Das Duell in Madrid bildet den Schlusspunkt der internationalen Saison und könnte gleichzeitig ein Wendepunkt für zwei Mannschaften sein, die mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen in diese Partie gehen. Washington steckt in einer massiven Krise, kommt mit fünf Niederlagen in Folge nach Spanien - die letzten vier davon mit einer Differenz von 21 Punkten oder mehr - und hat defensiv in drei der vergangenen vier Spiele 38 Punkte oder mehr kassiert.
Miami dagegen hat zwei der vergangenen drei Spiele gewonnen, inklusive eines Überraschungssiegs gegen die Bills, und zeigt immer wieder, dass ihre Offense noch immer explosive Elemente hat. Doch die Daten von NextGenStats erzählen auch die Geschichte zweier Teams, die in einzelnen Bereichen erstaunlich unberechenbar wirken - und genau daraus ergibt sich die Spannung dieses International Games.
Verletzungsprobleme bei Washington
Zu Washingtons sportlicher Krise kommt eine Verletzungssituation, die den ohnehin schmalen Kader zusätzlich belastet. Der junge Franchise-Quarterback Jayden Daniels fällt wegen seiner Armverletzung erneut sicher aus, und auch Top-Receiver Terry McLaurin, der wichtigste und konstanteste Passfänger des Teams, steht nicht zur Verfügung.
Dazu fehlt mit Treylon Burks ein weiterer Wide Receiver und mit Rookie-Cornerback Trey Amos ein wichtiger Teil der Defensive, die schon zuletzt auch mit ihm sichtbar überfordert war. Auch der andere Starting-Cornerback Marshon Lattimore und Receiver Luke McCaffrey fallen weiterhin aus. Für ein Team, das dringend Stabilität benötigt, erschwert die Verletzungssituation die Aufgabe noch einmal massiv.
Der Funken Hoffnung im No-Huddle-Tempo
Trotz aller Ausfälle lohnt sich ein Blick auf jene Elemente, die Washington in Madrid zumindest wettbewerbsfähig machen können. Die Commanders setzen in dieser Saison so stark wie kein anderes NFL-Team auf die No-Huddle-Offense - eine Angriffsstrategie ohne den üblichen Huddle, in dem sich normalerweise alle Spieler vorher besprechen und der Spielzug angesagt wird.
Diese Herangehensweise beschleunigt das Spiel und gibt der Defense weniger Zeit zur Vorbereitung. 66,8 Prozent aller Snaps laufen so ab - ein historisch hoher Wert, der den Rest der Liga deutlich überragt. Zum Vergleich: Das nächste Team in dieser Kategorie sind die Saints, die nur 22,4 Prozent ihrer Plays im No-Huddle laufen.
Mit Marcus Mariota als Backup-Quarterback für Jayden Daniels zahlt sich dieses Tempo bislang unerwartet aus: 6,6 Yards pro Spielzug im No-Huddle wären ligaweit ein Top-8-Wert. Ohne dieses Tempo fällt Washington drastisch auf 4,5 Yards pro Spielzug zurück. Auch Mariotas 6,9 Yards pro Dropback liegen im oberen Liga-Viertel seiner Einsatzwochen - ein Hinweis darauf, dass der Backup im schnellen Rhythmus durchaus gut funktioniert.
Und in dieser Metrik ist er in dieser Saison sogar besser als der eigentliche Starter Daniels, der in den Spielen, in denen er 2025 gestartet hat, nur 5,9 Yards pro Dropback erreicht. Die Probleme der Commanders liegen also trotz des Ausfalls des Starting-Quarterbacks nicht - wie zu erwarten - in der Offensive, sondern klar in der Defensive.
Achane bleibt der X-Factor
Die taktisch wohl spannendste Frage stellt Washingtons Defense. Global betrachtet lassen die Commanders die meisten Yards pro Spielzug aller NFL-Teams zu. Schaut man nur auf die Passverteidigung, erlauben sie mit 7,9 Yards pro Passversuch ebenfalls die meisten der gesamten Liga. Die Laufverteidigung ist in dieser Metrik etwas besser, gehört aber immer noch zu den zehn schwächsten Run-Defenses. Trotz Verletzungen bleibt der aggressive Ansatz bestehen: Washington schickt oft Druck durch Blitze.
Dabei greift die Defense den Quarterback mit zusätzlichen Spielern an, um mehr Druck zu erzeugen, während die Verteidiger dahinter häufig in Manndeckung spielen. 20,3 Prozent der gegnerischen Dropbacks werden mit einem solchen Man-Blitz von den Commanders verteidigt - der vierthöchste Wert der NFL. Die Commanders erzeugen damit beeindruckende 50,7 Prozent Pressure Rate, also Druck bei jedem zweiten dieser Man-Blitze.
Das Problem: Dolphins-Quarterback Tua Tagovailoa bekommt in dieser Saison selten Man-Blitze zu sehen - nur 27 bisher. Seine Zahlen zeigen zwei Gesichter: Außerhalb der Red Zone tut er sich gegen diese Blitzart schwer (6/14 Pässe für nur 69 Yards), doch innerhalb der 20-Yard-Linie ist er brandgefährlich und hat dort bereits sieben Touchdowns gegen einen Man-Blitz geworfen.
Und dann ist da De’Von Achane, der vielleicht explosivste Spieler in dieser Partie. Der Running Back hat bereits sechs Spiele mit mindestens 150 Scrimmage-Yards und einem Touchdown seit 2023 - eine Marke, die sonst nur Saquon Barkley, Derrick Henry und Jahmyr Gibbs übertroffen haben. Washingtons dezimierte Defense steht damit vor einer schweren Aufgabe.
Dolphins-Defense im Aufwärtstrend
Während Washington offensiv versucht, das Tempo der No-Huddle-Offense als Waffe zu nutzen, bringt Miami eine Defense mit, die zwischen riskant und stabil pendelt. Über die gesamte Saison hinweg lassen die Dolphins in 16,1 Prozent ihrer defensiven Spielzüge ein explosives Play zu - also Läufe über mindestens zehn Yards oder Pässe über mindestens 15 Yards. Das ist der vierthöchste Wert der NFL und zeigt, dass Miami immer wieder große Räume preisgibt.
In den vergangenen drei Spielen hat sich hier jedoch etwas verändert: Die Success Rate der Gegner - also die Häufigkeit, mit der sie den angestrebten Raumgewinn pro Spielzug erreichen - wurde auf 42,4 Prozent gedrückt, gut genug für einen Top-12-Wert in diesem Zeitraum. Miami schafft es zuletzt also wieder besser, Drives zu stoppen und insgesamt solide Defense zu spielen, auch wenn die explosiven Plays gegen sie weiterhin ein Problem sind. Für Washington heißt das: Die No-Huddle-Offense nutzen, um konstant Raumgewinn zu erzielen - und die explosiven Plays, die Miamis Defense nach wie vor anbietet, konsequent auszunutzen.
Das letzte International Game der NFL verspricht also einiges, wenn man hinter die Kulissen schaut. Sowohl die Dolphins als auch die Commanders erlauben defensiv immer wieder explosive Plays, was auf der anderen Seite für offensive Highlights sorgt. Schlüsselspieler wird neben den beiden Quarterbacks De’Von Achane sein - den es aus Commanders-Sicht unbedingt zu stoppen gilt.
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