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Fußball

Johannes Spors exklusiv im KMD-Podcast: "Habe eine Liste über 80 Spieler bekommen"

Johannes Spors exklusiv im KMD-Podcast: "Habe eine Liste über 80 Spieler bekommen"DAZN
Es ist eine etwas andere Karriere im Profi-Fußball. Von der Universitätsbank über einen studentischen Analystenjob bis zum Sportdirektor in der Serie A. In der 121. Folge des KMD-Podcasts ist Johannes Spors zu Gast und erzählt von seiner bisherigen Karriere und seiner Philosophie bei der Kaderplanung.

Johannes Spors sitzt mit Blick auf das Mittelmeer in einer italienischen Villa aus dem 16. Jahrhundert auf dem Trainingsgelände in Genua. Seit Dezember 2021 hält er die Fäden beim Genua CFC in der Serie A in der Hand. Im Gespräch mit Alex Schlüter und Benni Zander erzählt er seinen Werdegang von der Universität über Hoffenheim, Leipzig, den HSV und Vitesse Arnheim nach Italien. In Genua hat er nun die Aufgabe, aus dem ältesten Klub des Landes eine gute Serie-A-Mannschaft zu machen. Er übernimmt Genua in größter Abstiegssorge. Die Mannschaft steht auf dem vorletzten Platz. Finanziert wird das Projekt von US-amerikanischen Investoren. Auch über Investments im modernen Fußball wird in der aktuellen Folge kicker meets DAZN gesprochen.

Nach dem Interview blicken Alex und Benni intensiv auf das zurückliegende Nordderby in der 2. Liga. Besonders wird der Blick nach Bremen gerichtet. Kicker-Reporter Tim Lüddecke gibt seine Einschätzungen ab. Außerdem wird wie immer ausführlich das vergangene Wochenende in der Bundesliga besprochen.

Zu hören ist die Folge KMD 121 wie immer überall, wo es Podcasts gibt:

Johannes Spors in kicker meets DAZN über…

… seine beruflichen Anfänge

"Ich habe in Heidelberg Sportwissenschaft und Politikwissenschaft auf Lehramt studiert, habe aber nie einen Fuß in eine Schule gesetzt. Ich bin vorher abgebogen. Mit 24 Jahren habe ich als Analyst bei der TSG Hoffenheim angefangen. Ich hatte das Glück, diesen jungen und innovativen Verein in der 3. Liga zu haben. Am Anfang hatte ich klassisch eine Kamera auf dem Rücken und habe die Spieler gefilmt. Gemeinsam mit Lars Kornetka habe ich damals den Bereich aufgebaut. Das war die Tür, die mir geöffnet wurde. Ich hatte das Glück als junger Mitarbeiter und noch als Student in dem alten Trainingsgelände, wo es nur wenige Räumlichkeiten gab, anfangen zu dürfen. Mit großen Augen und Ohren saß ich dabei, während Ralf Rangnick, Jan Schindelmeiser und Helmut Groß in der ersten Reihe waren. Meine Aufgaben waren sehr limitiert am Anfang. Dann wurde mir Schritt für Schritt mehr Verantwortung übertragen: zuerst für die zweite Mannschaft, dann bin ich Chefanalyst der Bundesligamannschaft geworden, dann Chefscout."

… die Phase nach Ralf Rangnick

"Hoffenheim hatte nach Ralf Rangnick erst einmal eine instabile Phase mit vielen Trainerwechseln. Mit neuen Trainern und neuen Sportdirektoren musste ich immer schauen, dass meine Arbeit eine Akzeptanz findet. Als taktischer Analyst begibt man sich ja in den Kernbereich eines Trainers. Dafür muss man empathisch sein. Wie weit kann ich bei dem Trainer gehen? Wo sieht er eine Grenze der Kompetenzen überschritten? Wo bin ich eine Hilfe? Das war für mich total lehrreich."

… den Werdegang vom Analysten bis ins Management

"Ich habe schon Fußball gespielt, aber nicht besonders hoch und auch mit relativ wenig Ambitionen. Ich bin akademisch ausgebildet. Es gibt diese alte 10.000-Stunden-Regel und in meinen Jahren bei Hoffenheim war es kaum möglich mehr Spiele zu schauen und zu analysieren, als ich das gemacht habe. Das war die Ausbildung. Ich habe auch davon profitiert, dass ich in Hoffenheim diese klare Spielidee ausgebildet bekommen habe. Ich wurde von Helmut Groß und Ralf Rangnick mit dieser Spielphilosophie ausgebildet. Aus der taktischen Mannschaftsanalyse in die Individualanalyse, ins Scouting, war der Weg stringent. Der Weg dann auch ins Management hat sich organisch ergeben."

… Tipps an junge Menschen, die Lust auf das Fußball-Business haben

"Ich kann jeden, der darauf Bock hat, ermutigen, die Augen und Ohren aufzumachen. Mittlerweile gibt es auch Studiengänge und man kann einfach Fußball gucken. Geht in die U19-Bundesligen. Schaut einfach Fußball."

… die Profilbildung im Scouting

"Teamarbeit ist das alles Entscheidende. Im Scouting ist wichtig, dass man früh weiß, wonach man sucht. Da kommen wir wieder zum Thema Spielphilosophie. Daraus werden klare Profile abgeleitet. Natürlich macht es mir Spaß, zu sehen, wenn Spieler aus meiner Zeit auch noch heute zum Beispiel in Hoffenheim spielen, wie Pavel Kaderabek. Leipzig war eine gute Zeit als Chefscout. Ich habe wieder mit Ralf Rangnick zusammengearbeitet. Neben den ökonomischen Möglichkeiten war die Profilbildung sehr klar."

… seine Zeit beim HSV

"Nach Hoffenheim und Leipzig war mir klar, dass ich den Schritt in die erste Reihe waren will. Mir war auch klar, dass es neben Hoffenheim und Leipzig auch noch andere Modelle gibt. Ich wollte sehen, welche anderen Modelle es gibt und was auch die Unterschiede sind. All das habe ich beim HSV in dieser Zeit gesehen. Es war eine spannende und lehrreiche Zeit, in einem Umfeld zu arbeiten, in dem quasi monatlich bis wöchentlich Entscheidungsträger ausgetauscht wurden. Dann kam es zum Punkt, dass wieder Personal ausgetauscht wurde. Mir war klar, dass ich dann den Schritt in die erste Reihe gehen wollte. Ich habe mir dann auch Zeit genommen, zu warten und zu schauen, wo sich eine Tür öffnet und wo ich mich verwirklichen kann."

… seinen Weg zu Vitesse Arnheim

"Ich hatte das Glück, dass Vitesse Arnheim ein klares Profil suchte. Sie haben einen jungen, modernen, internationalen Sportdirekter mit Recruitement-Hintergrund – also Kaderplaner – gesucht. Ich bin kontaktiert worden und habe dann versucht zu erklären, wie ich meine Arbeit dort angehen werde. Genau das haben wir dann auch umgesetzt. Die Spielidee stand an oberster Stelle. Wir werden einen Trainer suchen, der dazu passt und werden die Analyse, Scouting, medizinische Abteilung danach ausrichten. Das hat überzeugt. Vitesse war der perfekte erste Schritt für mich."

… Flexibilität in der Spielphilosophie

"Es ist wichtig, auf der einen Seite vorzugeben, welche Dinge nicht verhandelbar sind, aber auch empathisch darauf einzugehen, wie man sie am besten gemeinsam umsetzen kann. Dann muss man auch akzeptieren, dass sich mal in einem Teilbereich nicht alles zu 100% umsetzen lässt."

… den Schritt nach Genua

"Ein Headhunter kam auf mich zu und hat mir das Projekt in Genua mit US-amerikanischem Investmentfond als Eigentümer vorgestellt. Den Schritt in die Serie A und in dieses Umfeld fand ich als nächsten Schritt wahnsinnig reizvoll."

… den Start bei Genua CFC

"An einem Donnerstagabend habe ich noch das letzte Europapokalspiel mit Vitesse gespielt. Am Freitag bin ich direkt zum Derby Sampdoria gegen Genua CFC geflogen. Wir haben 0:3 verloren. Das war schwierig reinzukommen, aber am Anfang ist es immer das Gleiche: Augen auf, Ohren auf. Ganz viele Gespräche führen. Versuchen zu verstehen, wer welche Aufgabe hat. In erster Linie geht es um das Trainerteam und die Mannschaft auf dem Platz. Das erste Transferfenster war nicht so arg weit weg. Es war klar, dass wir ein paar Entscheidungen treffen müssen. Als Sportdirektor lässt du dir als erstes die ökonomischen Fakten geben und über die Spieler und Verträge. Dann habe ich eine Liste über 80 Spieler bekommen."

… den von ihm initiierten Trainerwechsel in Genua

"Ich war überzeugt davon, dass wir wieder nach einer klaren Spielidee handeln müssen, dass das das nicht verhandelbare Element ist und wir das gemeinsam durchziehen. Ich bin überzeugt davon, dass es eine positive Energie hier im Klub freisetzt und die Spieler mitnimmt. Langfristig wollen wir eine Spielidee entwickeln, Spieler entwickeln und einen anderen Spielstil haben, als das in der Serie A üblich ist. In der Bundesliga ist das gang und gäbe, in der Serie A ist das anders. Ich erhoffe mir, dass wir uns damit unseren Platz erarbeiten können. Von daher ist die Entscheidung ganz bewusst für Alex Blessin gefallen. Ich halte sie auch nach wie vor für sehr gut."

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… die persönliche Komponente beim Austausch von Personal

"Ich versuche mit den Leuten hier sehr viel zu sprechen und schnelle Entscheidungen zu treffen. Es hilft niemandem, Entscheidungen zu verschleppen. Wenn man überzeugt ist, geht es darum, eine schnelle Entscheidung zu treffen und danach wieder Vertrauen zu geben. Ich habe Andrij Shevchenko und ein großes Trainerteam von den Aufgaben entbinden müssen und ein neues Trainerteam reingeholt. Seit dem Punkt ist klar, dass das unser Team ist. Das betrifft natürlich auch die Spieler. Wir haben im Winter neun Spieler verpflichtet und 13 abgegeben. Das ist für eine Sommertransferperiode schon irre viel und wir haben das im Januar gemacht. Danach muss man natürlich Teambuilding betreiben."

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… die Veränderung des Kaders im Januar

"Wir haben im Januar den Klub von der ältesten Mannschaft der Serie A zum fünftjüngsten Team geformt. Davon bin ich überzeugt. Wir hatten den ältesten Kader. Erfahrung zu rekrutieren war kein Thema, weil wir die Erfahrung ja schon hier hatten. Die Erfahrung ist wichtig. Es spielen auch immer noch ganz erfahrene Spieler bei uns. Es war wichtig, mehr Energie und mehr Tempo in den Kader zu bekommen. Es war eine Balance. Wir müssen in der Kurzfristigkeit das Beste rausholen, aber wir müssen den Verein auch mittel- und langfristig entwickeln."

… das Team um ihn herum

"Am Ende treffe ich die Entscheidungen und muss sie verantworten. Um mich herum brauche ich ein sehr gutes Team, auf das ich mich verlassen kann. Deren Expertise ist im Idealfall in ihrem Fachbereich höher als meine. Eine gute Beziehung zu den Mitarbeitern ist wichtig."

… die Erwartungshaltung in Genua

"Hier geht es um den langfristigen Aufbau, sonst wäre ich auch nicht gekommen. Jeder weiß um die Tabellensituation. Auch wenn wir uns in allen Werten mit Alex Blessin dramatisch verbessert haben, spielen wir immer noch nur unentschieden. Die ersten fünf Spiele unter Alex sind alle unentschieden ausgegangen. Ich glaube die Mannschaft ist jetzt auch bereit, Spiele zu gewinnen. Es ist ein harter Kampf, ein intensiver Weg. Das ist das eine. Das andere ist die Arbeit mit den Investoren, der Aufbau des Klubs. Es wäre völlig naiv zu behaupten, dass man alles in einem halben Jahr so dramatisch ändern kann, dass man sofort erfolgreich ist. Vor allem, wenn der Verein jetzt 20 Jahre ganz anders geführt wurde. Das wird sicherlich dauern. Bis der Kader so ist, wie wir ihn wollen, wird auch dauern. Die Zeit haben wir. Die Erwartung ist, dass wir das mit sehr viel Energie und Tempo machen und dass wir den Weg konsequent gehen, die Spielidee implementieren und danach den Kader bauen. Darüber wird transparent kommuniziert und bisher macht das großen Spaß."

… die Reaktion der Fans auf das US-Investment in Genua

"In der Serie A sind inzwischen sehr viele Vereine von Investoren geführt. Was die Fans hier sehen wollen, ist, dass wir mit viel Energie und Aggressivität in die Spiele gehen. Wenn wir am Freitag unentschieden gegen Inter Mailand spielen, wird das honoriert, weil sie sehen, dass die Jungs auf dem Platz brennen und mit viel Energie in die Zweikämpfe gehen. Typische Arbeiterstadion-Atmosphäre. Damit zünden wir die Leute an. Alex macht das als Trainer auch super und ist total akzeptiert in dem Umfeld."

… die Planung von Transferfenstern

"Ich muss natürlich den Überblick über alle Verträge, Laufzeiten und Klauseln haben. Jetzt ging es erst einmal darum, kurzfristig die richtigen Entscheidungen zu treffen, natürlich auch mit dem Blick über den Sommer hinaus. Wir planen jetzt schon sehr aktiv den Sommer. Die nächsten 18 Monate muss man sehr präsent auf dem Schreibtisch haben."

… seine Zukunft im Falle des Abstiegs

"Wir planen zweigleisig. Auch im Falle des Abstiegs bin ich hier im Büro. Wir verbessern uns in allen Kennwerten. Von den fünf Spielen mit Alex hätten wir drei gewinnen müssen. Es kann sein, dass uns im Abstiegskampf am Ende die Zeit ausgeht. Wir haben relativ spät in der Saison übernommen. Dann geht es darum, Anlauf zu nehmen und mit ganz viel Schwung in die neue Saison zu gehen."

… Investoren, die in mehrere Klubs gleichzeitig investieren

"In Deutschland ist man da fast auf einer Insel mit 50+1. In den Ligen, in denen ich unterwegs war, ist das gang und gäbe. Es treten immer mehr Investoren auf, die mehr als einen Klub kaufen. Das ist eine klare Tendenz im internationalen Fußball."