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Die Buccaneers im freien Fall: Die Stabilität als großer Trugschluss

kicker

Man könnte die Buccaneers über die letzten Jahre ohne Probleme als eine der am besten geführten Franchises in der NFL einordnen. Ein Team, das konstant und verlässlich gut ist.

Nachdem Tampa Bay mit Tom Brady All-In gegangen war und einen Super Bowl gewonnen hatte, gewannen die Bucs noch zwei Mal mit Brady die Division, ehe der schließlich die Pads an den Nagel hängte.

Das war nach der 2022er Saison. Head Coach Bruce Arians hatte sich schon ein Jahr früher in den Ruhestand verabschiedet, und 2023 hätte das Jahr sein können, in dem man einen größeren Umbruch einleitet. Tampa stand erst einmal ohne wirkliche Quarterback-Antwort da, das für Brady aufgebaute Team war zumindest in Teilen in die Jahre gekommen.

Doch die Bucs schafften den ganz schnellen Turnaround. Mit Baker Mayfield gelang ihnen ein echter Glücksgriff auf der Quarterback-Position und über die letzten drei Jahre kamen mit Cody Mauch, Graham Barton, Jalen McMillan, Bucky Irving, Emeka Egbuka und Tez Johnson neue junge, belebende Spieler in die Offense, die zum Teil auch schnell tragende Säulen wurden. Zusätzlich zu Calijah Kancey und Yaya Diaby im 2023er Draft für die Defense.

Die Folge waren zwei weitere Division-Siege 2023 und 2024, seit nunmehr fünf Jahren hat sich Tampa Bay in jeder Saison für die Playoffs qualifiziert. Die Offense erreichte in jener Phase erst unter Dave Canales 2023 und dann in der vergangenen Saison unter Liam Coen unerwartete Höhen. In den 2023er Playoffs lieferten die Bucs den Lions in der Divisional-Runde ein Spiel auf Augenhöhe, 2024 verlor man ein enges Spiel gegen die Shootingstar-Commanders um Jayden Daniels.

Tampa Bay wirkte wie ein Team, das sich oben in der NFL etabliert hat. Nicht im engsten Kreis der jährlichen Titelkandidaten, aber im Kreis der Playoff-Dauergäste. Ein Team, für das, wenn man im richtigen Moment heiß läuft, auch ein tiefer Run in der Postseason möglich sein könnte. Der unerwartet positive Übergang von Brady zu Mayfield, die guten Drafts, mehrere Treffer auf dem Offensive-Coordinator-Posten, eine hohe individuelle Qualität in der Offense, all das gab Tampa eine Aura der Stabilität.

Wie die laufende Saison zeigt, war diese Stabilität jedoch ein Trugschluss.

Tampa Bay: Die Division noch immer in der eigenen Hand

Die Bucs bekommen trotz einer desolaten zweiten Saisonhälfte ihr Division-Endspiel in Woche 18 gegen Carolina. Zumindest halbwegs, ein halbes Endspiel, wenn man so will.

Denn nach dem überraschenden Sieg der Atlanta Falcons am Montagabend gegen die Rams kann Tampa Bay die NFC South nicht mehr aus eigener Kraft gewinnen: Ein Bucs-Sieg am Samstag gegen die Panthers würde Tampa nur zum Division-Sieger machen, wenn die Falcons am Sonntag nicht gegen die Saints gewinnen. Gewinnt Atlanta dieses Spiel, wären die Bucs, Panthers und Falcons nach einem Bucs-Sieg am Samstag gleichauf und diesen Dreier-Tie-Breaker würde Carolina gewinnen. In dem Szenario hätte Tampa Bay selbst mit einem eigenen Sieg gegen die Panthers das Nachsehen.

Dass es so weit kommen könnte, ist jedoch komplett selbst verschuldet. Denn nach einem 6-2-Start mit Siegen unter anderem gegen Houston, Seattle und San Francisco haben die Bucs in der zweiten Saisonhälfte nur eines von acht Spielen gewonnen: Ein knappes 20:17 gegen die Arizona Cardinals, die sich ihrerseits im freien Fall befinden.

Gegen Teams wie Buffalo und die Rams war man am Ende chancenlos. Es setzte aber auch Niederlagen unter anderem gegen die Saints, die Falcons, die Panthers und jetzt zuletzt gegen Miami. Das sind die Teams, die Tampa Bay klar schlagen sollte. Die Teams, die vermeintlich mindestens eine Stufe schlechter sein müssten als die "stabilen" Playoff-Abonnenten aus Tampa Bay.

Doch von der Stabilität ist nicht viel übrig, und das nicht erst seit der zweiten Saisonhälfte. Selbst früh in der Saison waren es sehr viele Partien, in denen Baker Mayfield mit dem Feuer spielte - und schlicht von Defenses nicht dafür bestraft wurde.

PFF hat ihn mit 13 Turnover Worthy Plays über die ersten acht Wochen in den Büchern, 25 sind es insgesamt nach 17 Spielen. Doch der Großteil seiner Turnover - allen voran acht seiner zehn Interceptions - kam in der zweiten Saisonhälfte.

Todd Bowles schießt deutlich gegen sein Team

Deutlich mehr wurde Mayfield also erst im Laufe der Saison für seine riskante Spielweise bestraft. Das war zumindest in Teilen auch erwartbar. Überraschender war, schrittweise zu erkennen, wie viel er mit seinen Big Plays früh in der Saison offensichtlich kaschiert hat.

Es brodelte bereits zuvor in Tampa Bay. Doch nach der Niederlage gegen die Falcons vor drei Wochen explodierte es schließlich auch nach außen. Head Coach Todd Bowles stellte sich nach der Pleite gegen Atlanta vor die versammelte Presse und gab zu Protokoll: "Es ist unentschuldbar. Es muss dir verdammt noch mal wichtig genug sein, bis zu dem Punkt, wo es weh tut. Es muss dir etwas bedeuten. Es ist mehr als ein Job."

Bowles warf auf jener Pressekonferenz zumindest Teilen des Teams vor, dass nicht mit vollem Fokus gearbeitet wird. Dass einige sich nicht gut vorbereiten.

Und er stellte dabei ganz klar die Spieler öffentlich in den Mittelpunkt der Kritik: "Die Coaches haben alles getan, was in ihrer Macht steht. Das ist ein von den Spielern getriebenes Team in den letzten vier, fünf Wochen. Die Dinge müssen umgesetzt werden. Sie müssen sich gegenseitig in die Verantwortung nehmen. Als Coach kann man da sitzen, bis man blau im Gesicht wird. Solange sie nicht anfangen, sich gegenseitig in die Verantwortung zu nehmen und die kleinen Dinge richtig zu machen - und das betrifft nicht alle, wir sprechen hier über eine kleine Gruppe -, aber diese kleine Gruppe, die kostet uns Spiele. Bis das nicht passiert, wird es nicht besser werden."

Wenn ein Head Coach sich auf diese Art und Weise äußert, dann ist klar, dass es intern nicht erst seit gestern schlecht läuft. Zumal Bowles nach den Spielen gegen Carolina und auch nach der Niederlage am Sonntag gegen Miami nachlegte.

Auf der einen Seite kann man Bowles sogar ein wenig verstehen, denn die mentalen Fehler häufen sich. Gerade gegen Atlanta gaben die Falcons Tampa Bay so viele Gelegenheiten, das Spiel zu gewinnen. Trotzdem konnten die Bucs konnten diese nicht nutzen.

Das setzte sich gegen Carolina fort. Unnötige Fehler, mentale Aussetzer. Strafen, die Drives zerstören. Das ließ sich auch am Sonntag gegen Miami beobachten. Der 63-Yard-Touchdown der Dolphins früh im Spiel mehr oder weniger aus dem Nichts war ein Coverage-Bust der Bucs. Bei der ersten Interception wollte Mayfield zu viel, versuchte, einen Ball tief zu erzwingen und unterwarf den deutlich. Bei seiner zweiten Interception erkannte er die Coverage-Bewegung des Safeties nicht rechtzeitig.

Tampas Defense bricht komplett ein

Das sind individuelle Fehler, für die man Coaches auf dem NFL-Level nur bedingt einen Vorwurf machen kann.

Was man aber hinterfragen kann, ist, wie es sein kann, dass es Bowles’ Defense gegen die Dolphins mit Siebtrunden-Rookie Quinn Ewers auf Quarterback nicht schafft, das Run Game zu stoppen. Von vornherein war klar, dass Miami einzig über den Run offensiv einen Rhythmus entwickeln würde. Trotzdem fand Tampa Bay hier viel zu lange keinen guten Zugriff.

Man kann hinterfragen, warum die Bucs-Defense seit Woche 10 auf Platz 28 in Expected Points Added pro Play und Platz 26 in Success Rate steht. Bowles’ Defense, um das noch präziser zu formulieren.

Die Defense ist schlichtweg komplett eingebrochen in der zweiten Saisonhälfte. Und so sehr einige von Bowles’ Kritikpunkten nachvollziehbar sind: Hier verdient er selbst wiederum ein gehöriges Maß an Kritik.

Die Offense und die Stabilität als Trugschluss

Was zurück zur Offense führt, und zum Kernthema dieser Bucs-Analyse; der vermeintlichen Stabilität als Trugschluss.

Die mitunter holprigen Spiele konnte man zwischenzeitlich auch mit Verletzungen erklären. In der Offensive Line gab - und gibt - es Ausfälle. Mike Evans fehlte lange, genau wie Bucky Irving. Chris Godwin hat gut die Hälfte der Saison verpasst.

Doch hier wurde Tampa Bay über die letzten Wochen eher gesünder. Zwar fiel Tristan Wirfs gegen Miami aus, was auch prompt zu einem Strip-Sack führte, als Bradley Chubb den Backup-Left-Tackle zerlegte. Doch alles in allem ist die Offense im Laufe der Saison gesünder geworden.

Einen positiven Effekt hatte das nicht. Aber warum eigentlich nicht?

Diese Bucs-Saison bietet mit all den offensichtlichen Problemen auch einige klare Takeaways. Zum Beispiel den, dass nach zwei Volltreffern in der Besetzung des Offensive-Coordinator-Postens irgendwann ein Downgrade kommen musste. Dave Canales erwies sich als sehr gute Wahl, der wurde prompt Head Coach in Carolina. Liam Coen toppte Canales’ Arbeit noch und übernahm den Head-Coach-Posten in Jacksonville, wo er die Jaguars innerhalb einer Saison umgekrempelt hat.

Im Laufe dieser Saison zu sehen, wie Bowles der Offense eben gar nichts geben kann, wenn er keinen Coordinator-Volltreffer landet, unterstreicht seine Limitationen als Head Coach. Zu sehen, wie inkonstant Mayfield spielt ohne einen starken Coordinator an seiner Seite, unterstreicht seine Limitationen als Quarterback.

Letzteres kann man eher noch umschiffen. Indem man einen guten offensiven Play-Caller hat und hält. Das aber funktioniert nur, wenn man ihn zum Head Coach macht, sonst wird ein guter Coordinator immer eher früher als später anderweitig abgeworben. Niemand weiß das dieser Tage besser als Bucs-Fans.

Endspiel gegen die Panthers: Ist diese Bucs-Saison noch zu retten?

Vielleicht ist das der entscheidende Takeaway dieser Bucs-Saison.

Vor knapp drei Jahren hat Tampa Bay einen groß angelegten Umbruch erfolgreich verhindert. Doch mit dieser Saison hat die Bowles-Ära ihr Ende erreicht. Ein Spieler wie Lavonte David wird aufhören, die Defense braucht in der Front in mehreren Bereichen mehr Qualität. Evans und Godwin sind vermutlich nicht mehr lange da, auch hier rückt der natürliche Endpunkt für diese Version der Bucs näher.

Vor allem aber ist offensichtlich: Tampa Bay braucht einen deutlich höheren offensiven Floor, was das Coaching angeht, um mit Mayfield nachhaltig oben angreifen zu können. Den wird Bowles nie langfristig sichern können. Und gleichzeitig gibt Bowles Tampa Bay nicht ansatzweise genügende Vorteile was Game Management, In-Game-Coaching oder selbst mittlerweile seine eigene Defense angeht, um über diese klare Schwachstelle hinweg zu sehen. Der natürliche Endpunkt dieser Ära scheint gekommen.

Nun ist es so, dass man mit Prognosen vor allem kurz vor den Playoffs in der NFL besonders vorsichtig sein muss. Es ist schon oft genug passiert, dass ein Team plötzlich in der Postseason einen Schalter umlegen und überraschen kann. Ein Sieg gegen die Panthers am Sonntag mit Schützenhilfe durch die Saints, dann ein Überraschungserfolg in der Wildcard-Runde gegen eines der NFC-West-Teams, und die Bucs-Saison würde durch nur diese beiden Spiele plötzlich einen ganz anderen Anstrich bekommen.

Die Panthers sind selbst ein extrem inkonstantes Team und wenn es dieses Mal die Bucs sind, die die Turnover vermeiden und selbst ein paar Big Plays anbringen, kann das ohne Frage auch andersherum ausgehen als vor zwei Wochen. Dann stünde potenziell der nächste Division-Titel im Portfolio.

Doch wenn man auf die zweite Saisonhälfte blickt, auf die Aussagen von Bowles, auf die immer wiederkehrenden Fehler, auf den klaren Abwärtstrend den augenscheinlich niemand stoppen kann, dann entsteht eher ein Bild von einem Bucs-Team, das sich wie ein Team am Ende einer Reise anfühlt. Ein Team, das bereit ist für einen Kurswechsel.

Ein Team, das zum Ende der Saison eben keinen letzten Kraftakt mehr in sich hat.