Auf "eine Reise in den Fußball hinein" wollte er die Mitglieder in der Berliner Messehalle 20 am Samstag mitnehmen - und mit zwei hinter ihm auf der Leinwand eingeblendeten Zahlen die Beschleunigung des Spiels und der Branche illustrieren. Von 3 Sekunden habe sich die Ballkontaktzeit in den vergangenen 20 Jahren auf 0,9 Sekunden verringert, sagte Dr. Peter Görlich und befand: "Dieses Spiel wird immer dynamischer, immer komplexer. Das bedeutet auch, dass Gelerntes nicht mehr reicht. Wir müssen uns ändern. Wir müssen aktuell sein, wir müssen inhaltsgetrieben agieren. Das funktioniert nur, wenn wir eine Kultur haben mit einem zentralen Bestandteil: Lust auf Leistung. Ansonsten werden wir abgehängt." Das war die Kernbotschaft von Görlich, der seit dem 1. September als Geschäftsführer von Hertha BSC amtiert und den Wechsel nach Berlin nach eigenen Worten "noch keine Sekunde bereut" hat: "Ich find's geil hier."
Görlich nach vier Siegen: "Uns reicht das nicht"
Trotz des jüngsten Aufschwungs und vier Zu-null-Siegen in Serie forderte Görlich alle auf, auf dem Gaspedal zu bleiben. "Vier Siege in Folge, das ist schön, das macht so eine Mitgliederversammlung einfacher", sagte der Ex-Hoffenheimer. "Jetzt könnten wir uns zurücklehnen und sagen: Vier Siege in Folge hatten wir lange nicht. Uns reicht das aber nicht. Es darf nicht genug sein. Wir halten den Druck im Kessel kontinuierlich hoch. Stefan Leitl hat das schön zum Ausdruck gebracht: Es muss normal sein, dass wir in Folge gewinnen. Wir alle sind dafür verantwortlich, dass wir diese Kultur, diese Leistungskultur, dieses Gewinnen-Wollen, dieses Sich-nicht-abfinden mit gewissen Situationen, dass wir das alle gemeinsam immer wieder leben." Der Klub habe sich "wieder berappelt mit der Kraft der Mitglieder - mit dieser Kraft müssen wir arbeiten".
Vier Themenfelder mit viel Verbesserungspotenzial
An der einen oder anderen Stelle werde sich der Klub "von Liebgewonnenem trennen und Dinge radikal neu denken". Görlich benannte vier identifizierte Themenfelder, auf denen "wir uns verbessern können und an der einen oder anderen Stelle auch müssen": Spieler- und Trainerentwicklung, Scouting- und damit auch Transferprozesse, Performance/Medizin und der Bereich Daten und Analyse. "In diesen vier Bereichen arbeiten wir, und da werden wir auch externe Expertise dazunehmen", kündigte der 58-Jährige an, der den Generalauftrag so zusammenfasste: "Wir als Hertha müssen Räume deuten und finden, in denen wir agieren können - auch bewusst anders agieren können. Wir haben eine überragende Plattform, eine Super-Basis, ein Riesen-Einzugsgebiet." Aber die Kernfrage lautet aus Görlichs Sicht: "Wie schafft Hertha den nächsten Schritt?"
Hertha glaubt weiter an den Aufstieg: "Das ist unser Ziel"
Das Thema Aufstieg haben die Bosse trotz Platz acht nach zwölf Spieltagen mitnichten abgehakt. "Die Mannschaft hat sich stabilisiert", betonte Präsident Fabian Drescher. "Der Weg ist noch weit, bisher haben wir keines unserer Ziele erreicht. Aber wir haben das Gefühl, dass die von uns in die Profimannschaft gesetzten Ziele alle noch in Reichweite sind." Auch Görlich, hinter dem in diesem Moment die Zahl "15.30" - die Anstoßzeit der Bundesliga am Samstagnachmittag - eingeblendet wurde, schwor die Mitglieder auf das Ziel Aufstieg ein: "Dafür lohnt sich alles, sage ich euch. Das ist unser Ziel. Gemeinsam kriegen wir es hin." Es gab Ovationen aus dem Publikum nach Görlichs erstem Auftritt vor der Klub-Basis, der zeigte: Da lebt einer die Dynamik, die er von anderen einfordert, selbst vor.