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Isiks Stil zu risikoreich? Balingen muss sich unbequemen Fragen stellen

kicker

Es ist frostig geworden auf der Schwäbischen Alb. Die eisigen Temperaturen halten die hügelige Gegend fest im Griff und auch bei der TSG Balingen nimmt der Gegenwind zu. Auch dieser weht - zunehmend kühl. Nur eines ihrer letzten zehn Spiele haben die Amateurfußballer gewonnen (sechs Niederlagen). Zuletzt fielen die Gegentore wie der Schnee vom Himmel. Dem 0:6 in Walldorf folgte für den Tabellen-15. am Dienstagabend, im Nachholspiel gegen Angstgegner SG Sonnenhof Großaspach, eine weitere deutliche 0:4-Niederlage. In beiden Partien, wohlgemerkt gegen Top-Teams der Liga, hätten die abstiegsbedrohten Württemberger sich auch gut und gerne noch zwei, drei Gegentreffer mehr einfangen können. Ohnehin stellt der Aufsteiger nach 18 Spieltagen die schlechteste Defensive der Südweststaffel (22:47 Tore).

Und dann ereigneten sich am Rande des abermals schwach besuchten Heimspiels (418 Zuschauer) Vorgänge, die in der beschaulichen Kleinstadt selten sind. Im Zentrum, so branchenüblich wie das Naturgesetz von Kälte im Winter: Trainer Murat Isik. Vereinzelt war von der Gegengeraden, auf der sich auch bei Schneeregen traditionell die kleine Gemeinde eingefleischter TSG-Fans einfindet, nämlich Unmut zu vernehmen. Eine schmale Gruppe, sicher. Aber eben un- und außergewöhnlich in Balingen.

Erfolgreicher Stil in der Oberliga

Dies gilt auch für das Folgende: Auf der anschließenden Pressekonferenz, auf der die Verantwortlichen auch Fragen aus dem Plenum zulassen, äußerte ein einzelner Fan Kritik an der Balinger Spielweise und erfragte bei Isik, warum der Trainer seine Jungs immer noch dazu ermutige, den Ball auch bei erheblichem Pressing des Gegners von hinten herauszuspielen, also immer erst die spielerische Lösung zu suchen. Isik reagierte mit einer Mischung aus souveräner Schlagfertigkeit und dezentem Trotz. Er stellte sich vor seine Mannschaft und antwortete: Das sei die Spielweise, die den Low-Budget-Klub nach dem Abstieg und einem riesigen Umbruch zur überraschenden Oberliga-Vizemeisterschaft und somit zur direkten Regionalliga-Rückkehr geführt habe. So wolle man spielen - und so werde man auch weiterhin spielen lassen. Er raunte, es raunte vonseiten der Zuhörer, doch dann war die Sache erledigt.

Natürlich dürfte Isik dennoch gewusst haben, dass der Fragesteller einen Punkt hatte, ja auf eine offene Wunde hinwies. Isik wollte das auch gar nicht leugnen. Denn erneut resultierte das 0:1 gegen das auf Rang 2 liegende Aspach aus einem haarsträubenden Patzer; Keeper Elvin Kovac spielte Sonnenhof-Angreifer Michael Kleinschrodt den Ball im eigenen Sechzehner quasi in die Füße. Eine Szene wie diese hatte man bei den Balinger Auftritten nicht zum ersten Mal gesehen. Zugutehalten muss man dem ansonsten soliden Balinger Torwart in dieser Situation allerdings, dass er den Ball tatsächlich schlagen, also anders als zuvor eben nicht spielerisch klären wollte. Die Befreiung aber ging schief. Jedenfalls häuften sich derlei Abwehr-Schnitzer bislang so sehr, dass man schon von einem Muster sprechen kann. Ein weiteres kam zuletzt hinzu: In der zweiten Hälfte flog Kapitän Matthias Schmitz mit Gelb-Rot vom Platz; es war der dritte Balinger Platzverweis in Folge.

Mit diesen Fehlern und Unartigkeiten lässt sich die jüngste Negativserie also erklären. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass man der jungen Truppe ansonsten wenig vorwerfen kann. Auch nach Rückständen kämpft sie, spielt zwar risikoreich, aber auch sehr ansehnlich, mit klarer Handschrift und im Grunde überzeugender Philosophie. Anders gesagt: Es fehlt nie viel. Und das dürfte für einen Aufsteiger, der mit Amateurbedingungen die Quasi-Profi-Liga Regionalliga Südwest bestreitet, auch kaum verwundern. Vor dem Walldorf-Spiel hatte die Isik-Elf gegen den TSV Schott Mainz sogar einer langen Unterzahl getrotzt und mit 4:1 gewonnen. Sie können es also, die Balinger. Wären da, ja wären da nicht die unnötigen Patzer.

„Die Mannschaft hat volles Vertrauen in unseren Trainer. Und wir in der Vereinsführung haben das auch. Da gibt es keine Diskussion.“ (TSG-Vorsitzender Eugen Straubinger)

Auch stehen Verein und Mannschaft hinter ihrem Coach. TSG-Chef Eugen Straubinger verwies auf das breitere Bild und mahnte zur Demut. Manchem sei offenbar nicht bewusst, wie groß die Unterschiede im Hinblick auf die Rahmenbedingungen zwischen einem Klub wie der TSG und beispielsweise Großaspach seien. "Ich sehe, wie akribisch und ungemein ehrgeizig das Trainerteam jeden Tag arbeitet. Ich weiß, wie selbstkritisch Mannschaft und Trainerteam eine Niederlage aufarbeiten. Und ich sehe trotz vereinzelter Rückschläge weiterhin eine klar positive Entwicklung. Auch wissen wir, dass die Regionalliga Südwest in den vergangenen Jahren an Qualität gewonnen hat", sagte der Vorsitzende des Schwaben-Klubs auf Nachfrage. Alle im Verein könnten diese Entwicklungen folglich sehr gut ins Verhältnis setzen. "Die Mannschaft hat volles Vertrauen in unseren Trainer. Und wir in der Vereinsführung haben das auch. Da gibt es keine Diskussion."

Der Verein hält die Fankritik nicht für repräsentativ. Das kann man so sehen, schon allein aus quantitativer Erwägung. Ungewöhnlich war sie dennoch. Straubinger nun deutet die Fanfragen positiv: als ein Zeichen, dass die TSG ihren Anhängern am Herzen liege.

„Unsere Zuschauerzahlen sind rückläufig. Das macht uns traurig und so ganz können wir uns das nicht erklären.“ (Eugen Straubinger)

Unterdessen hat sich Straubinger eine vorweihnachtliche Wunschliste geschrieben, darauf steht: in den beiden letzten Spielen des Jahres den ein oder anderen Punkt zu holen, diesen Samstag beim TSV Steinbach Haiger und in der Folgewoche daheim gegen den direkten Konkurrenten SG Barockstadt Fulda-Lehnerz. Und dann ein bisschen mehr Geduld und Unterstützung. "Unsere Zuschauerzahlen sind rückläufig. Das macht uns traurig und so ganz können wir uns das nicht erklären", sagte er. "Die Mannschaft gibt alles, aber ohne Unterstützung von den Rängen hat sie es schwer."

Außen ist es kalt und windig geworden auf der Alb. Doch innerhalb des Vereins sei es vorweihnachtlich ruhig, beteuert der Vereinschef. Siege wären die besten Schritte in eine wirklich besinnliche Winterzeit.