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"Das Derby ist noch brachialer": Pentz über Bröndby-Kult, Inseltraum und WM

kicker

Dass Bröndby IF ein Big Player im dänischen Fußball ist und früher auch in Europa war, wird einem bewusst, wenn man vor dem beeindruckenden Stadion im sonst beschaulichen Vorort von Kopenhagen steht. Auch die lange Liste von international bekannten Nationalspielern wie Brian und Michael Laudrup auf gelben Bannern vermittelt einen guten Eindruck von der Bedeutung des Vereins. Lange Tradition und legendäre Fanszene machen ihn zum Kultklub.

Die Nummer eins im Tor des elffachen Meisters (zuletzt 2021) ist seit mehr als zwei Jahren Patrick Pentz. Der ÖFB-Keeper ist unumstrittener Fanliebling und ein Leader in der Truppe des walisischen Neo-Trainers Steve Cooper. Im Sommer hat der 28-Jährige mit Stürmer Michael Gregoritsch noch österreichische Verstärkung bekommen. Für das Duo geht es mit Bröndby am Sonntagabend gegen Nordsjaelland, dann am Montag zum Nationalteam nach Zypern. In der Legenden-Lounge mit Blick auf Rasen und Arena gab Pentz dem kicker davor noch ein Interview.

Bröndby ist berühmt für seine heißblütigen und lauten Fans. Wenn man mit den Trainingskibitzen spricht, berichten die auch von dem hohen Ansehen, das Sie sich bei den treuesten Anhängern des Klubs erarbeitet haben.

Was die Fans betrifft, sind wir in Dänemark klar die Nummer eins. Hier bei Bröndby merke ich erst richtig, was ein zwölfter Mann ist. Es ist schon mächtig, welche Atmosphäre bei uns herrscht, wenn jedes Mal mindestens 25.000 da sind. Ein gutes Beispiel war unser Heimspiel in der Conference-League-Quali gegen Reykjavik. Da haben wir auswärts mit 0:3 verloren und zu Hause mit 4:0 gewonnen, weil die Isländer mit der Stimmung komplett überfordert waren. Die haben nicht gewusst, wohin mit ihren Emotionen.

Nach dem Vizemeister 2024 und Rang drei in der Vorsaison sind Sie nach 14 Runden vorne mit dabei - Dritter mit nur drei Punkten Rückstand auf Aarhus.

Ich muss sagen, dass es sich jetzt gerade richtig gut anfühlt, hier zu sein. Die Energie im ganzen Klub ist top, die Umstellungen mit dem neuen Trainerteam wirken extrem positiv. Jeder kann sich mit der neuen Philosophie voll identifizieren. Man merkt halt deutlich, dass Steve Cooper ein Premier-League-Trainer ist, dass er in der besten Liga der Welt gearbeitet hat. Wir sind jedenfalls topfit und bereit für die letzten Wochen, bevor dann die langen zwei Monate Winterpause im Dezember und Jänner beginnen.

Am letzten Spieltag gab es ein 2:0 in Silkeborg - das fünfte Saisonspiel ohne Gegentor. Wie zufrieden sind Sie mit Ihren Leistungen und der aktuellen Form?

Es geht in eine sehr gute Richtung. Einige Dinge, die ich mit meinem neuen Tormanntrainer Justin Merz umgestellt oder neu gemacht habe, beginnen sich in den Spielen auszuwirken. Er ist im Sommer von Anderlecht gekommen, wo er in der letzten Saison mit Kasper Schmeichel gearbeitet hat. Super, dass wir ihn bekommen haben, weil er hochqualitativ trainiert. Er ist nur vier Jahre älter als ich - also haben wir eine coole Ebene. Es geht darum, in jedem Bereich das Optimum herauszuholen. Ich identifiziere mich mit seiner Philosophie und er dreht an den richtigen Schrauben. Und Luft nach oben gibt es immer.

Auch bei Ihrem Spiel mit dem Fuß, das als Ihre größte Stärke gilt?

Es geht gar nicht so sehr darum, am Fuß technisch stark zu sein, das sind viele. Wichtig ist, dass man im Spiel die Situationen unter Druck richtig einschätzen kann. Immer die Ruhe zu bewahren, wenn die Stürmer schon richtig andrücken, immer einen Exit-Plan zu haben - darauf kommt es an. Im Training die Bälle rauszuzangeln, ist leicht. Viele Goalies sind am Fuß gut, aber nur wenige sind bereit, das dann auch im Spiel durchzuziehen. In dem Bereich fühle ich mich sehr wohl, das stimmt.

Wie erleben Sie die dänische Liga, was Spieltempo, Qualität der Mannschaften, der Spieler und auch die Spielweise betrifft?

Was mich fast am meisten beeindruckt, sind die Transfererlöse, die von den Klubs erzielt werden. Nordsjaelland zum Beispiel kennt kein Mensch - und die verkaufen jedes Jahr ihren Stürmer um 20 Millionen. FC Kopenhagen tauscht im Sommer gefühlt die ganze Mannschaft aus, weil sie alle verkaufen - zum Beispiel Froholdt um 20 Millionen zu Porto. Die Premier League und alle anderen Topligen schauen extrem auf Dänemark, weil die Ausbildung einfach top ist. Man sieht ja auch, wo die dänischen Nationalspieler unterwegs sind, das ist brutal. Was Physis, Härte und Tempo in der Liga betrifft, war ich am Anfang schon überrascht. Ich denke, dass es die perfekte Vorbereitungsstufe für die Premier League ist, in der physischen Spielweise und der Qualität.

Ausgeglichenheit und Spannung in der Meisterschaft scheinen auch in dieser Saison gegeben zu sein.

Mit Aarhus, Midtjylland, FC Kopenhagen und uns sind vier Mannschaften auf einem sehr hohen Level. Midtjylland hat heuer in der Europa League schon Celtic weggeputzt und in Nottingham gewonnen. Und auch die Teams dahinter wollen immer Fußball spielen, was manchmal zu hohen Niederlagen führt, weil dann halt die Qualität nicht ganz ausreicht. Odense zum Beispiel mit dem deutschen Coach Alexander Zorniger, die laufen oft ins offene Messer, weil sie hinten rauszangeln und Fußball spielen wollen. Aber auch gegen die hinteren Klubs ist es nie leicht - und oben ist es sowieso brutal schwer.

Sie spielen ihre dritte Saison für Bröndby. Ihre Bilanz kann sich mit 71 Ligaspielen, davon 23 zu Null, sehen lassen. Fühlen Sie sich daheim hier?

Hergekommen bin ich ja für meine Chance auf die EM. Das war mein großes Ziel und zum Glück ist das ja auch aufgegangen. Von einem Topklub wie Leverkusen aus einer Top-Fünf-Liga geht man nicht leicht weg. Aber Bröndby hat mich auch sofort gecatcht, mit der Atmosphäre beim ersten Heimspiel und wie dieser Klub von dem ganzen Ort hier gelebt wird. Egal ob wir uns einmal in einer weniger guten Phase befinden, das Stadion ist voll und der Support ist da. Als Spieler tut das gut, zu wissen, für wen man spielt. Die kommen jeden Sonntag 20 Uhr, daheim wie auswärts zu den schlechtesten Uhrzeiten.

Wenn Sie an Ihre Austria-Zeit zurückdenken. Kann man das große Derby zwischen Bröndby und FC Kopenhagen mit dem Wiener Derby vergleichen?

Ja, es ist schon ähnlich. Mehr Leute halt - als bei der Austria zumindest - weil die Stadien größer sind - 28.000 bei uns und 33.000 im 'Parken'. Vielleicht ist die Atmosphäre im Derby noch einen Tick brachialer als in Wien. Aber ich habe es geliebt, im Rapid-Stadion zu spielen, und ich liebe es auch, im 'Parken' zu spielen. Wenn ich dort von allen beschimpft werde, denke ich mir, dass die alle meinen Namen kennen. Wenn die mich alle schimpfen, muss ich im Fußball also schon etwas erreicht haben. Ich kenne keinen von ihnen.

Mit Ihrem Jubel direkt vor dem Kopenhagen-Fanblock nach dem gehaltenen Elfer zum Derbysieg im April haben Sie neben Gelb-Rot vom Schiedsrichter auch endgültig Legendenstatus bei den Bröndby-Fans erlangt.

Ja, die haben das natürlich gefeiert - obwohl ich eigentlich gar nicht so viel gemacht habe. Der Schiedsrichter hat ein bisschen die Nerven weggeschmissen, weil an dem Tumult danach war ich ja gar nicht beteiligt. Emotionen gehören zum Fußball dazu. Und wenn ich mich 90 Minuten schimpfen lasse, würde ich gerne auch jubeln dürfen.

Können Sie sich vorstellen, noch lange hier in Bröndby zu bleiben? Oder darf es schon noch einmal die ganz große Bühne werden?

Mein Ziel ist, mit Bröndby einen Titel zu holen und meine Zeit hier damit zu vollenden. Weil im Endeffekt ist eine Top-Fünf-Liga schon noch einmal ein großer Wunsch von mir. Frankreich und Deutschland habe ich kennengelernt, wenn auch nur kurz. Also wäre ich bei England, Spanien oder Italien schon dabei. Was unser Trainer von der Premier League erzählt, ist halt ein absoluter Traum. Dafür gebe ich hier jeden Tag alles, um den nächsten Schritt gehen zu können. Ich habe letztendlich meine Entscheidungen immer für das Nationalteam getroffen - und für meine Chance, mit Spielpraxis im Teamkader zu bleiben. Deshalb habe ich von Reims gleich den nächsten Schritt zu Leverkusen gemacht, weil man bei so einem Klub nicht Nein sagen kann - und dann gleich wieder den Schritt zu Bröndby. Im Endeffekt werde ich meine Entscheidungen immer im Hinblick auf meine Nationalteam-Karriere treffen, weil mir das unglaublich wichtig ist. Es muss also ein Verein sein, der voll auf mich setzt.

Nach der EM, die in Österreich eine nicht für möglich gehaltene Euphorie ausgelöst hat, geht es nun in den nächsten zehn Tagen um die Qualifikation für die WM - die erste für Österreich seit fast 30 Jahren. Was sind die Qualitäten und Faktoren, die dieses Team zu einem besonderen machen - und die auch dafür sorgen sollen, dass das lange Warten ein Ende hat?

Ich denke, dass es unglaublich schwer ist, ein Nationalteam zu führen. Weil man nach den Leistungen in den Vereinen gehen muss, aber auch seinen Kern nicht verlieren darf. Wenn du eine Gruppe von Spielern hast, die 70 Mal oder öfter bewiesen haben, dass sie im Team funktionieren, dann musst du die immer dabei haben. David (Alaba/Anm.), Marko (Arnautovic), Sabi (Sabitzer), Grillo (Grillitsch) oder Gregerl (Gregoritsch) - da ist es egal, wie es gerade im Verein läuft. Diesen Kern brauchst du, um das Team zusammenzuhalten. Und dann fügst du immer wieder Leute dazu, die gerade gut performen. Das schafft der Teamchef einfach richtig gut - und das Trainerteam. So ist in den letzten Jahren diese einzigartige Chemie entstanden, wo jeder gerne zum Team kommt. Das war auch schon anders. Als ich das erste Mal dabei war, bin ich die ganze Zeit nur am Zimmer gesessen. Jetzt gibt es niemanden, der um irgendjemanden einen Bogen macht.

„Wir müssen das jetzt über die Linie bringen, am besten mit zwei Siegen. Wir schaffen die WM 2026“ (ÖFB-Torhüter Patrick Pentz vor den Quali-Spielen in Zypern und gegen Bosnien.)

Nach dem Dämpfer gegen Rumänien wird die Mannschaft die Qualifikation auf Zypern und daheim gegen Bosnien über die Ziellinie bringen?

Zypern wird alles andere als leicht, aber wir brennen auf diese Chance, die viele von uns, auch ich, nicht mehr bekommen werden. Das zu schaffen, wo wir das letzte Mal dabei waren, als ich gerade auf die Welt gekommen bin. Die Auslosung, wie wir die Spiele bis jetzt bestritten haben, wie wir in der Gruppe dastehen zwei Spiele vor Schluss - das ist jetzt einfach "meant to be". Wir müssen das jetzt über die Linie bringen, am besten mit zwei Siegen. Wir schaffen die WM 2026 - egal wer spielt, jeder stellt sich für dieses gemeinsame Ziel hinten an. Genau das zeichnet uns aus. Wir erreichen es gemeinsam für Österreich.

Wie würden Sie Ihre Zusammenarbeit und gleichzeitig Konkurrenzsituation mit Alexander Schlager im Nationalteam beschreiben?

Wir kennen uns schon lange, was die Sache erleichtert. Wir spielen Golf zusammen, sind oft Flight-Partner. Natürlich will jeder von uns im Tor spielen, aber es ist anders, als es beim Verein wäre. Im Team ist es gemeinsame Sache. Wenn der eine nicht da ist, ist der andere da. Es passt gut zwischen uns und im Endeffekt entscheidet der Teamchef, bei wem er für welchen Gegner das bessere Gefühl hat. Wir geben das Beste für Österreich und für die Mannschaft, nicht für uns selbst. Sich jedes Mal im Lehrgang beweisen zu müssen, ist ein geiles Gefühl - weil man immer die Chance hat. Dadurch haben wir eine super Trainingsqualität.

Kann man die Ihnen oft attestierte Nervenstärke auf dem Weg zum Profi-Torhüter eigentlich lernen? Sie strahlen in den heißesten Partien die größte Coolness aus.

Angst habe ich vor Spielen oder in Spielen noch nie gehabt. Ich versuche, das zu genießen, wenn von den Rängen, von den gegnerischen Fans der Druck und im Derby die Beschimpfungen kommen. Und ich verstecke mich im Spiel nie. Ich versuche immer, meinen Mitspielern zu helfen, auch wenn ich dadurch manchmal schlecht ausschaue. Weil es mir auch egal ist, was andere denken. Die Leute, die Ahnung haben und es sehen sollen, dass ich meinen Mitspielern geholfen habe, die sehen es eh. Und die, die keine Ahnung haben, sehen es nicht. Ich ziehe mir auch immer viel Sicherheit aus meinen Aktionen mit dem Fuß. Und wenn dann der erste Save des Spiels kommt, erleichtert es das natürlich auch.

Wer waren die wichtigsten Förderer, Trainer und Begleiter auf Ihrem Weg?

Da habe ich einige gehabt. Franzi Gruber und Alex Bade bei der Austria. David Thiel bei Leverkusen, mit dem ich noch in Kontakt bin. Robert Almer und Michi Gspurning bei Team. Eigentlich habe ich mir bei jedem etwas anderes mitnehmen können, das mir geholfen hat. Im Endeffekt war der erste, der mir das Vertrauen gegeben hat, Thorsten Fink bei der Austria. Ohne den wäre ich da nicht hineingerutscht. Das war mein Glück, dass der Fußball spielen wollte von hinten.

Was antworten Sie jungen Spielern, die Sie nach Rat und Tipps fragen?

Dass sie Spaß haben und den Moment genießen sollen. Es geht nicht um den Fame oder Social Media und auch nicht nur ums Geld. Das Schönste am Fußball ist, wenn man ein Derby gewonnen hat und sich mit seinen Mitspielern ein Bier aufmacht. Man muss das nicht posten, man muss im Moment leben. Das hat mir Lukas Hradecky in Leverkusen gelernt. Nach einem gewonnenen Spiel setzt man sich mit der Mannschaft zusammen, plaudert über das Spiel und trinkt ein Bier. Wenn man bei der EM im Bus sitzt und gemeinsam "I am from Austria" singt, dann sind das die Momente, für die man trainiert und Fußball spielt.