Im Sommer 2024 beendeten Sie in Unterhaching zeitgleich Ihre Spielerkarriere und gaben Ihr Amt als Technischer Direktor ab. Was haben Sie seitdem gemacht, Herr Welzmüller?
Das war eine sehr bewusste Entscheidung, auch gemeinsam mit meinem Bruder Maximilian, mit dem ich meine letzten beiden Jahre zusammenspielen durfte. Nach vier Kreuzbandrissen und weiteren Verletzungen war es der richtige Moment, zu gehen. Danach habe ich mir Zeit genommen, zu reflektieren. Es war völlig klar, dass ich im Fußballmanagement bleiben möchte, aber ich habe gemerkt, dass eine meiner größten Stärken für meinen künftigen Weg nicht nur von Vorteil ist.
Von welcher Stärke sprechen Sie?
Von der Loyalität zu einem Verein. Ich habe zehn Jahre für Unterhaching gespielt und kannte im Profifußball nur diesen Kosmos. Ich wollte meinen Horizont erweitern und verstehen, wie andere Klubs funktionieren. Deshalb kam der Multi-Klub-Ansatz, in dem ich aktuell arbeite, genau zur richtigen Zeit. Mein Ziel war, in möglichst kurzer Zeit viele unterschiedliche Vereinsstrukturen, Kulturen und Entscheidungslogiken kennenzulernen. Im Grunde wollte ich ein Lernjahr, um Erfahrungen zu sammeln, die andere Profis machen, wenn sie in ihrer Karriere mehrere Vereine durchlaufen.
Wo haben Sie sich überall umgeschaut und eingelernt?
Wir arbeiten weltweit mit Klubs. Von der Premier League über Skandinavien bis hin zu Klubs in Afrika und Südamerika.
Das "Wir" müssen Sie erklären.
"Wir" bedeutet die "Football Finance Group". Wir versuchen, über den klassischen Multi-Club-Ownership-Ansatz hinauszugehen. Wir kreieren dabei noch stärkere Synergien. Wir sprechen nicht von fünf bis acht Klubs, sondern eher bis zu 20. Weil es keinen zentralen Investor gibt, können unsere Klubs im gleichen internationalen Wettbewerb spielen. Ein großer Vorteil. Unser Anspruch ist, kleinere Klubs mit den gleichen Benefits zu versorgen wie die großen.
Wie sehen die Synergien zwischen diesen Vereinen aus?
Es gibt zwei große Hebel: Finanzen und Sport. Auf der Finanzseite haben wir einen Mechanismus entwickelt, der einen Trickle-Down-Effekt erzeugt. Wenn Investoren für einen großen Klub finanzielle Mittel bereitstellen, müssen sie dies auch bei einem kleineren Standort tun. So fließt Liquidität gezielt in die kleineren Märkte. Ich verantworte den Bereich Sport. Da geht es darum, jungen Top-Talenten aus den jeweiligen Regionen sinnvolle, durchdachte Karrierewege zu ermöglichen. Sie sollen sich bestmöglich entwickeln können. Dafür haben wir uns auf Ausstiegsklauseln spezialisiert, bei denen wir, so meine Überzeugung, sehr innovativ, fair und logisch gedacht haben.
Bei Ausstiegsklauseln müssen neben den Klubs auch die Spieler, sprich ihre Berater, mitspielen.
Absolut. Und genau deshalb haben wir für Berater attraktive Mechanismen geschaffen. Sie werden in manchen Ländern oft als Letzte oder gar nicht bezahlt. In unserem Modell wird der Berater sofort entlohnt, wenn eine Klausel gezogen wird. Unser Ziel ist immer eine Win-Win-Win-Situation: großer Klub, kleiner Klub, Spieler plus Berater. Wichtig ist: Der Spieler steht im Zentrum und behält die Entscheidungshoheit.
Warum halten Sie Ausstiegsklauseln für sinnvoll?
Sogar für unvermeidlich aus unserer Sicht. Die Verhandlungsmacht der Spieler wird weiter steigen - Entwicklungen wie die Diarra-Entscheidung des EuGH bestätigen das. Eine sinnvoll gesetzte Ausstiegsklausel bringt Fairness für beide Seiten. Sie gibt Klubs wieder ein Stück Planbarkeit zurück. Und sie sind aus Spielerperspektive oft sinnvoller als Leihen. Leihspieler sind oft nicht vollständig integriert, und im Zweifel erhält immer der gleichwertige Spieler den Vorzug, der dem Verein gehört.
Zieht es Sie nach diesen Erfahrungen zu einem Klub zurück, wie sieht Ihr Plan aus?
Definitiv! Mir fehlt das wöchentliche Gewinnen und Verlieren. Ich möchte wieder näher an der Mannschaft arbeiten, an einem Standort, an einem klaren sportlichen Ziel. Genau deshalb möchte ich sehr bald wieder in einen Klub zurück. Parallel nehme ich gerade am DFB/DFL-Kurs "Management im Profifußball" teil. Der geht über rund 20 Monate und hilft mir, meine Erfahrungen aus der Praxis mit aktuellem Know-how zu verbinden.
In welcher Rolle sehen Sie sich?
Auf der einen Seite möchte ich sportliche Inhalte mitgestalten und Prozesse professionalisieren, auf der anderen Seite psychologische Sicherheit erfahren. Das heißt, ich möchte nicht ganz vorn in die erste Reihe, sondern an einer möglichst guten Seite lernen und gleichzeitig Verantwortung übernehmen. Das kann ein Technischer Direktor sein, ein Leiter Lizenz, ein Referent Sport. Der Titel ist weniger entscheidend als die Aufgabe. Ich suche keine bequeme Rolle, sondern eine, in der es um Entwicklung und Leistung geht.
Der kürzeste Weg wäre ein Anruf bei Manni Schwabl in Unterhaching …
Manni ist für mich wie ein Fußball-Papa. Ich durfte viel von ihm lernen und bin ihm unglaublich dankbar, und ich schaue immer noch Spiele vor Ort, wenn es sich zeitlich ausgeht. Aber ich habe mich bewusst entschieden, einen Schritt raus aus Unterhaching zu machen und Neues kennenzulernen.
Sie haben noch zu Ihrer aktiven Zeit promoviert. Hilft der Doktortitel im Profifußball oder zucken Entscheider erschrocken zurück?
Mit viel Demut gesprochen, glaube ich, dass beides vorkommt. Mein Profil ist ja nicht ganz typisch. Ich war viele Jahre Profi, habe mir parallel einen akademischen Hintergrund aufgebaut und schon während meiner aktiven Spielerkarriere im Klubmanagement mitgearbeitet. Manche Entscheider finden das interessant, andere reagieren im ersten Moment vielleicht etwas zurückhaltender, weil sie so eine Kombination noch nicht gesehen haben. Für mich ist das völlig in Ordnung. Dieser Weg hat mich sehr geprägt und ich bin dankbar dafür. Ich freue mich darauf, die Erfahrungen, die ich dadurch sammeln durfte, in Zukunft in einem Klub einzubringen.