Rot-Weiß gegen Blau-Gelb-Weiß - ein in Thüringen elektrisierendes Farbenspiel, doch am Mittwoch stand erst mal die Farbe Grün im Zentrum: Bei der Platzbegehung wurde entschieden, dass der Rasen im Steigerwaldstadion in einem zumindest akzeptablen Zustand sei und dem Derby am Freitag zwischen dem FC Rot-Weiß Erfurt und dem FC Carl Zeiss Jena nichts im Wege stehe. 15.040 Menschen dürfte das besonders freuen, die im Vorverkauf ein Ticket ergattert hatten. Erfurt meldet ausverkauft.
2.000 Anhänger werden aus Jena erwartet. Der aktuelle Trend spricht klar für die Zeiss-Elf, die zuletzt am 8. August ein Regionalliga-Spiel als Verlierer beendete (1:2 in Altglienicke) und in den vergangenen fünf Partien immerhin elf Punkte einsammelte. Erfurt hingegen ließ dem 2:0 in Babelsberg am 18. Oktober vier Unentschieden folgen, unter anderem gegen Abstiegskandidaten wie Meuselwitz, Eilenburg und zuletzt Zehlendorf. Doch da ist noch eine andere Statistik, die besagt, dass Jena seit über 15 Jahren nicht mehr in Erfurt gewonnen hat. An jenem 24. März 2010 gelang in der 3. Liga ein 3:0.
Abwehrspieler Nils Butzen wirkte am Donnerstag wenig beeindruckt, der Jenaer Defensivmann hat im Alter von 32 Jahren schließlich schon einiges erlebt: "Mit Zwickau in Aue und mit Rostock in Magdeburg gab es Serien, die glaube ich noch wesentlich länger angedauert hatten. Und irgendwie habe ich es immer geschafft, dabei zu sein, wenn diese Serien gebrochen wurden." Gleichzeitig gibt Butzen zu, dass das Derby-Fieber ihn noch nicht vollumfänglich erfasst habe, liefert aber eine Erklärung dafür: "Es wäre schlecht, jetzt schon zu heiß zu sein und am Freitag den Fokus auf den Wettkampf zu verlieren." Der Jena-Routinier kündigt jedoch an: "Der Moment wird kommen, an dem alle heiß sind, bestenfalls morgen Abend." Sein Trainer Volkan Uluc setzte unter der Woche auf gewohnte Abläufe, die seiner Mannschaft Sicherheit verleihen sollen und unterstreicht: "Die Mannschaft hat in der bisherigen Saison Außergewöhnliches geleistet und kann mit diesem Selbstvertrauen in dieses Spiel gehen."
Erfurt braucht mehr Gemeinschaftssinn
Seinem Erfurter Kollegen Fabian Gerber kommt das in der aktuellen Phase so nicht über die Lippen: "Wir haben zuletzt oft versucht, Dinge allein zu regeln, aber das schaffst du nicht. Die Jungs wissen, dass sie wieder mehr bringen und mehr füreinander da sein müssen." Torwart Lorenz Otto hofft, dass das Derby besondere Energien freisetzt und stellt fest: "Das ist jetzt der allerbeste Zeitpunkt, den Bock umzustoßen."
Ottos Trainer denkt identisch: "Derby ist Derby, das hat Pokal-Charakter, ist gefühlt ein K.-o.-Spiel." Sein von Verletzungen dezimierter Kader müsse dementsprechend leidensfähig sein, auch diejenigen, die gerade nach Verletzungen wieder erste Einsatzminuten sammeln: "Morgen ist Derby, da muss jeder durch, mit oder ohne Schmerzen."
Wenn Erfurt das alles auf den Platz bringt und erstmals seit Ende August (3:1 gegen Magdeburg II) wieder einen Heimsieg einfährt, kann doppelt gefeiert werden: zum einen der prestigeträchtige Dreier und zum anderen der 46. Geburtstag des Chefcoaches. Gerber schiebt seinen persönlichen Ehrentag beiseite und beschwört viel lieber den Geist des 8. Aprils, als das bis dato letzte Derby mit 3:1 an Erfurt ging. "Wir sind der aktuelle Derbysieger und werden es auch bleiben", schickt der Erfurter Trainer einen Gruß in Richtung des Lokalrivalen.