Aus der Logenetage des Frankfurter Waldstadions geht der Blick auf den Rasen und die Ränge. Die 58.000 Plätze füllt die Männermannschaft von Eintracht Frankfurt Woche für Woche problemlos. Seht her, da wollen wir auch hinkommen, solche Stadien zu füllen! Diese ehrgeizige Botschaft könnte man in den Treffpunkt interpretieren, an dem die 14 Erstligisten am Mittwochnachmittag zusammenkamen, um ihren eigenen Ligaverband offiziell zu gründen: die Frauen-Bundesliga FBL e.V. Offenbar gefiel den Beteiligten der Ausblick an Ort und Stelle auch, die für 16 Uhr angekündigte Pressekonferenz startete jedenfalls mit 68 Minuten Verspätung.
Frankfurt, Bayern und Essen im Präsidium
Dass mit Katharina Kiel (33) die Direktorin Frauenfußball bei Eintracht Frankfurt dem Ligaverband als Präsidentin vorsteht, dürfte das Übrige dazu beigetragen haben, dass die Eintracht den Gründungsakt sehr gerne zum Heimspiel machte. "Es ist ein sehr historischer Tag für uns. Vor etwas mehr als anderthalb Jahren sind wir mit dem klaren Ziel gestartet, den Frauenfußball zu ordnen und ihm eine Richtung zu geben. Es ist ein Tag des Aufbruchs", verkündete Kiel.
Veronika Saß (48), Direktorin Recht beim FC Bayern München, und Florian Zeutschler (40), Geschäftsführer der SGS Essen, sicherten sich bei der Wahl die Vize-Posten im Präsidium. Auf dem Papier bildet das Trio die Heterogenität der Liga ab - vom Spitzenklub über den ambitionierten Europokalteilnehmer hin zum abstiegsbedrohten Ausbildungsklub in Essen, der zudem der einzige reine Frauenfußball-Verein der Liga ist.
Tatsächlich dürfte der Ort im Herzen der Frankfurter Haupttribüne auch aus praktischen Gründen gewählt worden sein. Eigentlich wollte man sich an diesem Mittwoch ja am DFB-Campus treffen, Luftlinie nur rund 1,5 Kilometer entfernt. Doch dieser Plan war spätestens seit dem Donnerstag vergangener Woche hinfällig. An jenem Tag verschickten die Klubs Pressemitteilungen, garniert mit zahlreichen Vorwürfen in Richtung des Deutschen Fußball-Bundes.
Der erste Schritt ist getan
Für die gemeinsame Zukunft war die Gründung des Ligaverbands aber sowieso der erste, nötige Schritt. Eine reine Formalie, schließlich waren sich die Klubs, die sich bisher unter dem Dach des DFB formierten, einig. Eine Beteiligung des nationalen Fußballverbands war erst im zweiten Schritt geplant, in der gemeinsamen Joint Venture, der FBL GmbH. Deren Gründung war ebenfalls für diesen Mittwoch am DFB-Campus vorgesehen - bis über die Bedingungen der Kooperation vergangene Woche ein öffentlicher Streit entfachte.
Am Gemeinschaftsunternehmen sollten beide Seiten, also Ligaverband und DFB GmbH & Co. KG, mit jeweils 50 Prozent beteiligt werden. Der DFB hätte in den nächsten acht Jahren 100 Millionen Euro in die Frauen-Bundesliga investiert, die 14 Klubs wollten mindestens 700 Millionen Euro hineinstecken. Der DFB wollte in einem paritätisch besetzten Führungsgremium eine Zweidrittelmehrheit für sämtliche Entscheidungen vertraglich festsetzen. Das widerstrebt den Klubs, die den Großteil des finanziellen Risikos tragen. Eine von mehreren Unstimmigkeiten.
Klares Interesse an der Arbeit mit dem DFB
Während die Herren der Fußballbranche, allen voran Eintracht-Boss Axel Hellmann und Bayern-Vorstand Jan-Christian Dreesen, in den vergangenen Tagen sehr deutliche Kritik äußerten, schlug das neu gewählte Präsidium leisere und versöhnliche Töne an. "Die Idee mit dem DFB ist nicht zerschlagen. Es gibt ein paar Punkte, bei denen wir Gesprächsbedarf sehen. Wir befinden uns in ergebnisoffenen Gesprächen", stelle Kiel klar. "Hätten wir gesagt, dass wir kein Interesse am Joint Venture haben, hätten wir die Gründung heute vielleicht nicht vollzogen. Ohne diesen Verband hätten wir keine Basis für das Joint Venture", ergänzte Zeutschler.
Auch DFB-Präsident Bernd Neuendorf war am Mittwoch in der Loge zugegen. Er folgte der Einladung zum Gründungsakt und richtete ein Grußwort an die Klubs - über die Inhalte wollte das Präsidium nichts verraten. "Ich war über all die Zeit mit Bernd Neuendorf im Austausch, wir haben auch telefoniert, als es etwas kantiger wurde. Ich halte ihm auch zugute, dass er nicht in den Verhandlungsgesprächen involviert war", sagte Hellmann am Rande der Veranstaltung. Ein Weg ganz ohne den DFB sei für den Eintracht-Boss auch "nicht erstrebenswert". Das "Rollenverständnis" müsse aber geklärt sein.
Zwang zur Zusammenarbeit
Generell bleibt den Klubs und dem DFB trotz der Missstimmung der vergangenen Tage nichts anderes übrig, als zusammenzuarbeiten. "Wir sind in erster Linie ein Interessensverband und bündeln die Interessen der 14 Klubs. Alles Weitere liegt beim DFB und wird, solange es nicht anders geregelt ist, beim DFB liegen", erklärt Kiel und bezieht sich damit auf Organisatorisches rund um den Bundesliga-Alltag, von Schiedsrichterbesetzungen bis hin zu der Abstellung von Nationalspielerinnen.
Auch die Ausschreibung für den neuen Zyklus der Medienrechte, mit Start zu Saisonbeginn 2027/28, zwingt die Parteien zur Zusammenarbeit. "Wir werden zwangsläufig mit dem DFB sprechen, weil wir anders als die DFL stark mit dem DFB verwurzelt sind", erklärte Kiel. Die Deutsche-Fußball-Liga, das Pendant der Männer, ist ohnehin nicht das Vorbild. "Es geht nicht darum, eine DFL 2.0 zu gründen. Zu unseren Aufgaben gehört es auch, die Werte des Frauenfußballs beizubehalten", so Zeutschler.