Der erste Ballkontakt gut eine halbe Minute nach seiner Einwechslung war ein höchst unspektakulärer. Ein Rückpass an der Mittellinie zurück zu seinem Leipziger Teamkollegen Ridle Baku. Der zweite Ballkontakt hatte es dann aber in sich: ein platzierter Linksschuss flach ins lange Eck nach Hacken-Vorlage von Leroy Sané. Besser hätte Assan Ouedraogo seine Länderspielkarriere kaum starten können.
Der 19-Jährige darf sich seit Montagabend ganz offiziell Nationalspieler nennen, nachdem er zur aktuellen Länderspielperiode erst vor gut einer Woche nachnominiert wurde. Ouedraogo "profitierte" dabei von einer Verletzung bei Nadiem Amiri, der nicht zum DFB-Team reisten konnte. Stattdessen berief Julian Nagelsmann den jungen Leipziger - acht Wochen nach dessen Bundesliga-Startelfdebüt im Anschluss an eine echte Seuchen-Saison. In dem er übrigens ebenfalls traf.
"Ich freue mich sehr, dass er gesund ist, er hat eine Leidenszeit hinter sich und musste durch manches Tal durch", sagte der Bundestrainer nach dem Einstand des offensiven Mittelfeldspielers beim 6:0 im "Endspiel" der WM-Quali gegen die Slowakei.
Nur Rahn war schneller beim Debüttor
Ouedraogo ist nun nicht nur der 21. DFB-Debütant unter Nagelsmann, sondern mit seinen 19 Jahren und 192 Tagen auch der jüngste Spieler seit den 50er-Jahren, der bei seinem Deutschland-Debüt direkt trifft. Nur Klaus Stürmer (19 Jahre und 68 Tage) im Oktober 1954 war jünger. Generell ist Ouedraogo der fünftjüngste Torschütze im DFB-Dress.
Und schneller? Das war vor allem Uwe Rahn. Als Ouedraogo zum Jubeln abdrehte, waren nicht mal zwei Zeigerumdrehungen seit seiner Einwechslung in der 77. Minute vergangen. Rahn allerdings traf bei seinem Nationalelf-Debüt im Oktober 1984 gegen Schweden gar in derselben Minute seiner Einwechslung.
Trotzdem war Ouedraogo selbstverständlich höchst zufrieden mit seinem Debüt. Vielleicht auch etwas überrascht. "Dass es so gut läuft, hätte ich nicht gedacht", meinte der Leipziger, "aber ich beschwere mich nicht. Ich bin sehr stolz auf den Moment und unfassbar glücklich." Er versuche immer, "das zu machen, was ich kann, und das ist mir gelungen".
Ein Hoch als Verpflichtung
Nun hat Ouedraogo gut ein halbes Jahr Zeit, um den guten Ersteindruck mit weiteren starken Leistungen in der Bundesliga - bislang kommt er auf zwei Tore und drei Assists in zehn Liga-Einsätzen - zu bestätigen und sich für die WM zu empfehlen. "Ich hoffe, dass er bescheiden bleibt und den Hunger nach Erfolg behält, das ist für mich bei jungen Spielern immer das Entscheidende", betonte Nagelsmann.
Das "Hoch" dürfe Ouedraogo natürlich erstmal genießen, sei aber gleichzeitig "eine Verpflichtung" dranzubleiben. "Nach der Einwechslung hat er es gut gemacht, er hat auch gut trainiert", lobte der Bundestrainer.
Die Marca ging da noch ein bisschen weiter: "Die schönste Geschichte des Abends schrieb Assan Ouedraogo", hieß es in der spanischen Sportzeitung. Noch schöner wäre sie wohl nur dann gewesen, hätte der Leipziger mit seinem ersten Ballkontakt in der Leipziger Arena getroffen.