das Team, das komplett dominiert wurde", klagte Mourinho am Mittwochabend nach der 0:1-Niederlage, bei der Bayer auch immer wieder dadurch den Spielfluss der Gastgeber brach, dass der eine oder andere Spieler nach einem Zweikampf am Boden liegen blieb. Inklusive der an der Seitenlinie entstehenden Auseinandersetzungen ein Faktor, der Benfica am Ende bremste.
„Wir haben viel gelernt vor zwei Jahren. Auch, wie man das Spiel ein bisschen unterbricht, der Rhythmus bricht. Wir versuchen immer, uns was abzuschauen.“ (Simon Rolfes)
Eine Art, Fußballspiele zu lenken, die Rolfes eigentlich nicht mag, aber in diesem Fall offensichtlich auch eine gewisse Form von Genugtuung schenkte. So räumte der 43-Jährige ein, als er auf die vertauschten Rollen gegenüber 2023 angesprochen wurde: "Ja, ich habe schon am Dienstag gesagt: Wir haben viel gelernt vor zwei Jahren. Von daher auch das, wie man das Spiel ein bisschen unterbricht, der Rhythmus bricht. Wir versuchen immer, uns was abzuschauen."
Während Mourinho zürnte, sprach Rolfes mit süffisantem Lächeln
Ein eindeutiger Wink an Mourinho, der diesmal in der Rolle des Zürnenden war, während Rolfes seine Worte in der Mixed Zone mit einem süffisanten Lächeln sprach. Der glückliche, aber hart erkämpfte Erfolg im Estadio da Luz, der Leverkusen alle Chance wahrte und für Benfica praktisch das Aus bedeutete, stellte für Rolfes und Bayer offensichtlich einen inneren Vorbeimarsch dar.
Den Zwist der Co-Trainer ordnete der Manager dabei allerdings als weniger gravierend ein, als er sanktioniert wurde: "Es war jetzt keine schwerwiegende Situation, kein schwerwiegendes Gerangel für mich, sondern ein bisschen Diskussion, die es manchmal gibt. Ich weiß nicht, ob man da Rot geben muss." Aber dafür wusste der Manager, dass auch dieser Nebenkriegsschauplatz zumindest einen kleinen Teil zu Bayers gelungener Revanche an Mourinho beigetragen hatte, den man mit dessen eigenen Waffen geschlagen hat.