Allein mit dieser einen Szene versetzte Mika Wallentowitz die ganze Arena in Verzückung: Wenige Minuten vor der Pause des Topspiels gegen die SV Elversberg narrte er auf der rechten Angriffsseite seinen Gegenspieler Maximilian Rohr, als er den Ball mit der Hacke und durch Rohrs Beine zu Finn Porath weiterleitete. Das war ziemlich frech - und umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass Wallentowitz noch ein absoluter Grünschnabel im Profibusiness ist.
Wallentowitz ist noch nicht einmal volljährig. Der junge Mann wird erst zwischen Weihnachten und Neujahr am 28. Dezember 18 Jahre alt. Nur sechs 17-Jährige waren bei ihrem Profi-Startelfdebüt für Schalke noch ein paar Tage jünger als Wallentowitz (17 Jahre und 315 Tage), der zuvor bereits als Einwechselspieler zu Profi-Teileinsätzen gekommen war.
Fast so jung wie einst Thon und Co.
Die Sechs im Einzelnen: Assan Ouedraogo (Debüt 2023 im Alter von 17 Jahren und 80 Tagen), Olaf Thon (1983, 17 Jahre und 96 Tage), Julian Draxler (2011, 17 Jahre und 124 Tage), Volker Abramczik (1981, 17 Jahre und 151 Tage), Rüdiger Abramczik (1973, 17 Jahre und 174 Tage) und Michael Opitz (1980, 17 Jahre und 285 Tage).
Gegen Elversberg fiel Wallentowitz nicht nur wegen seiner imposanten Lockenpracht und des Hackentricks auf - er wusste in mehreren Szenen zu gefallen (kicker-Note 2,5). Die erste ereignete sich gleich in den Anfangsminuten.
Mit seinen herausragend weiten Einwürfen erinnerte er an die Einwurf-Künste des derzeit verletzten Teamkameraden Christopher Antwi-Adjei - eine händische Hereingabe des Talents von der rechten Seite führte nach kurzer Klärung der Elversberger über Mertcan Ayhan, Moussa Sylla und Torschütze Hasan Kurucay zum Treffer (4.). Es sollte der einzige an diesem Nachmittag bleiben.
Teenager mit Tempo und Tiefe
Vor allem fiel Wallentowitz durch seine hohe Laufbereitschaft auf. Der Teenager mit Tempo und Tiefe ackerte unermüdlich und ging weite Wege. Das Schichtende war für ihn erst in der neunminütigen Nachspielzeit gekommen. Bei seiner späten Auswechslung (90.+4, Anton Donkor kam für ihn) verließ er auf der Gegengeraden das Feld, der Weg zur Ersatzbank führte ihn also direkt an der Nordkurve vorbei, insbesondere von dort erhielt er Extra-Applaus.
Miron Muslic war froh, dass Wallentowitz 94 Minuten tatkräftig dabei half, die extrem angespannte Personallage aufzufangen. Gleichzeitig war der Trainer bemüht, die Begeisterung auszubremsen. "Ich bin sehr zufrieden. Bei diesem Kommentar belasse ich es", gab der Coach kurz und knapp zu Protokoll. Damit wollte er den Jungprofi in verantwortungsvoller Weise vor einem zu schnellen Hype schützen.
Auch unter Muslic verfolgt Schalke 04 den seit Jahren bewährten Weg, gezielt Eigengewächsen den Sprung ins Profigeschäft zu ermöglichen. Muslic hat längst angekündigt, Knappenschmiede-Spieler immer mal wieder "ins kalte Wasser schmeißen" zu wollen.
Großes Lob für die Knappenschmiede
Auch Vitalie Becker (20) und Ayhan (19) sind solche Eigengewächse, beide haben seit Wochen tragende Rollen im Zweitliga-Alltag der Königsblauen. Entsprechend verteilte Sportdirektor Youri Mulder am Wochenende ein "ganz großes Lob an unsere Knappenschmiede. Wir merken immer wieder, dass Spieler, die aus unserer Jugend kommen, sehr gut trainiert und sofort fit genug dafür sind, bei den Profis mitzumachen".
Ron Schallenberg blies ins selbe Horn, als der Mittelfeldspieler in Anlehnung an Wallentowitz' Leistung gegen Elversberg "ein Riesenlob an unsere Jugendabteilung" sendete. "Da kommt ein Junge hoch, der dieses Tempo der 2. Liga über 90 Minuten gehen kann, und das gegen eine Mannschaft, die es einem schwer macht. Das ist nicht selbstverständlich."
Wallentowitz kam zur Saison 2024/25 aus der Jugend des SV Werder Bremen als Offensiv-Allrounder zum FC Schalke, stolz hielt er seinerzeit an der Seite von Raffael Tonello (Sportlicher Leiter Knappenschmiede) das königsblaue Trikot in die Fotokamera, um den Transfer in die U 19 von Trainer Norbert Elgert zu dokumentieren. Anderthalb Jahre später wurde Wallentowitz nun zum siebtjüngsten Schalker Startelf-Profi.