Sieben Jahre stand Juan Carlos Ferrero an der Seite von Carlos Alcaraz und war maßgeblich daran beteiligt, dass der junge Spanier zu dem Spieler wurde, der er heute ist. 24 Titel, darunter sechs Grand Slams, gewann man gemeinsam und stürmte dabei bis ganz nach oben an die Weltspitze des Herrentennis. Seit Mittwoch gibt es dieses Erfolgsduo nun aber nicht mehr - und seitdem wird spekuliert, warum es zu der Trennung kam.
So kamen Gerüchte auf, wonach es zwischen Ferrero und Alcaraz Differenzen in puncto Arbeitsethos gegeben habe. Der 45-jährige Ferrero soll nicht damit einverstanden gewesen sein, dass Alcaraz das Training manchmal schleifen ließ - mehr Struktur, mehr Trainingszeit und eine klarere Trennung zwischen Freizeit und Sport waren dem Coach wichtig. Das hatte Ferrero auch öffentlich immer wieder formuliert und auch Jannik Sinner und dessen unermüdlichen Fokus als Referenz angeführt. Ob seine öffentliche Ermahnung, wonach sich Alcaraz, der gerne auch mal feiern geht, entscheiden müsse, ob er ein süßes Leben führen oder der beste Tennisspieler der Geschichte werden wolle, das Verhältnis der Zwei stark belastet hatte, ist nicht bekannt - einen Riss wurde aber jedenfalls sichtbar.
Heikel sollen auch Showmatches gewesen sein, so spielte der Weltranglistenerste im vergangenen Jahr solche Matches auch unmittelbar nach Verletzungen. Für Ferrero waren diese lukrativen Exhibition-Matches lästig, eine unnötige Belastung und schlussendlich verlorene Zeit, die man besser hätte investieren können. So bemängelte Ferrero Stillstand in taktischer Hinsicht - und in der Tat hat sich das Spiel von Alcaraz in den vergangenen Jahren kaum verändert, der 22-Jährige verlässt sich noch immer auf seine Athletik, sein Tempo und seinen Spielwitz.
Gehaltseinbußen und nur 48 Stunden
Neben diesen inhaltlichen Aspekten sollen aber auch finanzielle Gründe eine Rolle bei der Trennung gespielt haben. So berichtet Marca etwa von einem Vertragsstreit im Hinblick auf eine zuletzt verhandelte Vertragsverlängerung. "Juan Carlos erhielt den neuen Vertrag am Samstagmorgen der vergangenen Woche mit der Bedingung, ihn innerhalb von 48 Stunden anzunehmen oder abzulehnen. Das Dokument soll mehrere Klauseln enthalten haben, die der valencianische Trainer für inakzeptabel hielt", heißt es in dem Bericht, in dem aber auch betont wird, dass in dem unterbreiteten Vorschlag zwar eine deutliche Gehaltskürzung des Trainers vorgesehen war, diese aber gar kein so großes Hindernis dargestellt haben soll. "Andere Aspekte mit direktem Bezug zum Tennis" sollen eine viel größere Rolle gespielt haben.
Das passt dann auch zu einem Bericht des Portals Clay, das unter Berufung auf das engere Umfeld des Weltranglistenersten von "signifikanten Meinungsverschiedenheiten zwischen Ferrero und Alcaraz' Vater" in Bezug auf die weitere Karriere des Ausnahmespielers berichtete. Carlos Santos, einst Jugendtrainer von Alcaraz und damit so etwas wie Ferreros Vorgänger, schätzt auch, dass Alcaraz Senior die treibende Kraft hinter der Trennung sein soll. "Wenn man darüber nachdenkt, ist es letztendlich Carlos' Vater, der alles in der Hand hat. Carlitos hat damit nichts zu tun. Das heißt, Carlitos hätte so lange weitergemacht, wie Juan Carlos es gewollt hätte", sagte dieser gegenüber Eurosport und verwies auch darauf, dass der 22-Jährige zuletzt immer seltener in Ferreros Akademie gewesen sei.
Das spricht wieder dafür, dass die unterschiedlichen Vorstellungen im Hinblick auf das Arbeitsethos ausschlaggebend gewesen sein können. Letztlich wird man es aber erst genau wissen, wenn eine der beiden beteiligten Parteien sich dazu auch klar äußert.