Dänemark statt Deutschland, das hatte für Jurek Rohrberg auch über die Feiertage Bestand. Obwohl die dänische Superliga bis Anfang Februar ruht, das Training erst Anfang Januar wieder startet, ist der 41-Jährige mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn in Odense geblieben. Dabei liegt seine Heimatstadt Hamburg nur vier Autostunden entfernt. "Die Familie", sagt Rohrberg, "war in diesem Jahr bei uns".
"Ich habe mich schon immer für die Arbeit des Trainers interessiert"
Dorthin, wo der frühere Amateurfußballer, der in der vierten Liga unter anderem für den MSV Duisburg II, SV Meppen und Altona 93 gespielt hat, seit diesem Sommer lebt. Und arbeitet.
Beim dänischen Traditionsklub Odense BK, gerade wieder aufgestiegen in die 1. Liga, ist Rohrberg als Fußballkoordinator angestellt. Der Mann, der vor einigen Jahren noch als Reporter für den TV-Sender Sky arbeitete, dort die Größen der Branche interviewte. "Dabei", erzählt er, "habe ich mich schon immer für die Arbeit und die Rolle des Trainers interessiert".
Im Rahmen seiner Sky-Tätigkeit führte ihn der Weg mal nach Kopenhagen, wo Alexander Zorniger Bröndby IF coachte. Rohrberg machte eine Reportage, der Fußballlehrer lernte den Medien-Mann kennen und war irgendwann inspiriert von Kollege Roger Schmidt, der mit dem früheren Journalisten und HSV-Pressechef Jörn Wolff einen Typen in sein Trainerteam holte, der ihm in vielen Bereichen als rechte Hand diente, Dinge koordinierte, miteinander verknüpfte.
Eine Rolle, in die 2021 auch Rohrberg an der Seite von Zorniger schlüpfte. Er kündigte bei Sky, ein beruflicher Neuanfang auf Zypern bei Apollon Limassol. "Eine unglaubliche Erfahrung", denkt der "Performance Manager", so seine dortige Bezeichnung, zurück an die Zeit mit der ersten Apollon-Meisterschaft nach 16 Jahren.
„Daran muss man sich erst mal gewöhnen.“ (Jurek Rohrberg musste gemeinsam mit Alexander Zorniger auf Zypern und anschließend in Fürth gehen)
Jubel, Trubel, Heiterkeit, aber auch die Kehrseite der Medaille im Fußball-Business. Als Zorniger und sein Team gegen Maccabi Tel Aviv die Qualifikation zur Gruppenphase der Champions League verpasst hatten, folgte das überraschende Aus. "Daran", sagt Rohrberg, der logischerweise ebenfalls gehen musste, "muss man sich erst einmal gewöhnen".
Das Hire-and-fire-Geschäft führte das Duo, das sich immer besser kennenlernt, nach Deutschland. Es galt, die SpVgg Greuther Fürth zum Klassenerhalt in der 2. Liga zu führen, was eindrucksvoll gelang. Zwei Jahre mit einer extrem jungen Mannschaft enden nach einer schmerzhaften Derby-Niederlage gegen den 1. FC Nürnberg (0:4).
Und so ging es in diesem Sommer nach Dänemark, der traditionsreiche Odense Boldklub rief nach der Rückkehr ins Oberhaus. Mittlerweile spricht Rohrberg von "blindem Verständnis", wenn er über seine Zusammenarbeit mit Zorniger spricht. Er sieht sich als organisatorisches und verbindendes Element, nahe am Platz, aber nicht als klassischer Trainer auf dem Feld.
Vom "Performance Manager" zum "Fußballkoordinator"
Aus dem "Performance Manager", der er auf Zypern war, ist längst mehr geworden. Nicht nur die Bezeichnung hin zum "Fußballkoordinator" hat sich geändert. Zwar ist Rohrberg noch immer ganz nah dran, wenn Zorniger seine Trainingseinheiten absolviert, mittlerweile ist er aber noch tiefer in die Hintergrundarbeit eingetaucht.
Perspektivisch, berichtet der Ex-Fußballer, der in Köln Sportwissenschaft und in Hamburg Sportjournalismus studierte, sieht sich Rohrberg im Management. Erste Schritte ist er jetzt schon gegangen in jenem Klub, in dem der erfahrene Troels Bech als Sportchef das Sagen hat. Rohrberg arbeitet dem 59-Jährigen und Coach Zorniger zu, erstellt Spielerprofile, ist bei Transfer-Anbahnungen beteiligt. Im Sommer lotste Odense Fiete Arp von Holstein Kiel auf die Insel Fünen - ein Hamburger Jung, den Rohrberg logischerweise seit Jahren kennt.
Es ist eine kleine deutsche Kolonie entstanden bei OB, der 1994/1995 mal Real Madrid im damaligen UEFA-Cup mit 2:0 bezwang. Zu Zorniger und Rohrberg gesellte sich auch Ex-Profi Martin Lanig (u. a. Stuttgart, Köln, Frankfurt) hinzu. Mittelfeldmann Tom Trybull war schon da, im Sommer folgten neben Arp noch Jona Niemiec aus Düsseldorf und Noah Ganaus aus Regensburg. Der 24-Jährige gehört zu den Shootingstars der Liga, hat in der Liga wie Arp bereits acht Tore erzielt.
Odense kann ein Sprungbrett sein - für Spieler wie Verantwortliche. Rohrberg fühlt sich rundum wohl in der Region Syddanmark, perspektivisch sagt er: "Irgendwann mal in der Bundesliga zu arbeiten, wäre riesig." Die Zeit auf Zypern und jetzt in Dänemark haben aber auch seine Sicht verändert. "Auch in anderen Ländern wird geiler Fußball gespielt."
"Es wird hier weniger geschunden und abgepfiffen"
Die dänische Liga etwa werde in Deutschland etwas unterschätzt, findet der 41-Jährige. "Die Liga ist sehr englisch geprägt, sehr physisch, hier wird deutlich weniger geschunden und auch weniger abgepfiffen als in Deutschland." Mit Odense sind sie als Tabellensechster in die Pause gegangen - der letzte Platz, der am Ende zur Meisterrunde reichen würde.
Was ist das Ziel? "Die Erwartungshaltung ist sehr hoch, weil Odense eine große Historie hat", weiß Rohrberg. "Wenn wir dieses Jahr ganz sauber die Klasse halten, dann wäre das top." Und wenn es tatsächlich die Meisterrunde wird? "Das", sagt er, "wäre eine schöne, aber große Überraschung". An der sie arbeiten. Auch über die Feiertage in Dänemark.