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Die B-Jugend-Bundesliga als Plattform für Schiedsrichter-Förderung

kicker

Um die Bedeutung zu unterstreichen, welche die B-Jugend-Bundesliga für seine Schiedsrichter-Talente hat, erzählt Ronald Klein einfach eine Anekdote aus der vergangenen Saison.

"Ich habe kurzfristig einen Hilferuf aus Hessen bekommen, dass man dringend nach einem Gespann für ein B-Jugend-Bundesligaspiel in Melsungen sucht", erinnert sich der frühere Spitzenschiedsrichter, der sich im Schiedsrichterwesen des Handball Nordrhein in der Nachwuchsförderung engagiert. "Ich habe gesagt: Ich frage mal bei uns nach, aber ich kann nichts versprechen."

Denn die jungen Schiedsrichter-Teams sind sonst noch ausschließlich im eigenen Landesverband unterwegs; die Anreise nach Kassel läge je nach Wohnort der Talente bei mindestens 200 Kilometern. Doch Klein wurde überrascht.

"Innerhalb von Minuten kam von fast allen Gespannen die Rückmeldung, dass sie das Spiel natürlich übernehmen würden", schmunzelt Klein. So hatte er die Qual der Wahl - und schickte am Ende ein Team aus Aachen zum Melsunger Nachwuchs: "Das war durch die Rahmenbedingungen ein Stück echtes Bundesligafeeling für die Jungs."

"Unser bisher coolster Einsatz"

Auch Tim Klein und Jan von Prondzinski durften diese Erfahrung in der zurückliegenden Saison bereits machen. Die heute 19 Jahre alten Schiedsrichter aus Essen wurden von ihrem Ansetzer Klein (die Namensgleichheit ist Zufall) im Zuge eines weiteren Hilferufs aus Hessen nach Wetzlar entsendet. "Mit Abstand bisher unser coolster Einsatz in der B-Jugend-Bundesliga", bilanziert von Prondzinski im Rückblick.

Es ging damals um den Einzug in die Deutsche Meisterschaft; der Verlierer würde ausscheiden. "Ein sehr anspruchsvolles Spiel, sehr körperbetont, eine unfassbar laute Halle mit den Zuschauern sehr nah am Spielfeld, dazu die Brisanz: Das war eine mega Erfahrung und erweitert den Horizont", sagt von Prondzinski.

Auch Gespannpartner Klein schwärmt heute noch von der "Bombenstimmung" und betont: "Das war für uns natürlich ein ganz besonderes Spiel, mit der langen Anfahrt, in einem anderen Landesverband, wir kannten niemanden in der Halle. Aus solchen Einsätzen nimmst du richtig viel mit."

Die Anekdote von Ronald Klein und die Begeisterung von Klein/von Prondzinski zeigt, welchen Reiz die B-Jugend-Bundesliga für den Schiedsrichter-Nachwuchs hat. Rund 160 Gespanne kommen deutschlandweit in der männlichen und weiblichen B-Jugend-Bundesliga zum Einsatz; für alle sind es zusätzliche Einsätze neben ihren normalen Ansetzungen im Landesverband.

Denn während die Spiele in der 1. und 2. JBLH der A-Jugend vom Perspektivkader des Deutschen Handballbundes besetzt werden, gibt es für die höchste Spielklasse in der B-Jugend keinen einheitlichen Kader. Auch Ronald Klein spricht von einem "Kader im Kader", wenn er über seine zwölf Schiedsrichter-Teams aus dem Nordrhein spricht. Sie sind alle in den regulären Kadern des Landesverbandes, pfeifen in der Regionalliga und Oberliga Jugend oder bereits in der Verbands- sowie Oberliga der Erwachsenen.

"Auf einem anderen Level zu kitzeln"

Die Altersgrenze für die Schiedsrichter:innen in der B-Jugend-Bundesliga liegt offiziell bei 23 Jahren; viele Landesverbände reißen diese Grenze jedoch. Auch im Kader von Klein sind die Schiedsrichter-Talente zwischen 17 und 27 Jahre alt.

"Das Ziel bei der Einführung der B-Jugend-Bundesliga war es, das Leistungsniveau für die Mannschaften zu erhöhen - und das macht die Liga für die Schiedsrichter so interessant", sagt der Ansetzer. "Wir haben die Möglichkeit, unsere Talente auf einem anderen Level zu kitzeln und die Schiedsrichter-Teams merken, dass es ein erster Step in eine professionelle Richtung ist."

So ist in der B-Jugend-Bundesliga immer ein neutrales Kampfgericht am Tisch, die Spiele werden wie bei DHB-Schiedsrichtern über die Plattform Sportradar angesetzt und über Sportlounge können die Schiedsrichterteams für die Videoanalyse auf all ihre Spiele zugreifen. "Außerdem ist das Niveau extrem hoch, weil die Spitzenmannschaften gebündelt sind", beschreibt Nachwuchsschiedsrichter Klein. "Auch das Label des DHB und das ganze Drumherum an den Spieltagen machen die Einsätze in der B-Jugend-Bundesliga besonders."

Der 19-Jährige spricht von "einer großen Ehre und Motivation", die es bedeute, in der B-Jugend-Bundesliga zu pfeifen. Auch Gespannpartner von Prondzinski betont: "Wir freuen uns immer riesig auf jedes Spiel in der B-Jugend-Bundesliga, weil es durch den professionellen Rahmen und das hohe Spielniveau einfach wahnsinnig Spaß macht. Ich weiß noch, wie Tim und ich uns letztes Jahr gefreut haben, als wir erfahren haben, dass wir in dieser Liga pfeifen dürfen."

Höhere Ansprüche an den Nachwuchs

Entsprechend des Etiketts "Jugendbundesliga" stellt Ansetzer Klein jedoch auch höhere Ansprüche. "Wir haben besondere Erwartungen an die Schiedsrichter-Teams, die on top in der B-Jugend-Bundesliga pfeifen wollen bzw. dürfen", hält der frühere Spitzenschiedsrichter fest. "Sie müssen auf einem bestimmten Level performen, sie müssen in den Leistungstests die Anforderungen des Deutschen Handballbundes erfüllen und bereit sein, Doppelansetzungen zu übernehmen und die Anzahl ihrer Freitermine zu beschränken."

Inwiefern es in den anderen Landesverbänden ähnliche Anforderungen gibt, ist unklar; es gibt keine einheitlichen Richtlinien bezüglich der B-Jugend-Bundesliga für die Schiedsrichter-Ausschüsse in den Landesverbänden. Ein überregional zuständiges Gremium speziell für die B-Jugend-Bundesliga oder eine regelmäßige Plattform für den Austausch der Verantwortlichen bzw. Ansetzer gibt es nicht.

Für Klein, der im Nordrhein zuständig ist, ergeben die Anforderungen jedoch Sinn. "Perspektivisch sind es diese Schiedsrichter-Teams, die wir für die Sichtung zum Perspektivkader melden", erklärt er und ergänzt mit einem Schmunzeln: "Die Teams merken auch, dass sie durch die B-Jugend-Bundesliga ein Stückweit gläserner für uns sind, ähnlich wie es auf den höheren Ebenen ist. Im Landesverband können wir nicht jedes Spiel auf Video nachgucken, aber über Sportlounge haben wir Zugriff - und dann kommen auf einmal Rückfragen zu einer roten Karte oder Feedback, mit dem sie gar nicht gerechnet haben."

Priorität B-Jugend-Bundesliga

Dass die B-Jugend-Bundesliga für die Ansetzer rechnerisch eine Liga mehr bedeutet, die sie besetzen müssen, allerdings ohne mehr Schiedsrichter zu haben, stört Klein nicht. "Wir sind an unsere Handballkreise herangetreten und haben den Förderkader leicht vergrößert", erklärt er. Ansonsten gilt die klare Regelung: Die B-Jugend-Bundesliga geht vor.

"Wir erhalten zunächst die Ansetzungen in der Jugendbundesliga und das sind dann Freitermine für die Ansetzungen im Landesverband", beschreibt von Prondzinski. "Das System funktioniert wirklich gut." Dass sie durch die zusätzliche Liga mitunter zwei Ansetzungen am Wochenende haben, stört die beiden jungen Schiedsrichter nicht - im Gegenteil. "Der Aufwand ist größer, weil wir früher da sein müssen und ein bisschen mehr Druck auf uns lastet, aber genau dieser Druck macht uns Spaß", beschreibt Klein. "Diese Anspannung und dieser Nervenkitzel, den du in der Jugendbundesliga hast, sind schön."

Neben der B-Jugend-Bundesliga pfeifen Klein/von Prondzinski bis zur Verbandsliga; in Kürze haben sie ihren ersten Einsatz in der Männer-Oberliga. "Natürlich wäre es ein Traum, es irgendwann in die Bundesliga zu schaffen, aber das ist kein Ziel, was wir uns in Stein meißeln", blickt von Prondzinski voraus. "Wir machen uns selbst keinen Druck und wir versuchen es durch Leistung zu zeigen und Einsatzbereitschaft zu zeigen, dass wir höher pfeifen wollen und auch dazu in der Lage sind."

Ein großes Ziel ihrer Schiedsrichter-Laufbahn haben die beiden 19-Jährigen erreicht: Durch den Aufstieg in den Perspektivkader des Handball Nordrhein dürfen sie mit Headset pfeifen. "Ein Spiel mit Headset war mein persönliches Ziel, als wir angefangen haben und das haben wir uns erfüllt", lacht von Prondzinski. Auch Gespannpartner Klein bleibt entspannt: "Wir wollen natürlich so weit kommen, wie es geht, aber wir sind noch jung - und schauen, wo es hingeht."