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Ein Trio infernale um Odermatt und das Problem der fehlenden Perspektive

kicker

Gleich zehn Schweizer befinden sich derzeit in den Top 60 der Weltcupstartlistenwertung (WCSL). Dumm nur, dass pro Land maximal acht Fahrer mit Quotenplätzen starten dürfen. So wird sich die Wahl für die Swiss-Ski-Trainer um einiges erschweren. Man kann von Glück reden, sind immerhin zwei Fahrer zusätzlich durch im Europacup herausgefahrene Fixstartplätze immer dabei.

Marco Odermatt - Auch ohne Top-WM die Nummer 1

In die Weltcupstartliste fliessen auch Punkte der Weltmeisterschaft hinein. In Saalbach-Hinterglemm war Odermatt nicht ganz so unwiderstehlich wie sonst, büsste dort daher etwas an Vorsprung ein. Trotzdem ist er in der WCSL noch vorne, muss aber in der kommenden Saison noch einmal eine Schippe drauflegen. Mit 87 Punkten Vorsprung sicherte sich der Nidwaldner in der vergangenen Saison die Abfahrtswertung und wird sicherlich auch in dieser Rennzeit der grosse Favorit sein. Er befindet sich zumindest schon einmal in exzellenter Frühform.

Franjo von Allmen - Das Rütteln an "Odis" Thron wird intensiver

In der WCSL tatsächlich nur 28 Punkte hinter Odermatt kommt mit Franjo von Allmen bereits der nächste Schweizer. Der Senkrechtstarter aus Boltigen hat eine hervorragende Saison 2024/25 hinter sich, in der er in Crans-Montana und Kvitfjell seine ersten Weltcupsiege in der Abfahrt feiern konnte. Er war der einzige, der in der Abfahrtswertung Odermatt auch nur annähernd gefährlich werden konnte und hat in der WCSL natürlich auch dank des Weltmeistertitels nur wenig Rückstand. Gegenüber dem Super-G von Copper Mountain muss er sich aber noch steigern.

Alexis Monney - Aus dem Schatten ins Licht?

Wird über den Favoriten gesprochen, so bleibt der Name Alexis Monney meistens aus. Dass sich die Fans hauptsächlich auf von Allmen und Odermatt konzentrieren, könnte Monneys grosse Chance sein. Sein Rückstand auf die beiden Führenden beträgt zwar weit über 200 Punkte, doch auch er hat das Potenzial, konstant um den Sieg zu fahren. Mit der WM-Bronzemedaille sicherte er sich ebenfalls wichtige Punkte. Der Start im Super-G ist ihm nicht wirklich gelungen, in der Abfahrt dürfte er auch deswegen noch einmal ein bisschen motivierter sein.

Justin Murisier - Halten Knie und Rücken, gehört auch er zum Favoritenkreis

Beim Teamroutinier stellt sich hauptsächlich eine Frage. Wie geht es dem Walliser körperlich? Die vergangene Saison startete für ihn fantastisch: mit dem Sieg in Beaver Creek. Nach seinem ersten Weltcupsieg war er immer wieder weit vorne mit dabei, konnte aber nicht ganz mit seinen drei Teamkollegen mithalten. Gegen Ende der Saison wurde auch klar, weshalb. Die Knie bereiteten Probleme, mit hundert Prozent Vertrauen konnte er nicht antreten. Im Sommer musste er sich dann auch noch am Rücken operieren lassen. Man darf gespannt sein, wie Murisier die Rückschläge wegstecken kann.

Stefan Rogentin - Kann er es auch auf anderen Strecken als in Kvitfjell?

Stefan Rogentin ist tatsächlich der fünfte Schweizer in den Top 10 der WCSL, er hat dies vor allem zwei Resultaten zu verdanken. Vor den Rennen in Kvitfjell war der achte Platz am Lauberhorn von 2022 sein bestes Resultat. In Kvitfjell zeigte er dann aber, dass er den Grundspeed durchaus hat, um auch in den Abfahrten mitzuhalten, und so wurde er zweimal Dritter. Mit dem immer besser werdenden Bündner ist auch in der Abfahrt definitiv zu rechnen.

Niels Hintermann - Kann er es auch auf anderen Strecken als in Kvitfjell 2.0?

Tatsächlich hat Niels Hintermann mehr als eine Gemeinsamkeit mit Aleksander Aamodt Kilde. Zum einen kommen beide von schweren Rückschlägen zurück, nachdem sie die letzte Saison verpasst haben, zum anderen sind beide auf der zwölften Position der WCSL klassiert. Vor seiner Krebserkrankung konnte der Zürcher zwei Weltcuprennen gewinnen, beide Male in Kvitfjell. Es wäre übertrieben zu sagen, Rogentin wäre bei seinem Start neben dem Podest gestanden, doch kaum einer kann auf der eher einfachen Abfahrt die Geschwindigkeit so halten wie Hintermann.

Mit seiner Vorgeschichte ist in der kommenden Saison jeden Punkt als stark einzustufen. Werden es genug, so hat er beim Weltcupfinale in Kvitfjell die Chance, zu zeigen, weshalb er als Kvitfjell-Spezialist bezeichnet wird.

Lars Rösti - Der inkonstante Überraschungsmann

Nicht viel hätte gefehlt und Lars Rösti wäre im vergangenen Dezember in Gröden ein erstes Mal auf dem Weltcuppodest gestanden. Bis zur letzten Zwischenzeit hätte er sich zwischen Odermatt und von Allmen auf Rang zwei eingereiht, machte dann aber einen Fahrfehler und fiel auf den zwölften Rang zurück. Anschliessend überraschte er mit dem achten Platz in Wengen ein weiteres Mal, kam anschliessend aber nicht mehr über einen 16. Rang hinaus. Bei ihm muss die Konstanz kommen, dann kann er regelmässig in die Top Ten fahren und gar am Podest schnuppern.

Marco Kohler - Endlich ohne Verletzungen, doch ist das Vertrauen da?

Im Januar 2024 riss sich Marco Kohler in Wengen das Kreuzband. Nur elf Monate später stand er bei den Rennen in Beaver Creek wieder am Start. Gemessen an seiner Verletzung, konnte der 15. Rang dort definitiv als Erfolg gewertet werden. Mit einem neunten Rang in Bormio weckte er Hoffnungen, wieder an die alte Form anzuknüpfen, die Bestätigung blieb dann allerdings aus. So verpasste Kohler das Weltcupfinale als 26. der Disziplinenwertung ganz knapp. Diese Rennen dürften in dieser Saison das Ziel sein, es braucht wohl auch noch etwas mehr Vertrauen in den eigenen Körper und das eigene Können.

Livio Hiltbrand - Der clevere Simmentaler steht vor dem Durchbruch

Livio Hiltbrand startete in der vergangenen Saison mit einem Fixstartplatz. Trotzdem verzichtete er teilweise auf Rennen. Dies hatte einen einfachen Grund: Hiltbrand realisierte, dass er ohne Fixstartplatz aufgrund der bisher weitestgehend noch ausbleibenden Resultate im starken Schweizer Team nur kleine Chancen haben wird. So fuhr er weiterhin im Europacup und sicherte sich dort dank des Sieges in der Abfahrtswertung erneut einen Fixstartplatz. In dieser Saison dürften wir ihn in allen Rennen sehen und früher oder später auch in den guten Punkterängen.

Josua Mettler - Kommt er zu seiner Chance?

Nur zwei Rennen absolvierte der Ostschweizer im vergangenen Jahr. In Beaver Creek war er von Punkten weit entfernt, in Gröden sicherte er sich mit sieben Punkten immerhin ein kleines Erfolgserlebnis. Nach dem Sturz im Training von Bormio, bei denen er sich an beiden Kniegelenken verletzt hatte, war seine Saison allerdings zu Ende. Mittlerweile ist er auf dem Weg zurück, wird aber in Beaver Creek sicherlich nicht am Start stehen. Aufgrund der grossen teaminternen Konkurrenz ist ohnehin fraglich, zu wie vielen Chancen er kommen wird.

Arnaud Boisset - Back in Business nach Seuchenwinter?

Zu kaum einem Fahrer passt der Begriff besser als zum Walliser. Arnaud Boisset vermarktet sich selbst, braucht dafür keinen Manager. Dies war nach der starken Saison 2023/24 sicherlich einfacher, als nach der letzten. Boisset stürzte gleich zu Saisonbeginn in Beaver Creek, kam dann sehr früh zurück und stürzte erneut. Mitten in der Saison zog er einen Schlussstrich, sodass er sich auf seine Gesundheit konzentrieren konnte. Er wird sich wohl ähnlich wie Mettler gedulden müssen, um in der Abfahrt seine Chancen zu bekommen.

Alessio Miggiano - Der Durchbruch ist möglich

Auf Weltcuppunkte wartet der 23-Jährige noch, starten darf er trotzdem in jedem Rennen. Grund dafür ist der Fixstartplatz, den sich Alessio Miggiano durch den zweiten Platz in der Abfahrt-Europacupwertung verdient hat. Bei ihm wird es in erster Linie darum gehen, Erfahrungen im Weltcup zu sammeln, womöglich nimmt er sich gar ein Beispiel an Livio Hiltbrand und visiert erneut eine Topplatzierung im Europacup für einen weiteren Fixstartplatz an.

Der Europacup unterstreicht die unglaubliche Dichte

Wir könnten hier noch mit unzähligen Namen weiterfahren. Im Europacup verpasste Gaël Zulauf den Fixstartplatz nur aufgrund der Rennabsage in Kvitfjell. Hätte er tatsächlich keinen Punkt geholt, so wäre wohl Christophe Torrent zum Handkuss gekommen. So aber müssen die beiden Schweizer wohl weiterhin im Europacup starten.

Allgemein liest sich die Rangliste der Disziplinenwertung im Europacup aus Schweizer Sicht sehr gut: Sandro Manser auf Rang 10, Dominic Ott auf Rang 12, Fabian Spring auf Rang 15 und Philipp Kälin auf Rang 18 - sie alle sind Fahrer, die nach einem weiteren Schritt durchaus auch fürs Weltcupteam interessant werden könnten. Nicht zu vergessen ist dabei natürlich Lenz Hächler, die derzeit grösste Nachwuchshoffnung bei Swiss-Ski.

Die Schweizer Skifans müssen sich also keine Sorgen um die Zukunft machen. Oder doch? Ein derart starkes Team birgt natürlich auch das Risiko, dass jungen Fahrern die Chance verwehrt bleibt, den nächsten Schritt zu machen. Gerade auch weil die Top-Fahrer selbst noch nicht allzu alt sind, dürften auf Dauer nur selten Weltcup-Chancen herausschauen.