Die Mitgliederversammlung auf Schalke ist alljährlich eine mit Spannung erwartete Veranstaltung, bei der es vor allem in den vergangenen Jahren häufig hoch herging. Bei seiner Eröffnungsrede am Samstag in der Arena der Königsblauen kam Aufsichtsratschef Axel Hefer darauf bewusst zu sprechen.
Mit Blick auf die "eisige" Atmosphäre vor genau einem Jahr sagte er: "So einen zwischenmenschlichen Ausfall und persönliche Beleidigungen soll es bei allem Frust nie mehr geben." Man dürfe stets "deutlich werden, aber unterlasst Schläge unter die Gürtellinie", mahnte er.
Verbale Entgleisungen wie vor einem Jahr waren für die Mitgliederversammlung 2025 nicht zu erwarten, dafür ist die Entwicklung des FC Schalke 04 in den vergangenen Monaten viel zu positiv - und prägend für die deutlich entspanntere Grundstimmung am Samstag in der Arena.
Davon begleitet waren dann auch die jeweiligen Reden der drei unisono entlasteten Vorstandsmitglieder Matthias Tillmann (Vorsitz mit den Schwerpunkten Marketing, Strategie und Fans), Frank Baumann (Sport), Christina Rühl-Hamers (Finanzen).
Baumanns Premieren-Rede
Mit besonderer Spannung war Baumanns Ansprache erwartet worden, schließlich war es seine erste Rede auf einer Schalker Mitgliederversammlung. Der Sportvorstand (offiziell seit 1. Juni) gab am Rednerpult genau das Bild ab, das man von ihm gewonnen hat: unaufgeregt, besonnen, klar. Der 50-Jährige hat sich in wenigen Wochen ein gutes Standing auf Schalke erarbeitet, das wurde auch am Samstag sehr deutlich.
Hilfreich dabei ist natürlich die sportliche Entwicklung des FC Schalke in den vergangenen Monaten unter Trainer Miron Muslic. Baumann skizzierte, dass die Führungscrew der Königsblauen akribisch die Schalker Spielidee ausgearbeitet hatte. "Destruktiver, passiver Fußball passt nicht zu Schalke", sagte Baumann. "Wir wollen eine Mannschaft sehen, die Teamgeist lebt, mutig und mit einem klaren Plan auf den Platz geht."
Im Anschluss galt es, "den passenden Trainer zu finden". Einen Mann mit Führungs- und Sozialkompetenz, dazu rhetorisch stark und mit einem mitreißenden Wesen. "Es kam für uns nicht überraschend, dass Mirons Name für Verwunderung sorgte", gab Baumann zu, "aber wir waren uns einig, dass sich die nicht geringe Ablöse auszahlen wird". 700.000 Euro überwies der finanziell angeschlagene Zweitligist an Championship-Absteiger Plymouth Argyle.
„Mit überschaubaren finanziellen Mitteln auskommen zu müssen, kannte ich aus meiner Zeit in Bremen.“ (Frank Baumann)
Ebenso für allgemeine Zufriedenheit auf den Rängen der Arena sorgten Baumanns Beschreibungen der Kaderzusammenstellung im Sommer. "Mit überschaubaren finanziellen Mitteln auskommen zu müssen, kannte ich aus meiner Zeit in Bremen", sagte der frühere Werder-Geschäftsführer Sport. Die Prioritäten seien klar gewesen: Sie lagen auf einem defensiven Fundament sowie einer Achse an Führungsspielern.
Gepaart mit der risikoreichen Bereitschaft, junge Talente um Vitalie Becker und Mertcan Ayhan stark einzubinden, hat das neue königsblaue Konstrukt auf Anhieb überraschend gut funktioniert. "Neun Siege aus den ersten zwölf Spielen haben unsere Erwartungen übertroffen", sagte Baumann, der hervorhob, dass auch Sportdirektor Youri Mulder "einen großen Anteil" am positiven Verlauf der vergangenen Monate habe: "Er hat viele Prozesse schon im Januar mit angestoßen und leistet hervorragende Arbeit."
Weitere Personalien: Nach der Freistellung von Kaderplaner Ben Manga kündigte Baumann für die kommenden Wochen personelle Lösungen rund um das Thema Scouting und Knappenschmiede an, zudem verkündete der Sportvorstand, dass Norbert Elgert "uns auch in der kommenden Saison als U-19-Trainer erhalten bleiben wird".
Rühl-Hamers' Blick in die Zahlen-Welt
Finanzchefin Christina Rühl-Hamers rückte in ihrer Rede den "Dreiklang" aus sportlicher Entwicklung, Gewinnerwirtschaftung und Liquidität in den Vordergrund, detailliert stellte sie den anwesenden Mitgliedern die kürzlich veröffentlichten Zahlen zum Geschäftsjahr 2024/25 vor. "In knapp vier Jahren hat Schalke fast 70 Millionen Euro Gesamtverbindlichkeiten abgebaut", betonte sie. "Das muss man erst einmal schaffen - trotz 2. Liga und nicht immer hilfreicher Tabellenplätze."
Die Anleihe 2025/2030 habe "alle Erwartungen weit übertroffen, auch ich bin davon überrascht", sagte Rühl-Hamers. "Die neue Anleihe wird ein großer Erfolg werden, es ist eine große Chance für Schalke". Eine Quintessenz ihres Berichts: "Wir befreien uns von Ketten, die uns seit vielen Jahren fesseln."
Tillmanns Sponsoring-Strategie
Vorstandsvorsitzender Matthias Tillmann erinnerte an die miese Grundstimmung auf Schalke nach dem finalen Saisonspiel 2024/25 im Mai gegen die SV Elversberg („Tiefpunkt einer enttäuschenden Saison und nur schwer zu ertragen“), im Vergleich zum Status quo stellte er fest: "Die Schalke-Welt könnte nicht unterschiedlicher sein".
Zwar ging auch Tillmann speziell auf Muslic („eine mutige Entscheidung, die wir mit Überzeugung getroffen haben“) sowie die gezielten datenbasierte Spielerverpflichtungen im Sommer („statt 15 nur 6 Neue und alle passen“) ein, als Marketingfachmann widmete er sich aber ausführlicher den "strategischen Änderungen im Sponsoring", das man "systematisch weiterentwickelt" habe.
"Die Umsätze wachsen wieder, weil wir auf ein breites regionales Fundament setzen." Für diese Saison konnte Schalke 04 bereits "16 neue Partner gewinnen, das hat kaum ein anderer Verein geschafft". Darüber hinaus seien Verträge mit starken Partnern verlängert worden, zum Beispiel mit Adidas (bis 2031).
Fördergenossenschaft trägt zu Sylla-Verbleib bei
Als er auf die insbesondere von ihm vorangetriebene Fördergenossenschaft zu sprechen kam, gab Tillmann zu, dass die "Erwartungen ambitionierter waren". Gleichwohl habe der aktuelle Betrag in Höhe von rund 8,5 Millionen Euro "geholfen und uns Planungssicherheit gegeben". Unter anderem habe man Moussa Sylla, mit 16 Treffern Schalkes Toptorjäger der Vorsaison, "nicht unter Wert verkaufen müssen".
Einen brandaktuellen Stand lieferte Tillmann hinsichtlich der Mitglieder. Im September hatte der FC Schalke die Marke von 200.000 Mitgliedern geknackt, "seitdem sind weitere 4000 dazugekommen". Man sei "zwar Zweitligist, aber Schalke war nie größer", betonte Tillmann. "Wir sind der sechstgrößte Verein der Welt, darauf können wir verdammt stolz sein."
Tillmanns Fun Fact: Mehr als 20.000 Ticketanfragen lägen dem FC Schalke allein für das kommende Auswärtsspiel bei Preußen Münster vor. "Wir sind ein Zweitligist, könnten das nächste Auswärtsspiel aber allein ausverkaufen." Tillmann adressierte seine Anerkennung direkt an die Schalke-Anhängerschaft: "Ihr seid bekloppt, und das meine ich mit aller größtem Respekt."