Dass Ben Voll die Pokalspiele als Bewährungs-Chancen bekommt, war bereits vor der Saison abgesprochen, weil der im Sommer 2024 von Viktoria Köln gekommene Schlussmann als hochveranlagt gilt. In der ersten Runde gegen Regionalligist Eintracht Norderstedt aber hatte dann doch Vasilj den Vorzug erhalten, weil Alexander Blessin das erste Pflichtspiel der Saison zum Einschleifen von Automatismen nutzen wollte - umso größer war die Freude beim 24-Jährigen über den Verlauf der Partie gegen die TSG.
Beide Torhüter besprachen sich vor dem Elfmeterschießen
Volls Beginn war etwas nervös, dazu war er am ersten Gegentreffer zumindest mitbeteiligt, weil der Hoffenheimer Grischa Prömel aus dem Hoheitsgebiet eines Torhüters, dem Fünfmeterraum, traf. Dennoch gab er letztlich eine eindrucksvolle Visitenkarte ab, weil er nicht nur im Elfmeterschießen zweimal, gegen Andrej Kramaric und Albian Hajdari, hielt, sondern auch in der Schlussminute der regulären Spielzeit der Retter gegen Ihlas Bebou war.
„Ich bin schon ganz glücklich darüber, dass ich nicht antreten musste.“ (Ben Voll)
Neun Schützen mussten antreten im Elfmeter-Krimi vom Millerntor, ehe Voll die Entscheidung herbeiführte, und er verrät, dass dies auch eine Rettung in eigener Sache war. Denn er selbst hätte nur ungern schießen wollen: "Wir haben am Tag zuvor im Training am Ende noch ein paar Elfmeter geübt", sagt er und gesteht mit einem Schmunzeln: "Ich bin schon ganz glücklich darüber, dass ich nicht antreten musste."
"Ich habe mich auf mein Bauchgefühl verlassen"
Statt Elfmeter zu schießen, konzentrierte sich Voll darauf, Elfmeter zu halten - und damit in der Königsdisziplin von Vasilj zu glänzen. Der Bosnier hat in der Bundesliga bislang sechs von sieben Elfmetern gehalten und hat damit eine historisch starke Quote von 86 Prozent. Bevor es nach dem 2:2 nach 120 Minuten zum Showdown gekommen war, hatten beide Keeper noch die Köpfe zusammengesteckt. "Niko und ich haben kurz geredet und zusammen überlegt", sagt Voll, "ich habe mich dann aber auch auf mein Bauchgefühl verlassen."
Ob die Rolle im Mittelpunkt der Ovationen der bisher schönste Moment seiner Karriere war, vermochte der gebürtige Bergisch Gladbacher nicht eindeutig zu sagen, denn: "Frankfurt war schon auch besonders." Am 33. Spieltag der Vorsaison hatte er Vasilj wegen dessen Gelb-Rot-Sperre vertreten, hatte ein starkes Spiel gemacht (kicker-Note 2) und war seinerzeit beim 2:2 ein Hauptdarsteller in jener Partie, in der St. Pauli als Aufsteiger den Klassenerhalt perfekt gemacht hat.
Unvergessen und besonders war der Dienstagabend für Voll dennoch. Denn für ihn war es das erste "richtige" Heimspiel. Eine Woche vor besagter Partie in Frankfurt war er gegen Stuttgart (0:1) für Vasilj nach dessen Ampelkarte ins Spiel gekommen. "Das", sagt er, "waren gefühlt nur 24 Sekunden. Deshalb bin ich glücklich und dankbar, dass ich jetzt erstmals richtig das Millerntor erleben durfte." Und dieses feierte ihn - ebenfalls glücklich und dankbar.