Week 11 brachte klare Entwicklungen, einige echte Ausrufezeichen und erneut unerwartete Wendungen. Die Chiefs geraten ins Straucheln, die Chargers brechen offensiv ein, die Bills offenbaren erneut ein massives Run-Defense-Problem und die Broncos setzen ein starkes Statement. Cleveland erlebt ein bitteres Quarterback-Debüt, Myles Garrett baut seinen Status als bester Defensivspieler der Liga weiter aus, und mehrere Schwergewichte stehen derzeit nicht auf Playoffkurs. Hier sind die wichtigsten Takeaways.
Alarmstufe Rot in Kansas City
Wenn man vor der Saison gesagt hätte, dass die Chiefs nach elf Wochen NFL-Football nur einen Sieg mehr haben als die Miami Dolphins, und das, obwohl der Kader weitgehend gesund ist, wäre das wahrscheinlich als Hot Take abgestempelt worden.
Laut Next Gen Stats liegt die Chance, dass Kansas City die AFC West gewinnt, nur noch bei zehn Prozent. Die Serie von neun Division-Titeln in Folge steht damit ernsthaft auf der Kippe. Auch die Playoff-Wahrscheinlichkeit liegt mit 51 Prozent nur knapp über einem Münzwurf.
Der restliche Spielplan hat es ebenfalls in sich: Nächste Woche die 8-2 Colts, die erholt aus der Bye Week kommen, anschließend die Cowboys in einer kurzen Woche an Thanksgiving sowie die Texans, Chargers und an Weihnachten das Rematch gegen die Broncos.
In Kansas City herrscht Alarmstufe Rot. Letzte Saison gewann das Team alle elf One-Score-Games. Dieses Jahr stehen sie in diesen Spielen bei 0-5, einer der Gründe für das Loch, in dem sie sich befinden.
?Die Bills haben ein Run-Defense-Problem
Diese Erkenntnis ist nicht neu, wurde aber in dieser Woche erneut klar bestätigt. Tampa war bereits das dritte Team der Saison, das über 200 Rushing Yards gegen Buffalo erzielte. Die Saints mit 189 sowie die Dolphins mit 197 Yards waren nur knapp darunter.
Auch pro Lauf sehen die Statistiken nicht besser aus. Die Buccaneers liefen für 5,2 Yards pro Versuch, über die gesamte Saison lassen die Bills sogar 5,4 Yards pro Lauf zu. Nur die Giants sind in dieser Kategorie noch schlechter. Die 17 Rushing-Touchdowns, die Buffalo bereits zugelassen hat, sind Ligahöchstwert.
Wenn man im Januar erfolgreich Football spielen will, muss man den Lauf stoppen können. Mit so einer Laufverteidigung wird die Mission Super Bowl auch dieses Jahr kaum erreichbar sein.
Myles Garrett ist der beste Defensivspieler der NFL
Myles Garrett hat in den letzten drei Spielen zehn Sacks gesammelt. Allein mit diesen drei Partien wäre er Zweiter in der gesamten Liga in der Sack-Statistik, nur Brian Burns wäre mit 13 Sacks vor ihm. Insgesamt führt Garrett die Liga mit aktuell 15 Sacks in dieser Saison komfortabel an.
Er ist nun der erste Spieler in der NFL-Geschichte, der in sechs aufeinanderfolgenden Spielzeiten mindestens zwölf Sacks erzielt hat.
Garrett zeigt Woche für Woche, dass er der beste Defensivspieler der Liga ist. Auch wenn die letzten drei Wochen seine Dominanz statistisch besonders sichtbar gemacht haben, war er schon vorher der dominanteste Verteidiger der NFL. Kein anderer Spieler vereint Power, Explosivität, Technik und Beweglichkeit so gut wie er.
Seit dem Karriereende von Aaron Donald gibt es keinen Defense-Spieler, der Woche für Woche so viel Einfluss auf ein Spiel hat wie Garrett.
Die jüngsten Zahlen untermauern etwas, das ohnehin klar war. Wichtig ist dabei zu betonen: Garrett hat in den letzten Wochen nicht verhältnismäßig besser gespielt als sonst. Er war schon immer so gut, was viele Advanced Stats wie seine Pass-Rush-Win-Rate zeigen. Sacks hängen auch stark davon ab, gegen welche Quarterbacks man spielt und wie lange diese den Ball halten.
Broncos setzen ein Statement
Nicht nur haben die Broncos die Chiefs in einem wichtigen AFC-West-Duell geschlagen, sie stehen nun bei 9-2, gehören damit zur absoluten Spitzengruppe der AFC und haben einen großen Schritt Richtung Division-Krone gemacht, da alle anderen AFC-West-Teams verloren haben.
Denver hat in diesem Jahr beide Super-Bowl-Teams aus der vergangenen Saison geschlagen, die Eagles und nun die Chiefs. Dazu kam die beste Saisonleistung von Quarterback Bo Nix, der zuvor oft enttäuscht hatte.
Wenn Nix dieses Niveau hält und die Defense weiter so stark spielt, obwohl sie seit mehreren Wochen ihren besten Spieler und amtierenden Defensive Player of the Year Patrick Surtain ersetzen muss, dann wird dieses Team noch einige Topgegner ärgern.
Mit 49 Sacks führt die Broncos-Defense die NFL an, und ihre Sack-Rate von 11,2 Prozent ist laut Next Gen Stats die höchste seit 2018.
Die Seahawks sind immer noch sehr gut
Obwohl die Seahawks eine bittere Niederlage im Topspiel gegen die Rams einstecken mussten, sollte man das große Ganze nicht aus den Augen verlieren.
Seattle verlor knapp durch ein verschossenes Field Goal in letzter Sekunde und das, obwohl Sam Darnold vier Interceptions warf und das Team nur einen von vier Red Zone Drives mit einem Touchdown abschloss.
Die Defense spielte stark und hielt eine heiße Rams-Offense über weite Strecken unter Kontrolle. Los Angeles kam insgesamt nur auf 249 Yards, und Matthew Stafford blieb bei 4,6 Yards pro Passversuch und lediglich 130 Passing Yards - eines seiner unproduktivsten Spiele im Rams-Trikot.
Shedeur Sanders mit schwierigem Debüt
Am Wochenende sahen wir die ersten NFL-Snaps von Browns-Rookie-Quarterback Shedeur Sanders. Vor dem Draft galt er als einer der besten Quarterbacks der Klasse, fiel dann aber bis in Runde fünf.
Er kam ins Spiel, weil Rookie-Starter Dillon Gabriel eine Gehirnerschütterung erlitt. Der Empfang der Fans war lautstark, doch die Leistung auf dem Feld enttäuschte.
Gegen die Ravens brachte Sanders nur vier von 16 Pässen an, warf eine Interception und nahm zwei Sacks für 27 Yards. Dazu hatte er Glück, denn ein weiterer Pass hätte eigentlich ebenfalls abgefangen werden müssen, doch Kyle Hamilton konnte den Ball nicht sichern, den Sanders ihm direkt in die Arme warf.
Vor allem sein Pocket-Verhalten und die Tendenz, unnötige Sacks zu nehmen - schon am College ein großes Fragezeichen - waren sofort sichtbar.
Sein Passer Rating lag bei 13,5. Zum Vergleich: Wenn man jeden Pass absichtlich in den Boden wirft, erzielt man ein höheres Rating. Das Debüt für den jungen Quarterback lief also alles andere als gut, aber wenn Gabriel weiter im Concussion Protocol bleibt, könnten wir Sanders nächste Woche erneut sehen.
?Chargers werden vom O-Line-Chaos eingeholt
Die Chargers stellen aufgrund der Verletzungssituation eine der schlechtesten Offensive Lines der Liga, und das bekommt Quarterback Justin Herbert immer deutlicher zu spüren. Gegen die Steelers konnte er den Ball extrem schnell loswerden, was die Probleme noch kaschiert hat.
Gegen Jacksonville war das anders. Herbert stand ständig unter Druck, die Offense kam nicht ins Rollen und die Jaguars holten einen überraschenden und zugleich sehr dominanten Sieg.
Die Chargers haben, abgesehen von der Offensive Line, einen guten Kader. Dieses Problem ist aber nicht zu vernachlässigen und könnte ihnen am Ende eine erfolgreiche Saison kosten.
Bengals mit der schlechtesten Defense der NFL
Die Bengals hoffen derzeit auf die baldige Rückkehr von Quarterback Joe Burrow. Doch selbst wenn er zurückkommt, wartet dasselbe Problem wie bei Joe Flacco: eine Defense, die nicht konkurrenzfähig ist.
Cincinnati hat nun in neun Spielen in Folge 27 oder mehr Punkte zugelassen, ein neuer NFL-Rekord. In den letzten vier Spielen waren es sogar jeweils mindestens 31.
Wenig überraschend stellen die Bengals die schlechteste Scoring-Defense der Liga. Sie erlauben 33,4 Punkte pro Spiel, was mit Abstand der höchste Wert der NFL ist. Sie kassieren vier Punkte mehr pro Spiel als die zweitschlechteste Defense.
Die Dolphins leben wieder
Unter dem Radar haben die Dolphins drei der letzten vier Spiele gewonnen und stehen nur einen Sieg hinter den Ravens und Chiefs.
Vor wenigen Wochen war der Stuhl von Mike McDaniel noch extrem heiß, doch er ist weiterhin Head Coach. Je mehr Spiele Miami gewinnt, desto realistischer wird es, dass er diese Position auch nach der Saison behält.
Schwergewichte straucheln weiter
Nach elf Wochen stehen mehrere große Namen überraschend schlecht da. Stand jetzt wären weder Chiefs, Ravens, Lions, Bengals, Texans noch Commanders in den Playoffs.
Dafür haben die Patriots und Colts laut Next Gen Stats ihren Playoff-Platz nahezu sicher und liegen bei Wahrscheinlichkeiten von 90 Prozent oder mehr. Die NFL bleibt die spannendste Liga der Welt. Überraschungen gehören einfach dazu.
NFL-Kolumne Adrian Franke
NFL Recap Week 11
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