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"Sabotage" in Kamerun: Zwei Kader und Eto'o im Zentrum des Chaos

kicker

Ein körperlicher Angriff auf einen YouTuber während der WM 2022, eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung und Vorwürfe rund um Spielmanipulation: Die seit 2021 währende Amtszeit von Samuel Eto'o als Präsident des Fußballverbands von Kamerun ist durchzogen von Skandalen und Chaos. Mit den Querelen rund um den diesjährigen Afrika-Cup haben die Verwerfungen im Land des fünfmaligen Champions nun auch sportlich einen neuen Tiefpunkt erreicht.

Rund drei Wochen vor dem Cup hatte Eto'o den Nationaltrainer Marc Brys entlassen und in David Pagou einen weitgehend unbekannten Nachfolger installiert, der bislang nur in der heimischen Liga aktiv war. So weit, so ungewöhnlich. Doch danach wurde es noch viel kurioser: Der Belgier Brys akzeptierte seine Abberufung nämlich nicht einfach, sondern sprach Eto'o die Befugnis ab, ihn zu entlassen.

„Er wollte mich von Anfang an loswerden.“ (Marc Brys über Samuel Eto'o)

Seine Argumentation: Brys war 2024 von Kameruns Sportministerium zum Trainer ernannt worden - offenbar schon damals gegen den Willen von Eto'o. Dementsprechend könne er auch nur vom Sportministerium entlassen werden. "So lange es kein vom Staatspräsidenten unterschriebenes Dokument gibt, das David Pagou zum Trainer erklärt, heißt der Trainer der Unbezähmbaren Löwen Marc Brys", sagte der Belgier dem französischen Sender TV5Monde.

Darüber gebe es "keine Diskussion". Seit über 30 Jahren werde der Nationaltrainer Kameruns nämlich vom Sportministerium berufen - und nicht vom Fußballverband. Den ehemaligen Weltklassespieler Eto'o bezeichnete Brys als "narzisstisch", das Vorgehen als "Sabotage" und seine Entlassung als "illegal und lächerlich". Gegenüber dem belgischen Sender VTM Nieuws erklärte er: "Eto'o wollte mich von Anfang an loswerden. Er hat mich von der ersten Minute an beleidigt."

Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, nominierte Brys sogar trotz Entlassung noch seinen Kader für den Afrika-Cup - obwohl der Verband schon mit der Ernennung von Pagou direkt dessen Aufgebot mitgeteilt hatte. Inwiefern es sich wirklich um die Auswahl des neuen Coaches handelt, wird noch spekuliert. So fehlt etwa in Keeper André Onana einer der prominentesten Spieler beim Cup, unter Brys war der Torhüter eigentlich die Nummer 1, mit Eto'o stand Onana aber auf Kriegsfuß. Bereits beim Afrika-Cup 2024 war Onana vom damaligen Nationaltrainer Rigobert Song auf die Bank gesetzt worden - auf Druck von Eto'o hin, wie es damals hieß.

Noch pikanter ist die Nichtnominierung von Stürmer Vincent Aboubakar, der in Brys' "Schattenkader" ebenfalls auftaucht, in dem von Pagou aber eben nicht. Im Kamerun machten Berichte die Runde, wonach Eto'o den 33 Jahre alten Routinier nicht im Team haben wolle, weil dieser ihm sonst als Rekordtorschütze des Landes gefährlich werden würde. Eto'o, der nebenbei auch Rekordtorschütze des Afrika-Cups ist, kommt auf 56 Treffer für Kamerun, Aboubakar liegt mit 45 in Schlagdistanz.

Choupo-Moting nicht dabei - Streitfall Kofane

Auch der Ex-Bundesliga-Profi Eric Maxim Choupo-Moting gehört trotz 18 Saisontoren für die New York Red Bulls in der MLS nicht zum Kader. Dafür wurde in Arnold Mael Kamden ein Spieler nachnominiert, den selbst in Kamerun kaum jemand kennt. Der 25 Jahre alte Mittelfeldspieler spielt in Brasilien für den CS Sinop, im brasilianischen Ligensystem ungefähr auf sechster Ebene angesiedelt.

Ebenfalls mit dabei ist Leverkusens Christian Kofane - was durchaus bemerkenswert und wohl wiederum auf den Trainerwechsel zurückzuführen ist. Denn Brys hatte den Senkrechtstarter aus der Bundesliga zwar bereits für die vergangenen Lehrgänge nominiert, der hatte die Einladung jedoch ausgeschlagen.

Sein Berater hatte dem kicker gegenüber noch im Oktober versichert, dass Kofanes Verzicht auf die Nationalmannschaft, um sich auf Bayer 04 zu konzentrieren, für die gesamte Saison gelte. Nun ist der Stürmer, der aus einer von Eto'o betriebenen Akademie stammt, doch in Marokko dabei. Und es drängt sich der Eindruck auf, dass das nicht der Fall gewesen wäre, wenn der Trainer noch Brys geheißen hätte. Die Personalie war über die gesamten letzten Monate ein weiterer Streitfall in einem Machtkampf, den Eto'o nun zu gewinnen scheint.

Brys' Entlassung begründete der kamerunische Verband mit "respektlosem Verhalten gegenüber der Verbandsführung" - sprich gegenüber Eto'o. Brys habe sich geweigert, an Sitzungen teilzunehmen, Kaderlisten ohne Genehmigung veröffentlicht und Spieler dazu angestiftet, sich gegen den Verband zu stellen.

Der Machtkampf im Land kennt hauptsächlich einen Verlierer: den kamerunischen Fußball. Denn das bizarre Schauspiel der letzten Jahre hat sich sportlich in der Vergangenheit bereits niedergeschlagen. Beim Afrika-Cup 2024 war für das einstige Aushängeschild des afrikanischen Fußballs bereits im Achtelfinale Schluss, die Qualifikation für die WM 2026 hat das Land verpasst - obwohl für den afrikanischen Verband mehr Startplätze zur Verfügung standen.

Am Sonntag wartet nun der erste Prüfstein bei diesem Afrika-Cup gegen Titelverteidiger Elfenbeinküste - mit Pagou an der Seitenlinie. Brys hingegen besteht darauf, selbst noch im Amt zu sein. "Niemand hat mir offiziell mitgeteilt, dass ich entlassen bin - weder mündlich noch schriftlich", sagte er kurz vor dem Start des Turniers. Er habe deshalb beim Sportministerium um sein Flugticket nach Marokko gebeten - und keine klare Antwort erhalten. "Man muss kein Genie sein, um zu verstehen, was das bedeutet."

Eto'o selbst hat sich zu der Posse noch nicht geäußert. Sein angekratzter Status als Nationalheld könnte weitere Risse bekommen, wenn sein Schachzug in Marokko nun nicht aufgeht. Im Verband wurde wegen Manipulationsvorwürfen bereits gegen ihn ermittelt, seinen Rücktritt hatte er schon 2024 angeboten. Gut, dass der Auftakt ins Turnier mit einem 1:0 über Gabun gelang, das Achtelfinale aufgrund des Turnier-Modus bereits winkt. Der neue Trainer Pagou widmete den Sieg zum Start auf der anschließenden Pressekonferenz übrigens seiner Familie - und Samuel Eto'o.