Noch lange nach dem Schlusspfiff feierten die Spieler in den Katakomben des Steigerwaldstadions ihren Triumph im Thüringenderby. Als die Mannschaft im Kreise der Sponsoren groß gefeiert wurde und mit einer Polonaise durch den Saal marschierte, trug Trainer Fabian Gerber seinen an Krücken humpelnden Abwehrmann Sofiane Ikene sogar auf den Schultern. So konnte der verletzte Verteidiger genauso an der Partystimmung teilhaben.
Ikene war das sichtbare Zeichen einer Fußballschlacht, die der FC Rot-Weiß Erfurt mit dem 3:1 (2:0) überraschend deutlich gegen den FC Carl Zeiss Jena für sich entscheiden konnte. "Solch eine Leistung nach den letzten Wochen mit den ganzen Rückschlägen durch Verletzungen war großartig", sagte Gerber, der vor lauter Euphorie seinen Spielern drei Tage freigab.
Der Ausfall von Ikene, der schon in der 42. Minute nach einem Zweikampf mit Jenas Manassé Eshele ausgewechselt werden musste, war neben der Roten Karte gegen Stürmer Romarjo Hajrulla nach einem Gerangel auf dem Rasen direkt nach dem Schlusspfiff der Erfurter Wermutstropfen dieses Thüringenderbys vor 15.000 Zuschauern. Noch bevor sich der luxemburgische U-20-Nationalspieler am Montag einer genauen Untersuchung unterziehen wird, scheint das Saison-Aus für ihn bereits besiegelt. "Mein Gefühl ist, dass es zu hundert Prozent ein Kreuzbandriss ist. Ich hoffe nur, dass nicht noch der Meniskus oder etwas anderes kaputtgegangen ist", sagte Ikene.
Awoudja zurück
Zu den Schlüsseln des Erfurter Erfolges gehörte vor allem die Rückkehr von Maxime Awoudja. Der Abwehrchef hatte zuvor fast drei Monate aufgrund einer Schambeinentzündung pausieren müssen und fehlte der anfälligen Defensive. Nun aber gegen Jena verlieh ihr der 27-Jährige viel Stabilität und gab der ganzen Mannschaft damit Sicherheit. "Wir haben alle zusammengehalten. Das ist das, was uns ausmacht", sagte der Innenverteidiger. Das Spiel gegen Jena war für ihn nach seiner langen Zwangspause der erste Einsatz über 90 Minuten.
Die meisten Fans waren über den Auftritt der Erfurter Elf überrascht, nachdem der FC Rot-Weiß zuvor nur vier Unentschieden geholt hatte und als negativen Höhepunkt zur Derby-Generalprobe bei Ligaschlusslicht Hertha 03 Zehlendorf mit Mühe ein 1:1 erreicht hatte. In einer mehrstündigen Krisensitzung analysierten Trainer und Spieler danach die dürftigen Leistungen der vergangenen Monate - und präsentierten plötzlich gegen Jena ein ganz anderes Gesicht.
"Ich bin selbst positiv überrascht. Man hat uns von Anfang an diese Gier, diese Leidenschaft und Überzeugung, diesen Glauben an den Derbysieg extrem angemerkt", erklärte Trainer Gerber. Sogar der verletzte Ikene schien nach dem Derby seinen ganz persönlichen Tiefschlag mit der bislang schwersten Verletzung seiner Karriere im Rausch des Erfolges ausblenden zu können und wurde mit Blick auf die Rückrunde euphorisch: "An Jena sind wir jetzt dran. Wenn wir so durchziehen wie heute, alles reinwerfen und hundert Prozent geben, kriegen wir Lok Leipzig auch noch. Ich glaube an die Mannschaft".