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Ende einer Ära in Kansas City - und was machen die Colts jetzt?

kicker

FIRST DOWN: Das Ende einer Ära in Kansas City?

Als die Chiefs dieses Spiel am Sonntagabend gegen die Texans verloren, drängte sich ein Gefühl scheinbar universell auf: Das fühlte sich wie das Ende einer Ära an.

Weil die Chiefs jetzt auf Kurs sind, zum ersten Mal in der Patrick-Mahomes-Ära die Playoffs zu verpassen. Bislang hatte Kansas City mit Mahomes noch nie das AFC Championship Game verpasst.

Weil ein Fenster, das letztes Jahr schon überaus fragil wirkte, obwohl es am Ende ein weiteres Mal in den Super Bowl ging, sich jetzt endgültig zu schließen scheint.

Aber auch wegen der Art und Weise, wie es zu dieser Niederlage kam. Und natürlich: Gegen diese Texans-Defense kann man schlecht aussehen. Das ist schon anderen Teams passiert und das wird auch noch anderen Teams passieren. Bestes Beispiel: Josh Allen, der nach seinem Monster-Spiel gegen die Bengals am Sonntag zu Recht gefeiert wird, hatte vor gerade einmal zwei Wochen sein vielleicht schlechtestes Saisonspiel gegen Houston. Narrative ändern sich hier auch gerne mal schnell.

Doch der Auftritt der Chiefs am Sonntag war mehr noch ein Spiel, das unterstrich, wie vielseitig die Probleme in Kansas City geworden sind. Weshalb dieses Team, das letztes Jahr mit einer ganzen Reihe knapper - und auch teilweise überaus glücklicher - Siege einige Probleme noch kaschieren konnte, jetzt so hart auf dem Boden der Tatsachen aufkommt. Oder anders formuliert: Die Probleme waren auch letztes Jahr schon da. Nur sieht man sie jetzt erst auch konkret in den Ergebnissen.

Wie viel schlechter als im Vorjahr sind die Chiefs überhaupt?

Ein gutes Beispiel ist die offensive Performance, ganz nüchtern betrachtet in den Advanced Stats. Die Chiefs 2024 belegten Platz 9 in Expected Points Added pro Play (0.071) und Platz 8 in Success Rate (47,7 Prozent).

Die 2025er Chiefs: Platz 6 in Expected Points Added pro Play (0.115) und Platz 7 in Success Rate (47,2 Prozent). In Yards pro Pass sind sie dieses Jahr fast ein halbes Yard besser, in Yards pro Run ebenfalls. Statistisch ist die Offense nicht schlechter.

Das passt sogar zum Eye-Test. Die Chiefs kommen offensiv auf mehr Big Plays, weil Mahomes deutlich mehr selbst kreiert, spät im Down Plays macht und sehr viel mehr Downfield attackiert. Wenn auch mit einer gehörigen Accuracy-Streuung. Dadurch ist der EPA-pro-Play-Wert höher.

Gleichzeitig hat die Offense weniger diese Konstanz, die sie letztes Jahr hatte. Als Kansas City verlässlicher den Ball schrittweise bewegen konnte, wenn man es brauchte. Als man effizienter war, wenn es das Spiel verlangte.

Das war dieses Jahr nur phasenweise der Fall, konkret zwischen Woche 4 und Woche 8. Dieser Fünf-Spiele-Stretch war der Teil der Saison, der auch mich glauben ließ, dass dieses Team zu mehr in der Lage ist. Die Niederlagen gegen die Bills und die Broncos zeichneten dann ein anderes Bild, und gegen die Colts war man zwar in einem engen Spiel das klar bessere Team, aber mit Blick auf den Trend bei den Colts ist dieser 23:20-Overtime-Chiefs-Sieg vielleicht auch etwas schwächer einzuordnen.

Die Defense ist da schon auffälliger. Hier sind die Chiefs fast durch die Bank weg schlechter, und während Chris Jones und George Karlaftis ein tolles Spiel am Sonntagabend hatten, ist das dieses Jahr nicht die Norm. Es ist eine Unit, die nicht nur anfälliger geworden ist und die weitestgehend erfolglos versucht, über das Blitzing Spiele an sich zu reißen. Es ist auch eine Unit, die weniger der spielentscheidenden Big Plays macht, die Kansas City letztes Jahr auf dieser Seite des Ball häufiger noch bekam.

Chiefs-Offense geprägt von kostspieligen Fehlern

So landet man bei einem Chiefs-Team, das mit ähnlichem Spielglück wie im Vorjahr jetzt vermutlich bei acht, vielleicht neun Siegen stehen könnte. Insbesondere die Spiele gegen die Eagles und Jaguars hätte man definitiv nicht verlieren müssen. Dann wäre man immer noch kein gutes Team, aber die Playoffs wären zumindest nicht in Gefahr. Doch die Defense macht dann eben das entscheidende Play nicht, die Offense bekommt den entscheidenden Drive nicht zusammen. Letztes Jahr gewann Kansas City alle seine elf One-Score-Games. Dieses Jahr stehen sie 1-6 in diesen Spielen.

Doch würde ein besserer Record nur wieder die Dinge kaschieren, die man adressieren muss. Was uns zurück zum Texans-Spiel führt. Und Kontext ist auch hier wichtig: Kansas City ging bereits mit drei Backups in der Offensive Line in die Partie und verlor einen dieser drei Backups, Left Tackle Wanya Morris, beim ersten Play from Scrimmage mit einer Knieverletzung. Ein absoluter Worst Case gegen das beste Pass-Rush-Duo in der NFL.

Die anschließende Analyse ist insofern einfach, als dass man nicht einen Sündenbock herausstellen muss. Weil jeder seine Fehler hatte.

Mahomes mit den beiden Interceptions: Der erste Pick war ein schlecht platzierter Wurf, während Jalen Pitre unter der Route lauerte, der zweite ein Arm Punt Downfield, den er unterwirft.

Kelce mit dem Drop durch den Hit bei einem Pass in den Rücken, der in der Interception zum Schluss endet. Rashee Rice mit dem Drop bei Fourth Down kurz davor. Es gab mehrere weitere Drops, die Drives beendeten. Tyquan Thornton konnte den langen Touchdown-Pass in der Endzone nicht sichern, weil Kamari Lassiter ein tolles Play am Catch Point machte. Die Line hielt, erwartungsgemäß, nicht stand.

Und dann gab es noch die Entscheidung von Andy Reid. Und so sehr ich es grundsätzlich befürworte, Patrick Mahomes Spiele in die Hand zu geben, handelte Reid hier nicht nur extrem inkonsequent, sondern ließ zudem jegliches Gefühl dafür, welche Art Spiel das ist, vermissen.

Beim Stand von 10:10 im vierten Viertel war das Spiel an einem Punkt angekommen, an dem Houston seit sechs Drives offensiv überhaupt nichts mehr gemacht hatte. Ein defensiv geprägtes Spiel, bei dem es in erster Linie um Field Position und weniger um Possessions ging. Hier gegen die beste Defense der NFL mit einer Offense mit mehreren Backups in der Offensive Line den vierten Versuch an der eigenen 31-Yard-Line auszuspielen war ein strategischer Fehler. Der folgende Turnover on Downs war genau das, was Houstons Offense wieder Leben einhauchte. Die Texans gingen in sechs Plays 31 Yards das Feld runter zum Touchdown.

Inkonsequent war es vor allem deshalb, weil Reid nur zwei Drives zuvor Ende des dritten Viertels von der gegnerischen 18-Yard-Line bei Vierter-und-Zwei ein 36-Yard-Field-Goal gekickt hatte. Hier wäre der Moment gewesen, um auf den Touchdown zu gehen, und wenn es nicht klappt, die gegnerische Offense zu einem langen Drive zu zwingen. Nicht in der eigenen Hälfte.

Wackelt der Stuhl von Andy Reid?

Reid steht nicht erst seit dieser Woche zu Recht auch in der Kritik. Denn während Mahomes zwar gegen die Texans selbst entschieden zu viele Fehler hatte, war er in vielen Spielen in dieser Saison der Hauptgrund dafür, dass die Offense überhaupt eine Chance hatte.

Das klare Thema, das sich hier durchzieht: Reids Offense ist extrem eindimensional. Weil er nach wie vor nicht gewillt ist, mehr ins Run Game zu investieren und es über die Jahre nicht geschafft hat, der Offense hier eine zweite tragende Säule zu geben. Etwas, worauf man zurückfallen kann, wenn das Passing Game stockt. Oder auch schlicht ein Standbein, das Dinge für die Offense öffnen kann.

Das war mal das RPO Game, als Kansas City durch die Luft alles dominierte und das Run Game mehr als Beiwerk betrachten konnte. Doch diese Phase ist in der ganzen NFL schlicht vorbei. Und wenn sich Reid dem nicht stellt, droht ein ähnliches Ende seiner Amtszeit wie einst in Philadelphia. Er muss gewillt sein, sich in der Offseason externen Input ins Boot zu holen. Er muss gewillt sein, sich anzupassen.

Nun soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass die Chiefs noch immer eine Playoff-Chance haben. Wenn auch nur eine kleine. Sie müssten - das zumindest wäre das wahrscheinlichste Szenario - die Colts, die Ravens oder Steelers und die Chargers abfangen. Dafür braucht Kansas City selbst Siege gegen die Chargers, Titans, Broncos und Raiders, während die Colts (Seahawks, 49ers, Jaguars, Texans) ihren freien Fall fortsetzen müssten, indem sie maximal noch ein Spiel gewinnen. Beide AFC-North-Teams haben einen schweren Rest-Schedule. Dieses Szenario wurde mit dem Sieg der Chargers am Montagabend bereits schwieriger.

Dennoch, ausgeschlossen ist es nicht. Und irgendwo würde es in das Narrativ des Chiefs- und Mahomes-Nimbus passen, wenn Kansas City jetzt doch noch den Sprung in die Playoffs schaffen würde.

Aber dieses Team fühlt sich nicht wie eines an, das einen solchen Kraftakt in sich hat. Dieses Team fühlt sich wie ein Team an, das alt geworden ist. Das zu festgefahren ist. Und das frischen Wind braucht.

SECOND DOWN: Wie geht es jetzt weiter für die Colts?

Den All-In-Move der Colts vor der Deadline in Form des Sauce-Gardner-Trades konnte man gut begründet strategisch kritisieren. Aber selbst wer diesen Blockbuster-Move im Moment des Trades mit Skepsis betrachtet hat, dürfte kaum erwartet haben, dass wir nur fünf Wochen später schon vor dem Worst-Case-Szenario dieser Entscheidung stehen.

Denn die Kritik daran, zwei Erstrunden-Picks für Gardner abzugeben, hatte zwei Ebenen. Die erste ist die, dass es ein All-In-Move war, während man einen bestenfalls mittelmäßigen Quarterback hatte. Daniel Jones hat positiv überrascht, aber das war in kleiner Sample Size gegen überschaubare Gegner. Und selbst damit stand und steht es außer Frage, dass er keiner der Quarterbacks ist, um den herum man ohne Bedenken mittel- und langfristig ein Titelfenster öffnen kann.

Es gibt warnende Beispiele, um nicht mit einem solchen Quarterback derart aggressiv zu denken. Miami mit Tua aus den letzten Jahren allen voran. Vor allem aber gibt es kaum ein Beispiel, bei dem dieses Vorgehen von Erfolg gekrönt war.

Indianapolis vor den Scherben einer Märchen-Saison

Die andere Ebene ist die der Flexibilität, der Optionen. Daniel Jones hatte zum Zeitpunkt des Trades keinen Vertrag über die Saison hinaus. Das ist nach wie vor der Fall. Durch die Entscheidung, zwei Erstrunden-Picks wegzutraden, gab man sich selbst kaum Spielraum, überhaupt einen alternativen Weg auf der Quarterback-Position einzuschlagen.

Dazu kommt, dass der Erstrunden-Pick im kommenden Draft, der im Moment des Trades wie ein Pick in den mittleren 20ern - wenn nicht später - aussah, jetzt irgendwo Mitte Runde 1 stattfinden könnte. Denn dass die Colts bei jetzt noch ausstehenden Spielen gegen die Seahawks, 49ers, Jaguars und Texans die Playoffs gänzlich verpassen, ist relativ wahrscheinlich.

Und es ist auch kein unfairer Take, zu sagen, dass der Trend bereits vor dieser Verletzung nach unten ging. Nicht nur durch die Interception, die Jones gleich zu Beginn gegen Jacksonville warf: Schon vor der Niederlage gegen die Jaguars hatten die Colts drei der letzten vier Spiele verloren. Der einzige Sieg war ein Overtime-Erfolg gegen die Falcons.

Nach dem relativ einfachen Programm in der ersten Saisonhälfte verlor man seit Woche 9 gegen die Steelers, Chiefs, Texans und jetzt die Jaguars. Was weitere Fragezeichen dahinter setzt, wie kompetitiv dieses Team wirklich in der AFC war. Auch mit Daniel Jones. Und inwieweit die überraschend gute erste Saisonhälfte auch die Entscheidungsträger in Indianapolis geblendet hat. Die Defense ist nicht gut - und Teams haben es zuletzt immer häufiger geschafft, das Run Game der Colts zu neutralisieren.

Es stimmt, dass Jones in der ersten Saisonhälfte eine Version der Offense freigeschaltet hat, die auch ich nicht für möglich gehalten hatte. Die Frage war immer: Wie nachhaltig ist das? Und ist das Team in Summe bereit für einen tiefen Run bis in die Playoffs hinein?

Die ersten Antworten darauf fielen bereits negativ aus. Nach Woche 14 steht man nun durch die Verletzung von Daniel Jones vor den Scherben einer Saison, die vor sechs Wochen noch so vielversprechend gewirkt hat.

Colts stehen jetzt vor mehreren Quarterback-Entscheidungen

Jetzt wird Jones mit dem Achillessehnenriss erst einmal lange ausfallen. Der Start der kommenden Saison ist in akuter Gefahr, Jones hat eine nicht unerhebliche Verletzungsvorgeschichte und niemand weiß, wie er von dieser schweren Verletzung zurückkommen wird.

Die Colts werden sich nicht nur bereits im März, wenn die Free Agency ansteht, entscheiden müssen, ob sie Jones dennoch einen neuen Vertrag geben wollen. Hier würde man vermutlich einen stark leistungsbezogenen Deal vereinbaren können.

Sie werden sich parallel dazu überlegen müssen, wer für sie in der kommenden Saison Quarterback spielt, sollte Jones den Start der Saison - und vielleicht mehr als das - verpassen. Das ist die deutlich schwierigere Frage.

Es gibt eine offensichtliche Option: Anthony Richardson. Richardson würde auch jetzt einspringen, doch eine absolute Freak-Verletzung - ein Unfall beim Aufwärmen vor dem Spiel gegen Arizona Mitte Oktober, bei dem ein Widerstandsband riss und Richardson einen Bruch der Augenhöhle erlitt - hält ihn aktuell noch raus. Sechstrunden-Rookie Riley Leonard, der allerdings ebenfalls angeschlagen ist, wird voraussichtlich vorerst einspringen. Die Verzweiflung wird deutlich, wenn man sieht, dass die Colts gerade den 44-jährigen Philip Rivers für ein Workout eingeladen haben.

Richardson könnte die hausinterne Alternative zum Start in die kommende Saison sein. Vielleicht zahlt sich hier die Geduld ja sogar doch noch aus. Sofern man sich mit Jones einigt, wäre auch eine kostengünstige Veteran-Option im Stile eines Marcus Mariota oder Kenny Pickett denkbar. Vielleicht auch Geno Smith, sollten sich die Raiders von ihm trennen.

Vielleicht sind die Colts auch ein Kandidat, um sich nach einem anderen Veteran für die kommende Saison umzuschauen. Etwa, wenn sie antizipieren, dass Jones weite Teile der kommenden Saison verpassen wird. Kyler Murray könnte beispielsweise zu haben sein.

THIRD DOWN: Arizona und das inoffizielle Ende der Kyler-Murray-Ära

Als Jonathan Gannon am Freitag verkündete, dass Kyler Murray in dieser Saison nicht mehr spielen wird, fühlte sich das nur wie eine Bestätigung davon an, was längst in der Luft lag: dass Murray sein letztes Spiel für die Cardinals absolviert hat.

Und sicher: Es wurden medizinische Gründe angeführt, die auch nicht leichtfertig zu ignorieren sind: Laut Gannon hat sich Murrays Fußverletzung als hartnäckiger erwiesen als gedacht. "Der Fuß hat nicht die Fortschritte gemacht, die wir sehen wollten. Deshalb haben wir eine zweite Meinung eingeholt", bestätigte Arizonas Head Coach. Die weiteren Tests hätten ergeben, dass Murray länger brauchen wird.

Zumindest war es ein vergleichsweise klares Update nach mehreren nebulösen Updates über die vergangenen Wochen. Denn die ganze Timeline war ein Rätsel für sich: Murray hatte sich in Woche 5 gegen die Titans am Fuß verletzt. Das war am 5. Oktober.

Auf Injured Reserve gesetzt wurde er am 5. November, einen vollen Monat später. Nachdem er bereits längst wieder trainiert hat. Und das, nachdem Adam Schefter noch am 27. Oktober, also zehn Tage davor, verkündet hatte, dass Murray gegen die Cowboys am 3. November zurückkommen sollte. Das ist insofern relevant, als dass jemand - und hier würde ich Murrays Camp vermuten - Schefter gesteckt haben dürfte, dass der Quarterback wieder gesund ist.

Kyler Murray: Vom Soft-Benching zum Benching?

Vielleicht werden wir hier irgendwann die volle Wahrheit erfahren. Vermutlich aber eher nicht. Vielleicht ist er wirklich schlicht schwerer verletzt als lange weitergegeben wurde. Das wäre nicht das erste Mal in der Jonathan-Gannon-Ära der Fall: Die Knieverletzung von B.J. Ojulari aus dem Vorjahr war sehr viel schlimmer als bekannt war. Das sickerte erst durch, als Ojulari selbst nach seinem Comeback über die Verletzung sprach. Trey Benson ist ein Beispiel aus dieser Saison, hier deutet mittlerweile einiges darauf hin, dass er bis Saisonende gar nicht mehr spielen wird.

Vielleicht wäre Murray aber auch bereits jetzt ausreichend genesen, um diese Woche ein Spiel zu bestreiten, ist aber nicht bei 100 Prozent und andere Faktoren spielen eine Rolle. Wie etwa, seinen Trade-Value durch eine Verletzung nicht beschädigen zu wollen. Oder schlechtes Tape zum Ende der Saison zu produzieren, weil er nicht seine volle Mobilität hat.

Vielleicht ist es auch eine Kombination aus all diesen Faktoren im Zusammenspiel mit dem, was Jacoby Brissett innerhalb der Offense gezeigt hat. Denn der Ausdruck "Soft-Benching" machte bereits Anfang November die Runde: Brissett übernahm in Woche 6 gegen die Colts als Starter und es war offensichtlich, dass er der bessere Fit für die Offense ist. Regelmäßig knackte er die 300 Yards und zwei Touchdowns durch die Luft, die Offense lief sichtbar runder mit einem prototypischen Pocket-Passer.

Wer weiß, ob Murrays Saison mit dieser Fußverletzung in Woche 5 wirklich zu Ende gegangen wäre, hätte Brissett schlechter gespielt. Diese Frage werden wir definitiv niemals beantwortet bekommen.

Wie überzeugt war der neue Staff von Murray?

Das gilt auch für die Frage danach, inwieweit Jonathan Gannon und sein Trainerstab Murray wirklich als ihre langfristige Lösung gesehen haben. Sie haben immer die richtigen Dinge gesagt, aber eine Wahl hatten sie auch nicht wirklich. Murray hatte seinen großen Vertrag im Jahr zuvor unterschrieben und kam im ersten Jahr des neuen Regimes von seinem Kreuzbandriss zurück, sodass er die erste Saisonhälfte noch komplett verpasste.

2023 und vor allem 2024 spielte er gut innerhalb der Offense, die damals gleichzeitig über ein exzellentes Run Game ihren Floor fand. Dieser Floor ging mit dem Abgang von O-Line-Coach und Run Game Coordinator Klayton Adams verloren. Das hatte man in Arizona offensichtlich so nicht kommen sehen, aber womöglich reifte hier bereits nach der vergangenen Saison die Erkenntnis, dass man innerhalb des Schemes nahezu das Maximum aus Murray herausgeholt hat.

Was wiederum eine größere Frage aufwirft: Hätte der neue Coaching Staff um Gannon und Offensive Coordinator Drew Petzing nicht mehr investiert sein müssen, eine Offense aufzubauen, die Murrays Stärken in den Vordergrund rückt? Verrät uns die Tatsache, dass man das Scheme und nicht den Franchise-Quarterback in den Vordergrund gerückt hat, etwas darüber, wie überzeugt Gannons Staff von Murray wirklich war?

Bekommt Gannon eine vierte Saison in Arizona?

Das wäre nicht gerade positiv mit Blick auf die Anpassungsfähigkeit der Coaches. Und so wie die Saison weiter gelaufen ist, muss man sich auch fragen, inwieweit Murray hier als Sündenbock herhalten muss.

Womöglich war es immer eine Ehe auf Zeit, in der man Murray 2024 und - theoretisch - 2025 als volle Saison gibt, um danach eine Entscheidung zu treffen. Eine Entscheidung, die gefallen war, als man sah, wie die Offense mit einem bestenfalls durchschnittlichen Quarterback aussah.

Die Cardinals stehen in Jahr 3 eines Rebuilds auf keinen Fall da, wo man in Jahr 3 stehen will. Nachdem Arizona letztes Jahr zumindest lange noch an den Playoffs kratzte, erfolgte dieses Jahr ein klarer Rückschritt. Bereits vor Woche 14 waren die Cardinals auch rechnerisch aus dem Playoff-Rennen eliminiert, nicht zuletzt, weil das Team es weiter nicht schafft, gute Teams zu schlagen.

Das alleine ist ein starkes Argument gegen Gannon. In Jahr 3 an dem Punkt zu sein, an dem man verlässlich gegen das obere Liga-Drittel verliert, während man in der eigenen Division den Anschluss völlig verloren hat, müsste klarmachen, dass es ein Jahr 4 für ihn in Arizona nicht geben sollte. In den letzten drei Division-Spielen setzte es jeweils über 40 Punkte, es gibt keine defensiven Fortschritte und da reicht es auch nicht, dass viele Spiele dieses Jahr eng verloren wurden. Selbst mit zwei, drei Siegen mehr wäre das ein Team im Niemandsland, das zudem keine Weiterentwicklung in irgendeinem relevanten Bereich gezeigt hat.

Trotzdem halten sich Berichte aus Arizona hartnäckig, dass Gannon noch eine Saison bekommen soll. Solche Berichte wirken absurd, wenn man Auftritte wie den am Sonntag gegen die Rams sieht. Wenn man ein leeres Stadion mit einem in der eigenen Division mal wieder chancenlosen Team sieht.

Und falls sich die Cardinals doch von Gannon trennen, bekäme die ganze Geschichte ein zusätzliches Kapitel, denn: Wie würde ein neuer Coach Kyler Murray evaluieren?

Trade-Szenarien: Wie geht es weiter mit Murray?

Relativ klar sollte sein: Sofern Gannon tatsächlich im Amt bleibt, wird Kyler Murray nicht mehr für die Cardinals spielen. Und ich gehe davon aus, dass Murray einen Trade-Markt haben wird - wenn Arizona gewillt ist, zusätzliche Teile des Vertrags zu übernehmen.

So könnten sie etwa zusätzliche Teile der für 2026 garantierten 36,8 Millionen Dollar übernehmen, dann stünde für den potenziellen Trade-Partner ein Zweijahresvertrag über rund 50 Millionen Dollar mit gut 30 Millionen Dollar garantiert zu Buche. Das ist ein machbarer Deal, der Trade-Value kreieren sollte.

Aus Cardinals-Sicht wäre das die beste Option. Ein Trade nächstes Jahr würde knapp 18 Millionen Dollar Dead Cap zurücklassen, zusätzlich zu einer möglichen Summe, die Arizona potenziell übernimmt, um den Trade attraktiver zu machen. Eine Entlassung würde knapp 55 Millionen Dollar Dead Cap hinterlassen ohne Trade-Gegenwert. Die Cardinals haben einen hohen Anreiz, um einen Trade möglichst attraktiv zu machen.

Und dann gibt es mehrere potenzielle Trade-Partner. Die Dolphins könnten hier eine Option sein, angesichts der massiven Regression im Spiel von Tua Tagovailoa. Die Steelers werden einen neuen Quarterback brauchen. Die Jets ebenfalls. Vielleicht die Raiders. Die Vikings sind die große Wildcard auf dem Quarterback-Markt, aber irgendeinen Move wird es hier geben müssen. Vielleicht sehen die Falcons einen aggressiven Schritt als notwendig, vor allem falls die medizinische Prognose bei Michael Penix sich als problematisch erweist.

Viele potenziell offene Posten, während der Draft auf der Quarterback-Position eher überschaubar sein wird. Es wäre, wenn man sich schon von ihm trennen will, ein großer Fehler vonseiten der Cardinals, nicht Cap-technisch alles dafür in Bewegung zu setzen, um den Trade-Markt für Murray möglichst attraktiv zu gestalten.

FOURTH DOWN: Diese Fragen müssen in den nächsten vier Wochen beantwortet werden

Die Regular Season geht ihrem Ende entgegen und während es für manche Teams dann mit den Playoffs erst so richtig losgeht, sind die kommenden vier Wochen für andere die letzte Gelegenheit, um wichtige Datenpunkte zu sammeln. Und um basierend darauf in der Offseason neue Weichen zu stellen.

Ist Shedeur Sanders eine Option für 2026?

Gemeint ist natürlich konkret als Starter in Cleveland. Die Browns sollten einen relativ hohen Pick haben, aber werden vermutlich nicht in der Top-3 picken.

Nach allem, was man Stand heute über die Quarterback-Klasse sagen kann, sprechen wir über eine in der Spitze eher dünn besetzte Gruppe. Gut möglich, dass nicht wenige Teams nur einen Quarterback als Top-10-Prospect sehen.

Das könnte zu einer interessanten Konstellation führen. Denn es ist gut möglich, dass die Giants oder die Titans am Ende an 1 picken. Beide brauchen keinen Quarterback. Das könnte zur Folge haben, dass sich mehrere Teams ein Wettbieten für den Trade um den ersten Pick liefern. Was eben auch bedeutet: Man muss schon sehr überzeugt sein, um das beste Angebot für einen Trade abzugeben.

Die Browns haben durch den zweiten First Rounder das Kapital dafür. Aber es ist gleichermaßen eine Chance für Sanders: Kann er genug zeigen, um den Verantwortlichen einen Trade "auszureden"? Das Spiel gegen die Titans war eine wilde Achterbahnfahrt, Sanders zeigte hier einerseits die bekannten Probleme - das lange Ballhalten allen voran -, aber hatte auch mehrere tolle Würfe und Big Plays dabei. Knüpft er daran an, erschwert er den Verantwortlichen diese Entscheidung.

Und natürlich ganz pragmatisch gedacht: Mit jedem Sieg bringt er die Browns weiter weg von einem hohen Pick.

Zeigt Tyler Shough den Saints genug?

Die Fragestellung bei den Saints ist ähnlich wie die in Cleveland, auch wenn die Ausgangslage etwas anders ist.

Denn in New Orleans können wir mit relativ großer Sicherheit davon ausgehen, dass das aktuelle Regime auch 2026 im Amt sein wird. Und: Der Kader der Saints ist zum ersten Mal seit sehr langer Zeit an einem Punkt, an dem aus Cap-Perspektive ein echter Neustart absehbar ist. 2027 könnten die Saints endlich mal wieder an einem relativen "Nullpunkt" mit ihrem Salary Cap sein.

Das könnte auch Auswirkungen auf die Quarterback-Timeline haben. New Orleans ist nicht an einem Punkt, an dem man 2026 einen Quarterback-Pick forcieren müsste. Die Timeline sollte eher Richtung 2027 bis 2030 ausgelegt sein, als auf 2026 und 2027.

Und dann gibt es auch ein ganz simples sportliches Argument, das die Sache mit Blick auf den kommenden Draft zusätzlich vereinfacht: New Orleans’ Rookie-Quarterback Tyler Shough hat in seinen wenigen Starts einige sehr positive Anlagen gezeigt. Er ist bislang von den Rookie-Quarterbacks nach Jaxson Dart die Nummer 2, rein auf die Leistungen in dieser Saison betrachtet. Er zeigt genug, und da stehe ich etwa mit Sanders noch nicht, um ihm in einem Übergangsjahr 2026 mehr Chancen zu geben.

Ist Aaron Glenn der richtige Coach für den Jets-Neustart?

Mit den Trades vor der Deadline haben sich die Jets zumindest langfristig sehr gut positioniert. New York hat jetzt zwei Picks in Runde 1 und zwei in Runde 2 im kommenden Draft sowie drei Erstrunden-Picks im Jahr danach. Das ist das Kapital, aus dem langfristig ein starkes Team aufgebaut werden soll, dafür hat man sich von Säulen in Quinnen Williams und Sauce Gardner getrennt.

Doch ähnlich wichtig wie das Draft-Kapital selbst sind die handelnden Personen, die aus diesem theoretischen Kapital neue sportliche Säulen machen sollen. Diejenigen, die die Spieler auswählen und formen sollen. Und deshalb lautet, nachdem die Jets uns klar gezeigt haben, welchen Weg sie einschlagen wollen, die nächste Frage: Welches sind die richtigen Entscheidungsträger für diesen Umbruch?

Die Vermutung liegt nahe, dass man GM Darren Mougey und Head Coach Aaron Glenn Zeit zugesichert hat, ehe die Deadline-Trades vollzogen wurden. Gerade Glenn soll hier intern ein sehr hohes Standing haben. Doch hat Glenn in seinem ersten Jahr als Head Coach genug gezeigt, um einfach davon auszugehen, dass er der richtige Kandidat für diese Rolle ist? Die Jets spielen noch gegen die Jaguars, Patriots und Bills, drei Playoff-Kandidaten, sowie gegen die Saints.

Ich gehe fest davon aus, dass die Jets nicht nur mit Aaron Glenn den Umbruch angehen werden, sondern dass er die prägende Figur davon sein soll. Kann er die Saison mit einem positiven Gefühl zu Ende bringen, um diesen Ansatz zu manifestieren?

Wie aggressiv müssen die Vikings auf der Quarterback-Position sein?

Es ist vielleicht die interessanteste Quarterback-Thematik auch im Kontext eines übergreifenden Themas dieser Saison.

Viel wurde über die letzten Wochen und Monate über Bridge-Quarterbacks gesprochen. Etwa darüber, wie ein Daniel Jones eine Offense entfesseln kann, indem er "nur" kompetentes Quarterback-Play mitbringt. Insbesondere in einer Saison, in der viele der Elite-Quarterbacks nicht auf ihrem gewohnten Level spielen, war und ist das ein prominentes Thema.

Die Vikings standen gewissermaßen an vorderster Front dieser Thematik. Weil sie mit Sam Darnold und Daniel Jones gleich zwei solcher Quarterbacks hatten, sich aber dafür entschieden, beide gehen zu lassen und alles auf die große unbekannte Karte namens J.J. McCarthy setzten.

Kaum jemand hatte nach der vergangenen Saison ein Problem mit dieser Entscheidung. Es war der logische Schritt. Das, worauf sie hingearbeitet haben.

Es wird sehr interessant sein, wie die allgemeine Stimmungslage nach dieser Saison aussieht. Die Sample Size mit McCarthy ist nach einer weiteren Verletzungspause weiter klein, aber was wir bisher gesehen haben, ist weit davon entfernt, der Franchise-Quarterback zu werden, den sich die Vikings erhofft haben. Auch weil die Sample Size so klein ist, könnte ein starkes letztes Saisonviertel das Narrativ maßgeblich verändern - wenn McCarthy denn Fortschritte zeigt.

Bleibt das aus, werden sich Kevin O’Connell und Kwesi Adofo-Mensah den Luxus nicht leisten können, ohne Vorbehalte und ohne doppelten Boden auf McCarthy zu setzen. Ich bin mir sicher, dass O'Connell ihm mehr Zeit geben will. Aber mindestens ein Quarterback vom Kaliber eines Marcus Mariota als Absicherung, sollte man McCarthy eher früher als später benchen müssen, wird in der Offseason Pflicht sein.

Die Frage, die bis dahin geklärt werden muss, lautet: Reicht das? Oder sprechen wir eher darüber, dass Minnesota nach einem klaren Starter Ausschau hält? Immerhin: Das Spiel gegen die Commanders war, wenn auch gegen einen hoffnungslos unterlegenen Gegner, ein Schritt in die richtige Richtung.

Retten Gannon, McDaniel oder Morris ihre Jobs?

Mit den Titans und den Giants stehen zwei offene Head-Coach-Posten bereits fest. Es ist, wenn man den Schnitt der letzten Jahre zugrunde legt, davon auszugehen, dass drei bis vier weitere dazukommen. Das können Posten sein, die wir vor der Saison nicht auf dem Zettel hatten: Pittsburgh? Baltimore? Buffalo? Cincinnati? Dazu bleibt abzuwarten, wie es mit Pete Carroll in Las Vegas weitergeht. Die Browns sind hier auch noch im Rennen.

Aber es gibt vor allem drei Coaches, die über den Rest der Saison sehr konkret um ihre Jobs coachen: Mike McDaniel in Miami, Jonathan Gannon in Arizona und Raheem Morris in Atlanta.

Alle sind bereits angezählt. McDaniel hat dabei die größte Kehrtwende vollzogen: Seine Entlassung schien bereits früh in der Saison nur noch Formsache zu sein. Mittlerweile hat er die Offense wieder in die Spur geführt und hat gezeigt, dass er den Locker Room nicht verloren hat. Reicht das für eine weitere Saison bei den Dolphins, die ihren GM bereits gefeuert haben? Welche Auswirkungen hat das auf McDaniels Rolle? Und was würde ein Verbleib von McDaniel für die Quarterback-Position in Miami bedeuten?

Morris und Gannon sind deutlich hinter den Erwartungen geblieben. Sowohl in Atlanta als auch in Arizona gab es Playoff-Ansprüche vor der Saison. Beide haben im Laufe der Saison ihre Quarterbacks verloren, wenngleich der Effekt hier unterschiedlich ist. Bei den Cardinals wirkt es so, als wäre ein langjähriger Backup in Jacoby Brissett der bessere Fit für die Offense als Kyler Murray.

Gannon könnte als Argument anbringen, dass er "seinen" Quarterback auswählen will. Morris hatte diesen Moment mit Michael Penix bereits. Und der Ertrag bislang ist überschaubar. Holt einer der beiden über den Rest der Saison genug heraus, um zu zeigen, dass er eine weitere Chance verdient hat?