Auf die Tabellenspitze blickt man bei der U 23 von Borussia Dortmund eigentlich nicht. Nach dem Abstieg in die Regionalliga West sehen die Verantwortlichen die Saison als Übergangsjahr. Doch dass ausgerechnet Schalke 04 II vor dem Derby acht Punkte Vorsprung hatte, dürfte am Borsigplatz kaum jemandem gefallen haben - auch wenn das keiner offen zugab. Entsprechend motiviert trat der BVB am Samstag auf - und gewann das Prestige-Duell am Ende deutlich mit 4:1.
BVB-Trainer Daniel Rios zeigte sich nach dem Spiel hochzufrieden mit dem Auftritt seiner Mannschaft. Dortmund habe gewusst, dass Schalke "mit viel Selbstvertrauen" anreisen würde, entsprechend wichtig sei es gewesen, "das Spiel von Beginn an anzunehmen und mutig zu agieren".
Klarer Plan
Die Gäste setzten vor allem auf lange Zuspiele in Richtung Gerrit Wegkamp und lauerten auf zweite Bälle - darauf war die Dortmunder U 23 gut vorbereitet. Rios erklärte, man habe in der Videoanalyse erkannt, dass Schalke häufig über diagonale Bälle eröffne und die Außenverteidiger weit aufrücken lasse. Sein Team habe darauf mit einem klaren Plan reagiert: in der ersten Reihe früh Druck aufzubauen, bei Bedarf aber kompakter zu stehen, damit Kapitän Tony Reitz Unterstützung bekommt und die Außenverteidiger schnell in Position kommen. "Das haben die Jungs sehr diszipliniert umgesetzt", lobte der BVB-Coach.
Vor der Pause entwickelte sich ein offenes Spiel. Dortmund agierte im Umschalten zunächst zu zögerlich, während Schalke phasenweise leicht überlegen wirkte. In der 31. Minute verpasste Wegkamp knapp das Tor, doch wenig später brachte ein Handelfmeter von Reitz den BVB in Führung. Julien Duranville hatte kurz darauf das 2:0 auf dem Fuß, ehe der ehemalige Dortmunder Vincenzo Onofrietti in der Nachspielzeit nach einer Ecke zum verdienten Ausgleich traf - 1:1 zur Pause.
Nach dem Seitenwechsel legte der BVB einen Gang zu. Jordi Paulina brachte die Schwarzgelben in der 55. Minute erneut in Führung. Acht Minuten später erhöhte Almugera Kabar nach einem sehenswerten Hackentrick von Duranville auf 3:1 - eine Co-Produktion der Profis im U-23-Kader. Den Schlusspunkt setzte der eingewechselte Joseph Boyamba in der 82. Minute, nachdem Dortmund zuvor früh den Ball erobert hatte - 4:1.
Kabar stellte nach dem Spiel die Teamleistung in den Vordergrund: "Wir haben von Beginn an dagegengehalten, die richtigen Akzente gesetzt und als Mannschaft geschlossen gearbeitet. Ein Derby zu gewinnen, ist immer etwas Besonderes." Über seinen sehenswerten Treffer sagte der 19-Jährige: "Mein Tor hat sich großartig angefühlt. In der Jugend habe ich oft getroffen, das liegt mir im Blut." Der Hackentrick von Duranville beim Doppelpass vor dem Tor sei perfekt getimed gewesen - "ich musste den Ball nur noch sauber ins Eck legen".
Trotz seines starken Auftritts bleibt Kabars Perspektive im Profi-Team schwierig. Hinter den gesetzten Außenverteidigern Ramy Bensebaini und Daniel Svensson kam er zuletzt nicht einmal in den Champions-League-Kader. "Ich bleibe geduldig, gebe im Training und auf dem Platz mein Bestes und will mich empfehlen. Alles andere entscheiden die Verantwortlichen", bekräftigte Kabar. Wie die Ruhr Nachrichten berichteten, soll der Youngster einen Wechsel im Winter in Betracht ziehen - Interesse gibt es dem Vernehmen nach aus der Premier League, unter anderem vom FC Brentford.
BVB-Teammanager Ingo Preuß lobte nach dem Schlusspfiff vor allem die Geschlossenheit seines Teams: "Nach dem Rückschlag vor der Pause haben wir in der Offensive die entscheidenden Zweikämpfe gewonnen und die Umschaltsituationen deutlich zielstrebiger ausgespielt."
„Ich erwarte, dass wir am Ende der Saison vor Schalke stehen.“ (Teammanager Ingo Preuß)
Ein Sonderlob bekam Kabar, der mit großem Laufpensum und seinem Treffer das Derby prägte. "'Almu' hat gezeigt, wie man im Derby spielen muss. Das war überragend. Er haut sich rein und wurde zu Recht belohnt." Zum Schluss machte Preuß unmissverständlich klar: "Das darf keine einmalige Geschichte bleiben. Die Jungs sollen erkennen, was möglich ist, wenn sie sich so reinhauen - und ganz ehrlich: Ich erwarte, dass wir am Ende der Saison vor Schalke stehen."