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Abdulrahman Al Mahameid: Weiter und weiter

kicker

Wenn Abdulrahman Al Mahameid über seine Schiedsrichter-Laufbahn spricht, sprudeln die Worte nur so aus dem 19-Jährigen heraus. Denn obwohl der junge Unparteiische erst seit fünf Jahren pfeift, hat er nicht nur die ein oder andere Anekdote zu erzählen, sondern auch eine beeindruckende Entwicklung hinter sich.

Mit gerade einmal 16 Jahren stand Al Mahameid bereits als Schiedsrichter bei Männerspielen auf Verbandsebene auf dem Spielfeld. Den Schiedsrichterschein hatte er zu dem Zeitpunkt zwei Jahre in der Tasche. "Natürlich durfte ich mir damals noch ein paar Kommentare anhören, nach dem Motto: Du kleiner Junge willst, dass ich auf dich höre?", erinnert er sich. "Damit musste ich erst einmal klarkommen, aber ich bin durch diese Erfahrungen so viel sicherer geworden."

Zwei Jahre später, inzwischen in der Oberliga angekommen, konnte er daher mit solchen Spielchen umgehen. "Der Trainer wusste, dass ich mit 18 Jahren noch sehr jung für die Liga bin und hat mich von der ersten Minute an mit 'Er' angesprochen, um mich zu verunsichern", lacht Al Mahameid. "Ich bin in der Auszeit zu ihm gegangen und habe gesagt: Mein Vorname ist ein bisschen kompliziert, aber du kannst mich gerne Abid nennen. Er wurde rot und dann war alles gut."

Inzwischen ist Al Mahameid 19 Jahre alt - und im Perspektivkader des Deutschen Handballbundes angekommen. "Als wir im Sommer die Nominierung erhalten haben, war die Freude riesig", erzählt er und man hört das Strahlen in seiner Stimme. "Wir haben gerade im letzten Jahr so viel getan, wir haben so hart gearbeitet und das hat sich ausgezahlt."

Auf dem Weg nach oben

Rückblick: 2015 flieht die Familie Al Mahameid aus Syrien nach Deutschland. 'Abid', wie der jüngere der zwei Brüder gerufen wird, ist damals erst neun Jahre alt. Sein älterer Bruder 'Mo' ist zu dem Zeitpunkt 14. Die beiden Jungen haben noch eine ältere und eine jüngere Schwester. Erst fängt 'Mo' bei der SGH Steinfurt mit dem Handball an, zwei Jahre später greift auch 'Abid' zum Ball. Sie lernen die Sprache, sie finden Freunde - und sie werden Schiedsrichter.

Obwohl 'Abid' bereits mit 14 Jahren seine Lizenz gemacht hat, wird er erst zwei Jahre später seine ersten Spiele pfeifen - die Corona-Pandemie hat den Spielbetrieb lahmgelegt. Der inzwischen 16-Jährige bildet zunächst ein Duo mit einem Mannschaftskollegen, schließt sich dann jedoch mit seinem Bruder zusammen.

"Ich hatte damals schon den Traum, irgendwann die ganz großen Spiele zu pfeifen", erinnert sich 'Abid'. 'Mo' zieht seinen kleinen Bruder damit auf. "Wir haben wir ein Spiel von Kiel im TV gesehen und ich habe zu ihm gesagt: Irgendwann pfeifen wir dort", erinnert sich 'Abid'. "Er hat nur gesagt: Träum weiter."

Die Schiedsrichter-Laufbahn des Gespanns Al Mahameid/Al Mahameid nimmt jedoch tatsächlich schnell Fahrt auf - auch dank der Unterstützung ihres Umfelds. Auf ihre Eltern können sie sich ohnehin verlassen, doch auch Markus Gödde, Coaching-Koordinator des Handballkreises Münsterland, nimmt die Brüder unter seine Fittiche. "Er ist unser Handball-Schiedsrichter-Vater", sagt Al Mahameid über ihren Förderer. "Er begleitet uns bis heute und hat uns immer wieder gesagt: Ihr schafft das. Wir sind ihm so dankbar."

Obwohl die Brüder in den ersten Jahren zu kämpfen haben („die ersten Beobachtungen auf Verbandsebene waren nicht so, wie wir uns das erhofft hatten“), beißen sie sich durch - und die Saison 2024/25 wird zu ihrem Jahr. 56 Einsätze absolvieren Al Mahameid/Al Mahameid in der Spielzeit, unter anderem in der Oberliga und der B-Jugend-Bundesliga. Sie fahren zum Sauerland-Cup nach Menden, zu einem renommierten Jugendturnier nach Prag und zu den Lundaspelen nach Schweden.

"Wir haben in diesen Monaten viel Zeit investiert und hart an uns gearbeitet", sagt Al Mahameid. "Wir haben uns verbessert, in der Persönlichkeit, beim Pfeifen, in der Kommunikation mit den Spielern und Trainern." Und das bleibt nicht unbemerkt: Ein Nachbar in Steinfurt ist zufällig Jörg Berning, der in der Schiedsrichter-Kommission der 3. Liga sitzt. Er sieht die Brüder in der B-Jugend-Bundesliga und nimmt sich Zeit für die jungen Schiedsrichter.

Und die Saison ist noch nicht vorbei: Im Februar 2025 geht es fünf Tage nach Kienbaum; bei der Sichtung für die neue Jugend-Nationalmannschaft pfeifen Al Mahameid/Al Mahameid die Vergleichsspiele der Landesauswahlen und werden von Christian Kroll aus dem Betreuerstab des Perspektivkaders gecoacht. "Das war super", ist Al Mahameid heute noch begeistert. "Man hat sofort gespürt, dass es noch einmal ein ganz anderes Niveau ist."

Wenige Wochen später wird es ernst: Die Brüder haben ihre eigene Sichtung beim Internationalen Biberacher Osterturnier (IBOT). Sie präsentieren sich den Coaches um den ehemaligen Bundesliga-Schiedsrichter Marc Fasthoff und erhalten trotz der großen Konkurrenz das Finale der weiblichen C-Jugend. "Wir haben insgesamt gute Rückmeldungen bekommen", freut sich Al Mahameid.

"Wir dürfen Lemgo pfeifen."

Seitenblick: Parallel zu ihrer intensiven Handball-Saison im Winter 2024/25 wird es für 'Abid' auch in der Schule ernst. Er schreibt seine Abiturprüfungen und legt die Hochschulreife ab. Wie soll es weitergehen? Die Entscheidung fällt dem 19-Jährigen nicht schwer: Er entscheidet sich für ein Studium und wählt das Wirtschaftsingenieurwesen/Fachrichtung Maschinenbau.

Sein älterer Bruder ist in diesem Winter bereits mitten im Studium. Nach dem Abitur schloss 'Mo' zunächst eine Ausbildung ab und entschied sich anschließend, neben der Arbeit noch zu studieren. "Ich bin so stolz auf ihn", sagt Abid‘. "Es ist krass, wie er das alles durchgezogen hat."

Die Belohnung für ihre Arbeit ist die Nominierung für den Perspektivkader. "Wir haben sofort unseren Eltern Bescheid gegeben, wir haben Markus Gödde angerufen und Jörg Berning", erinnert sich Al Mahameid. Und die beiden Brüder belohnten sich mit einer ganz besonderen Reise für ihren Erfolg: Sie flogen nach Syrien und sahen ihre Familie das erste Mal nach zehn Jahren wieder. "Ich habe in den drei Wochen ein bisschen zugenommen, denn Oma hat gekocht", lacht Al Mahameid. "Die Handballpause hat uns gut getan, wir haben gemerkt, wie anstrengend das Jahr war."

Lange genießen konnten Al Mahameid/Al Mahameid die Pause jedoch nicht, denn bereits im Juli wartete eine ganz besondere Ansetzung auf die Brüder. "Ich habe kurz vor dem Schlafen noch einmal mein Handy gecheckt und gesehen, dass wir eine Ansetzung für ein Testspiel des TBV Lemgo Lippe bekommen haben", schildert der 19-Jährige. "Ich bin sofort in das Zimmer meines Bruders gestürmt. Er hat schon fast geschlagen und nur gemurmelt, was denn so wichtig sei, um 23 Uhr abends? Ich habe nur gerufen: Wir dürfen Lemgo pfeifen!"

Am Spieltag waren die Brüder bereits zweieinhalb Stunden vor Spielbeginn in der Halle des Regionalligisten SF Loxten. "Wir waren so nervös", erinnert sich Al Mahameid. Als der Bus von Lemgo an der Halle vorfuhr, musste er sich erst einmal kneifen. "Mit Nationalspielern auf der Platte zu stehen: Da wurde ein Traum wahr", sagt er. "Nach dem Spiel konnte ich mein Trikot auswringen, so nass geschwitzt war ich vor Aufregung."

Auf der Tribüne unter den über 600 Zuschauern mit dabei: Ihre Eltern. "Unser Vater ist unser größer Fan", sagt Al Mahameid. "Er nimmt sich die Zeit und schaut uns oft zu." Die Mutter unterstützt ebenfalls, wäscht an Doppel-Spieltagen nachts die Trikots und packt Lunchpakete für die Auswärtsfahrten. Der Zusammenhalt in der Familie ist eng. "Wenn wir nicht in der Halle sind, sind wir bei unserer Familie", sagt Al Mahameid. "Wir sind unseren Eltern so dankbar für alles." Die Brüder gehen gemeinsam ins Gym und manchmal zum Handballtraining. "Das Spielen steht inzwischen aber an 2. Stelle", stellt er klar.

Der Fokus liegt stattdessen voll auf dem Pfeifen. Am 13. September gaben Al Mahameid/Al Mahameid beim Spiel TV Bissendorf-Holte gegen den VfL Gummersbach ihr Debüt in der Jugendbundesliga. "Das ist sehr geil", strahlt Al Mahameid. "Wir haben in einem Jahr das geschafft, was wir in drei Jahren schaffen wollten."

Weiter, immer weiter

Ausblick: In der Jugendbundesliga ist 'Abid' mal wieder der jüngste Schiedsrichter. "Das habe ich mir schon gedacht; es ging alles schneller, als wir dachten", lacht der 19-Jährige. Neben der Jugendbundesliga werden 'Mo' und 'Abid' in dieser Saison auch in der Regionalliga der Männer eingesetzt.

Die Ziele der Brüder sind groß, es soll in den nächsten Jahren weiter nach oben gehen. Der Perspektivkader ist der erste Schritt … vielleicht auf dem Weg nach Kiel, so wie es sich der 14-jährige 'Abid' erträumte? "Ich glaube immer noch daran", sagt er und schmunzelt: "Nachdem wir die Nominierung bekommen haben, hat unser Vater zu Mo gesagt: Du hast deinen Bruder für diesen Traum ausgelacht."

Dass dieses Ziel jedoch noch weit entfernt ist, weiß 'Abid'. Er will aber nicht aufhören, zu träumen. "Unsere Eltern und unsere Coaches haben uns in den letzten drei Jahren immer wieder gesagt: Ihr schafft das", sagt er. "Wir sind jetzt zehn Jahre in Deutschland, wir haben am Anfang mit der Sprache gekämpft und es ist nicht leicht gewesen, aber wir sind unglaublich stolz auf das, was wir erreicht haben. Und es hört hier nicht auf. Es geht immer weiter und weiter."

Der Perspektivkader 2025/26

Abdulrahman Al Mahameid/Mohammad Al Mahameid

Anne Baabbouz/Karen Baabbouz

Thilo Bauer/Lars Pohlmann

David Beschorner/Arne Morawitz

Manuel Betz/Justus Schöppner

Florian Börner/Alexander Knoche

Julius Bornkamm/Lukas Schneider

Julian Burdack/Lukas Oestmann

Paolo D‘Oria/Julius Hlawatsch

Georgios Dalampakis/Levin Wanders

Bjarne Deiters/Jesper Stumpfe

Tom Deupert/Nico Hecker

Till Egler/Simon Weißbrod

Nico Feilbach/Finn Reinstädler

Noah Fikus/Pit Hegebart

Luis Füllner/Felix Schütze

Jasper-Thorben Gierke/Daniel Harder

Ingmar Hofmann/Jonas Rogner

Lionel Kleber/Benjamin Klose

Christoph Krick/Julian Scholl

Finn Kröhnert/Leon Kröhnert

Nico Lippoldes/Arthur Punte

Yeray López Arauco/Thimo Rustenbach

Nikolai Luis /Patrick Verheyen

Christopher Mischock/Robert Riebesam

Oliver Muttach/Nick Schillinger

Maurice Oelsner/Moritz Pach

Cedric Pignot/Tobias Zinn

Philipp Plötz / Vincent Plötz

Aurelius Reich/Nils Speck

Kay Reimann/Marius Timm

Dominik Zahs/Nils Zahs