Nachdem das Tor gefallen war, monierte Braunschweigs Trainer Heiner Backhaus in der Coaching-Zone vergeblich einen Schubser gegen seinen Kapitän Lukas Frenkert. Als das Spiel vorbei war, sagte Torschütze Marten Winkler: "Ich sehe einen vor mir und gebe ihm einen leichten Kontakt. Ob es ein Foul war oder nicht, ist mir eigentlich egal. Am Ende war's ein Tor, und ich habe inzwischen schon ein, zwei von diesen Dingern gemacht bei Hertha. Deswegen, glaube ich, kann ich die ganz gut."
Winklers Kopfball, vor dem er sich clever gegen Frenkert und Fabio Di Michele Sanchez durchsetzte, brachte Hertha am vergangenen Freitag den 1:0-Heimsieg gegen Eintracht Braunschweig. „Matte (Winkler, d.Red.) und ich haben das eine oder andere Tor in der Ko-produktion schon so gemacht", sagte Vorbereiter Fabian Reese. "Er weiß relativ gut, wo er sein muss, wenn ich zum Flanken ansetze. Und ich weiß, wo er ist."
Weber: "Marten spielt jetzt klarer und erwachsener"
Herthas Sprinter führt inzwischen auch den Kopfball im Repertoire. Aber die entscheidende Veränderung bei Winkler ist womöglich nicht jene mit dem Kopf, sondern die im Kopf. Das Eigengewächs, das in puncto Konstanz, Rückzugsverhalten und Entscheidungsfindung den Blutdruck seiner Trainer in früheren Jahren nicht nur einmal in die Höhe trieb, hat sein Spiel vereinfacht - und damit verbessert. "Marten spielt jetzt klarer und erwachsener", betont Sportdirektor Benjamin Weber. "Früher war es oft der eine besondere Moment im Spiel, inzwischen ist er während des gesamten Spiels deutlich präsenter. Er spielt stabil und beständig. Das hat seine Wirkung für die Mannschaft erhöht."
Von der Zeit auf der Schiene hat er profitiert
Die Erfahrungen, die er unter Stefan Leitl im 3-4-2-1 als Schienenspieler sammelte, kommen ihm jetzt, da er im 4-2-3-1 auf der Außenbahn wieder einen Mitspieler hinter sich hat, zugute. "Das war eine Umstellung", sagt Winkler. "Aber ich denke, es hilft einem Offensivspieler, wenn er hinten gebraucht wird oder die Schiene beackern muss." Herthas Stabilität, die zu fünf Zu-null-Pflichtspielsiegen in Serie führte, liegt auch am Pensum der Offensivkräfte. "Da haben unsere Flügelspieler absolut nochmal einen Schritt gemacht", lobt Coach Leitl. "Aber das ist auch zwingend notwendig. Jeder muss sich beteiligen. Alle unsere Offensivspieler machen das hervorragend.“ Auch Weber findet anerkennende Worte: "Marten hat auch in der Arbeit gegen den Ball deutlich zugelegt und ist verlässlicher geworden."
Mehr Scorerpunkte als Winkler hat nur Reese
Winkler spielt nach eigenen Worten derzeit "mit Selbstvertrauen, das ist das Wichtigste für einen Spieler. Dann läuft auch vieles gut auf dem Platz." In Leitl hat er einen Fürsprecher. "Ich war schon immer zufrieden mit Marten - ob im letzten Jahr, als er von der Bank kam, oder in diesem Jahr, in dem er vermehrt spielt", sagt der Coach. "Beständigkeit ist auch ein Thema des Alters und der Zahl der Spiele, die du absolvierst, und der Erfahrung, die du dadurch sammelst." Nur Kapitän Reese hat von Herthas Profis aktuell mit neun mehr Scorerpunkte vorzuweisen als Winkler (sechs). Beide tauschen fast in jedem Spiel - gegen Braunschweig bereits recht früh - die Seiten, um den Gegner vor immer neue Aufgaben zu stellen.
Das Duell mit Bayern-Leihgabe Krattenmacher bleibt eng
Ausruhen darf sich Winkler trotz des Aufschwungs nicht, Bayern-Leihgabe Maurice Krattenmacher sitzt ihm im Nacken. Winkler hat mit seinem dritten Saisontor gegen Braunschweig für sich geworben, Krattenmacher, der binnen fünf Minuten zwei Gelbe Karten beim Gegner zog, mit mehreren auffälligen Aktionen nach seiner Einwechslung. Vor dem Braunschweig-Spiel war es laut Leitl "eine enge Kiste" zwischen den beiden. Die dürfte es auch weiterhin bleiben - zum Nutzen von Hertha.