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Wenn J-dag und Hjemmekamp auf ein Wochenende fallen

kicker

Dänemark im November ist nichts für Sonnenanbeter. Aber wenn sich unser gelber Lieblingsstern partout nicht blicken lässt, muss man anderweitig gute Laune tanken. Die Einwohner von Kopenhagen machen das wie alle Dänen, indem sie am ersten Freitag im November den J-dag feiern. Dieser markiert seit 1990, als ihn Tuborg erstmals ausrief, jenen Tag, an dem die großen dänischen Brauereien mit dem Verkauf ihres Weihnachtsbiers (Julebryg) beginnen. Pubs, Bars und sonstige Lokale im Zentrum der Hauptstadt sind ab Nachmittag bis zum nächsten Morgen voll. Überall werden Hektoliter Vorweihnachtszauber verkauft.

Die in der Hauptstadt äußerst zahlreichen Fans von Bröndby IF schlossen sich diesem Brauch am vergangenen Freitag wie jedes Jahr an - und hatten dann zwei Tage Zeit, um ihren Kater bis zum Heimspiel gegen Nordsjaelland zu kurieren. Denn der Superliga-Klub aus dem Kopenhagener Vorort Bröndby spielt (zu) oft zum unbeliebten Termin am späten Sonntagabend (20 Uhr). Gegen die in den TV-Verträgen der Liga vereinbarten Prime-Time-Partien protestiert der harte Kern der Anhänger schon seit längerer Zeit, auch vor zwei Wochen auswärts in Odense. Der umfangreiche Einsatz verbotener Pyrotechnik führte zur Sperre des geliebten Stadionblocks Sydsiden für zwei Hjemmekamps.

Toptalent bei Debüt stürmisch gefeiert

So blieb beim überzeugenden 2:0-Erfolg, bei dem Torhüter Patrick Pentz wie immer durchspielte und Stürmer Michael Gregoritsch zumindest in der Schlussphase zum Einsatz kam, die Südtribüne leer. Die betroffenen Fans wechselten aber ausnahmsweise auf die Vis-a-vis-Ränge und auch in die nächstgelegene Stadion-Ecke, um dort wie immer eine kolossale Atmosphäre zu kreieren. "Das ist schon mächtig. Sie sind immer da, egal zu welcher Uhrzeit an welchem Tag. Die Bröndby-Fans sind einzigartig in Dänemark", betont auch ÖFB-Goalie Pentz, einer der erklärten Publikumslieblinge im Klub mit großer Vergangenheit, aber auch wieder Gegenwart. Das drückt die Superliga-Tabelle sowie die große Zahl vielversprechender Talente im Kader von Neo-Trainer Steve Cooper aus.

Als Cooper etwa in der Nachspielzeit dem 18-jährigen Andre Escobar Jensen das Debüt in der Profimannschaft bescherte, brach im Stadion Jubel aus, als ob der Youngster das entscheidende Tor zum Gewinn des ersten Meistertitels seit 2021 erzielt hätte. Auch Jacob Bröchner Ambaek, Schütze des 1:0 gegen Nordsjaelland, ist erst 19 Jahre alt. Sein Sturmpartner Noah Nartey wurde kürzlich 20 und ist wie alle drei ein junger Däne und Eigenbauspieler des Klubs. Die Zukunft des früher auch auf großer europäischer Bühne regelmäßig vertretenen Vereins scheint gesichert. Und das, obwohl der deutsche Direktor Profifußball, Benjamin Schmedes, im Sommer nicht weniger als 20 Millionen Euro an Transfergewinnen erzielte. Neben anderen hochkarätigen Verkäufen wechselte etwa Kapitän und Abwehrchef Jacob Rasmussen für einige Millionen zu Red Bull Salzburg.

Viel mehr Fahrradständer als Auto-Parkplätze

Bröndby IF ist in ganz Skandinavien populär und polarisiert in Dänemark extrem. Der Verein wird im Land entweder geliebt oder gehasst - und ist diesbezüglich mit dem SK Rapid in Österreich zu vergleichen. Was die Dänen von den Wienern aber ganz gewiss unterscheidet: Sie kommen alle mit dem Fahrrad zum Stadion - ob es regnet, windet oder stürmt. Rund um die Arena findet man Ständer für zigtausende Räder, die mit Spielbeginn alle besetzt sind. Kopenhagen ist die Metropole der Fahrräder. Bei 650.000 Einwohnern gibt es in der Hauptstadt ca. 675.000 Räder. Zwei davon gehören Bröndby-Tormann Pentz, dem es ab November aber zu kalt zum Radeln ist.

Van Halen zum Auftritt und Feuerwerk von draußen

Zu kalt zum Fußballspielen ist es in Dänemark nur selten, weil Temperaturen um den Gefrierpunkt oder gar Schneefall auch im Winter die Ausnahme sind. Deshalb ärgern sich auch viele Profikicker - darunter Pentz - über die letzten zwei verbliebenen Oberhaus-Kunstrasenplätze in Silkeborg und eben Nordsjaelland. "Das ist ein ganz anderes Spiel, vor allem für den Torhüter richtig doof. Da hüpfen die Bälle weg wie beim Hallenfußball", erklärte der Salzburger im Vorfeld des Heimspiels. "Zum Glück haben wir die heuer beide schon auswärts gehabt. Zu Hause putzen wir sie mit unserem Spiel." Pentz sollte bei Nordsjaelland recht behalten - über den Ausgang der Partie gab es rasch keine Zweifel.

Der unfreiwillig ausgewanderte Fanblock vergnügte sich mit einem kurzen, aber spektakulären Feuerwerk, welches erlebnisorientierte Kollegen außerhalb des Stadions abfeuerten. Mangelnden Einfallsreichtum kann man der Bröndby-Szene wirklich nicht unterstellen. Bei den nicht enden wollenden Gesängen wurde das gesamte Publikum mit eingebunden. Für einen feuchtkalten Sonntagabend und obwohl aufgrund der Sperre nur 16.000 statt der üblichen 25.000 bis 28.000 zuschauten, war die Stimmung sensationell. Sollten Pentz, Gregoritsch und die wilden Jungen im Frühjahr den Titel holen, würden die Feiern mit Sicherheit den J-dag in den Schatten stellen. Van Halens "Jump", das vor Anpfiff beim Auftritt des Heimteams gespielt wird, wäre die Untermalung.

Mit einem fast raketenhaften Sprung hatte sich der erst 1964 gegründete Verein in den 1980er-Jahren auch auf die europäische Fußball-Landkarte katapultiert. 1985 wurde Bröndby IF zum jüngsten Verein in der Geschichte des dänischen Fußballs, der die Meisterschaft gewann. Infolge des ersten Titels qualifizierte man sich auch gleich für den Europacup der Landesmeister, wo erst im Viertelfinale gegen den späteren Champion FC Porto Endstation war. Zwischen 1987 und 1991 gewann Bröndby vier weitere Meistertitel - bis heute sind es elf. "Es ist mein großes Ziel, hier für diese Fans noch einen Titel zu holen", träumt auch Pentz vom großen Wurf im Sommer. "Das wäre die Krönung."