Hochmut kommt vor dem Fall. Mit diesem Sprichwort lassen sich zahlreiche Leistungen der Roten Teufel in den vergangenen Jahren unter diversen Trainern abstempeln. Immer wieder folgen auf überzeugende Leistungen extreme Leistungsabfälle, besonders gern gegen vermeintlich schlechtere Mannschaften. In diesen Tagen war es mal wieder so weit. Nach dem 4:1-Heimsieg über Holstein Kiel folgte die Reise nach Braunschweig, dem Tabellen-17., der nach acht Niederlagen aus den vergangenen neun Ligaspielen nicht viel schlechter hätte dastehen können. Doch bekanntlich diente der FCK am Samstag als dankbarer Aufbaugegner und ergab sich bei der Eintracht kampflos mit 0:2.
Die Nachlässigkeiten scheinen sich im Unterbewusstsein einzuschleichen. Denn dass der Auftritt im Grunde nicht akzeptabel war, wussten die Beteiligten selbst. "Es war eine der schlechtesten Leistungen, seitdem unser Trainer da ist. Wir wissen, dass wir auswärts oft in so eine Lethargie verfallen oder dass eben etwas fehlt. Das ist eine Sache, an der wir arbeiten müssen", gestand Torhüter Julian Krahl. "Das Spiel lief genau so, wie wir das nicht wollten. Wir waren in den Zweikämpfen nicht richtig da. Wir haben die zweiten Bälle nicht gewonnen, haben uns ein bisschen den Schneid abkaufen lassen", kommentierte Kapitän Marlon Ritter.
Reaktion gefordert
Bei der Aufarbeitung des Spiels stand deshalb weniger die übliche Analyse zahlreicher Szenen im Mittelpunkt. "Wir haben in aller Klarheit und Deutlichkeit andere Dinge besprochen, die mir wichtig waren, sodass die Spieler wussten, dass ich mit dem Spiel und der Tatsche nicht einverstanden bin, dass wir ein Muster haben", erklärte Lieberknecht am Montag und meinte damit eben diese rätselhaften Einbrüche. "Das Muster, dass wir emotional und fußballerisch hochklassige Spiele nicht bestätigen können. Da geht es um die Einstellung, die zu hinterfragen ist. Jetzt steht die Mannschaft in der Verantwortung, eine Reaktion zu zeigen. Die Spieler müssen einen Schalter umlegen, um diese Leistungen immer zeigen zu können."
Die Befürchtung, dass der FCK auch am Dienstagabend (18 Uhr, LIVE! bei kicker) im DFB-Pokal-Achtelfinale bei Hertha BSC ähnlich hilflos auftritt, ist zumindest mit Blick auf die früheren Einbrüche dieser Art unbegründet. Ein desolater Auftritt reichte meist, um die Spieler wachzuschütteln. Außerdem ließ sich das Team vom Pokalfieber stets packen. Exemplarisch steht die Saison 2023/24, als der FCK beinahe in die 3. Liga abgestiegen ist, zugleich aber das Pokalfinale erreicht hat - und auf diesem Weg im Viertelfinale auch die Hertha ausgeschaltet hat (3:1).
Abwehrstützen fehlen weiterhin
Um den Berliner Sport-Club in seiner aktuellen Form zu schlagen, braucht es aber einen ganz besonders gelungenen Auftritt. Dass Lieberknecht weiterhin auf zwei Stützen der Defensive verzichten muss, ist der Sache nicht zuträglich. Maxwell Gyamfi kehrt nach abgesessener Gelbsperre zwar zurück, für Ji-Soo Kim (Muskelfaserriss) und Paul Joly (Zerrung) kommt aber auch dieses Spiel noch zu früh. Speziell für Jolys Rechtsverteidigerposition muss sich Lieberknecht etwas einfallen lassen. Zuletzt durfte der eigentliche Stürmer Dickson Abiama dort ran, wusste aber ebenso wie auf seiner gelernten Position nicht zu überzeugen. Nach jetzt 27 Pflichtspielen ist der 27-Jährige noch immer ohne Torbeteiligung.
In der Liga begegneten sich beide Teams Anfang November, als die Berliner mit einem 1:0-Erfolg die Punkte auf dem Betzenberg einsackten. "Da haben wir die Stärken der Hertha gesehen, die insbesondere dann zum Tragen gekommen sind, wenn wir im Offensivspiel unsere Restabsicherung vergessen haben", erinnert Lieberknecht. "Wir wollen uns da jetzt aber auch nicht kleiner machen. Wir sind der Hertha auf Augenhöhe begegnet."