Mit vier Siegen starteten die Bills in die aktuelle Spielzeit; darunter beeindruckende Erfolge gegen die Konkurrenz aus Baltimore sowie die direkten Division-Rivalen aus Miami und New Jersey. Doch spätestens mit dem jüngsten Rückschlag, im Wiedersehen mit den Dolphins, wodurch Buffalo auf eine 6-3-Bilanz fiel und die Spitzenposition der AFC East an New England abtrat, waren signifikante Probleme im Roster nicht länger von der Hand zu weisen.
Viel mehr noch, die Bills drohen ihre Titelchance abermals wegzuwerfen - in einer Saison, in welcher sie größer ist als in vielen Jahren zuvor. Denn während die Ravens zwar siegen, Quarterback Lamar Jackson aber noch längst nicht voll im Saft steht, und die Chiefs verwundbarer wirken als je zuvor in der Patrick-Mahomes-Ära, wartet die AFC nur darauf, von jemandem erobert zu werden. Und es sollten die Bills sein.
Einmal der größte Fisch im Teich sein
Metaphorisch gesprochen, schwammen die Bills in den vergangenen Jahren in einem Teich, in dem sie zurecht glaubten, der größte Fisch zu sein. Spätestens in den Playoffs entpuppte sich das dann als Irrglaube. Plötzlich schwamm Kansas City vorbei, die größer waren. In der entfernteren Vergangenheit war es häufig New England. Im Jahr 2025 blickten sich die Bills schließlich um - und der Teich war leerer. Die Konkurrenz schien weggefischt und endlich, endlich glaubte man, der größte Fisch zu sein. Falsch.
Die Indianapolis Colts, zuvor von niemandem beachtet, waren auf eine beachtliche Größe angewachsen, auch die Patriots hatten - zum Schock vieler - erneut zugelegt. Mit anderen Worten, während Buffalo darauf fokussiert war, dass die altbekannte Konkurrenz verschwindet, während man selbst stagniert, waren andere Teams aktiv und haben aufgeholt. Vielleicht sogar überholt. Und so darf zurecht die Frage gestellt werden, ob Buffalo jemals das "team to beat" sein wird, wenn es selbst in der Saison nicht der Fall ist, in welcher die Topteams straucheln.
Dabei hätte Buffalo unmittelbar vor der Trade-Deadline die Möglichkeit gehabt, selbst zu wachsen, der Stagnation zu entgehen. So war man, Gerüchten zur Folge, in Gesprächen mit den Dolphins für Wide Receiver Jaylen Waddle. Zweifelsohne ein Spieler, welcher der Offensive in Buffalo geholfen hätte. Zweifelsohne ein Spieler, welcher die Nummer-eins-Receiver-Lücke bei den Bills hätte füllen können. Doch während Miami einen Erstrundenpick im kommenden Draft und einen Drittrundenpick forderte, war General Manager Brandon Beane nur bereit, einen weiter entfernten Erstrundenpick zu opfern.
Folge? Die Trade-Deadline verstrich, Waddle blieb ein Dolphin. Fatal, wie Nick Wright von Fox Sports erklärt: "Nicht nur hätte Waddle dich sofort besser gemacht. Anders als beim Erstrundenpick in 2027, der beispielsweise durch eine schwere Verletzung von Josh Allen sehr wertvoll sein könnte, weißt du doch, dass dein Erstrundenpick im kommenden Draft wahrscheinlich in den späten Zwanzigern liegt. Sollte ein Spieler wie Waddle das einem Super-Bowl-Anwärter nicht wert sein?"
"Wir glauben, die richtigen Spieler zu haben"
Die ruhige Hand der Bills, was Trades anbelangt, spricht auf der einen Seite für das Vertrauen in die Spieler, die man aktuell im Roster hat. Auf der anderen Seite ignoriert man damit offensichtliche Defizite in Angriff und Verteidigung. Denn abseits des Wide-Receiver-Kerns, der zwar gut ist, dem jedoch der klare "go to guy" für Josh Allen fehlt, zeigt sich auch die Abhängigkeit von Runningback James Cook.
Im Spiel gegen Miami lief dieser für lediglich 53 Yards. Damit blieb der 26-Jährige zum dritten Mal in dieser Saison unter der Richtungsmarke von 100 Rushing Yards. Alle drei Spiele gingen verloren. Das Fazit, offensichtlich: Funktioniert das Laufspiel und Cook kommt in Fahrt, relativiert sich das Problem mit den Passempfängern. Hält der Gegner Cook jedoch im Zaun, zwingt Allen dazu, sich auf seine Receiver zu verlassen, stehen Buffalos Siegchancen deutlich schlechter.
Am anderen Ende des Feldes bleibt die Laufverteidigung ein Problem. Dolphins-Runningback De'Von Achane rannte Buffalo mit 174 rushing yards bei 22 Versuchen in Grund und Boden. Er war damit nicht der erste Läufer, welcher gegen die Bills große Lücken und viel Rasenfläche vorfand. In Kombination mit Verletzungsproblemen und einem bestenfalls durchwachsenen Safety-Duo, verschärft sich die Frage, weshalb man in Buffalo dem Glauben verfallen ist, dass sich besgate Probleme von selbst in Luft auflösen.
Die Suche nach den Adjustments
Summiert man die Baustellen und zählt die Umstände und möglicherweise ausgelassenen Chancen hinzu, richtet sich der Blick natürlich auch in Richtung des Trainerstabs - allen voran Head Coach Sean McDermott. Zwar spricht die Bilanz von 99 Siegen bei 55 Niederlagen für McDermott, der seit 2017 im Amt ist, doch wirkt es jedes Jahr so, als bräuchten der 51-Jährige und sein restlicher Stab eine ganze Offseason, um die Probleme der Vorsaison anzugehen.
Die berüchtigten "adjustments", Anpassungen, die einen herausragenden Cheftrainer ausmachen, weil es gelingt, innerhalb weniger Wochen, inmitten der Saison, Dinge zu korrigieren, sucht man in Buffalo vergebens. Stattdessen lebt man damit, schiebt sie in die Sommerpause. Zwangsläufig sorgt das dafür, dass gegnerische Teams wissen, wo die Bills verwundbar sind.
Und ja, vielleicht ist in diesem Jahr alles anders. Vielleicht relativieren sich die Probleme und Baustellen in Buffalo. Vielleicht finden die Bills rechtzeitig zu ihrer Form zurück. Vielleicht heben sie im Februar die Super-Bowl-Trophäe in den Abendhimmel. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht geht die Franchise, geht das Team einmal mehr auf altbekannten Wegen. Und diese haben in der Vergangenheit nie ins gelobte Land geführt.