Er hätte auch diesen letzten Angriff in der Hoffnung auf den 2:2-Ausgleich gern selbst vorgetragen. Kevin Sessa war auf rechts aussichtsreich postiert und einigermaßen frei, aber der Ball kam nicht zu ihm. Sessa ließ kurz Luft ab, bald danach war Schluss im internen, 100-minütigen Trainingstestspiel am Mittwoch im Amateurstadion auf dem Olympiapark-Gelände. Und von Stefan Leitl gab es ein Lob. "Ich fand ihn richtig gut", sagte Herthas Trainer über Sessa, der an diesem Nachmittag auffälligster Berliner war. Ein Tor gelang ihm, ein weiteres verhinderte die Unterkante der Latte. Sessas Aktionen hatten Prägnanz, Dynamik und Seriosität-Attribute, die sein Spiel in den ersten knapp eineinhalb Jahren in Berlin öfter vermissen ließ.
Der Fauxpas gegen Münster hallte intern nach
Hinter dem Mittelfeldspieler, der nach seinem Wechsel vom Bundesligisten 1. FC Heidenheim zu Hertha BSC im Sommer 2024 bisher weder seine Erwartungen noch die seines Klubs erfüllt hat, liegt keine einfache Zeit. Beim Heimspiel gegen Preußen Münster (2:1) Anfang Oktober hatte der eingewechselte Sessa in der Nachspielzeit eine Zwei-auf-eins-Situation und das sichere 3:1 derart nachlässig vergeben, dass die noch auf dem Platz folgende Ansage von Co-Trainer Andre Mijatovic derart deutlich ausfiel, dass mancher für das Olympiastadion spontan eine Gewitterwarnung aussprechen wollte. Sessas Idee, Preußen-Keeper Johannes Schenk mit einem Lupfer zu überwinden, missriet in eindrucksvoller Gründlichkeit. Der mitgelaufene und von Sessa übersehene Mitspieler Michael Cuisance warf sich verzweifelt auf den Rasen, Leitl grantelte damals: "Du kannst solche Situationen nicht wegwerfen."
Leitl: "Ich sehe jetzt den Kevin Sessa, wie er spielen muss"
Es hat intern geknallt danach. In den folgenden vier Pflichtspielen ließ Leitl den 25-Jährigen auf der Bank - und wechselte ihn vier Tage vor dem Trainingstestspiel, beim 1:0 in Kaiserslautern, in der Schlussminute für Cuisance ein. Es war die Belohnung für gute Trainingsleistungen. Der Künstler hat offenbar in den Kampf-Modus geschaltet - zur Freude Leitls. "Er hat im Training nochmal einen Zahn zugelegt", sagte der Coach in dieser Woche. "Das ist die Reaktion, die ich von ihm sehen wollte. Ich sehe jetzt den Kevin Sessa, wie er spielen muss. Da geht's um Klarheit im Spiel, um Dynamik, um Drang nach vorn, um Abschlüsse." Die Konkurrenz im zentralen Mittelfeld ist mit Paul Seguin, Kennet Eichhorn, Diego Demme und dem zuletzt als Zehner aufgebotenen Cuisance gewaltig. Aber "Kevin", erklärte Leitl, "ist voll dabei".