Beflügelt vom 3:2-Sensationssieg bei RB Salzburg in der Vorwoche und von vier Spielen in Serie ohne Niederlage spielte die WSG Tirol auch bei der Wiener Austria über weite Strecken den gefälligeren Fußball. Dass sich die Semlic-Elf dennoch mit einem 0:0 zufriedengeben musste, lag daran, dass sie im letzten Drittel kaum Schlagkraft entwickeln konnte.
Dabei stürmte erstmals nach einigen Wochen mit Ademola Ola-Adebomi wieder ein Mann von Beginn an, dem man vor der Saison zugetraut hat, dass er seine (Tor-)Spuren in der Liga hinterlassen würde. Der 22-Jährige war mit der Empfehlung von 27 Toren in 41 Spielen der Premier League 2 für Crystal Palace nach Tirol gekommen. Und obwohl er auch im Spiel gegen die Violetten Aleksandar Dragovic alles abverlangte, wartet der "Leih-Eagle" nach neun Einsätzen immer noch auf sein erstes Bundesliga-Tor.
Für Stürmer schwierig
Für Philipp Semlic kein Grund, nervös zu werden. "Wir haben einen relativ langen Prozess mit Oli Glasner und Emanuel Pogatetz dahinter gehabt", erklärte der WSG-Trainer dem kicker den Sachverhalt. "Wir haben uns commited, dass er nicht sofort ein 'Impact-Spieler' sein wird. Das hört sich blöd an, wenn du einen Spieler mit 1,93 Meter von Crystal Palace holst", räumte Semlic ein und ließ dann mit der Begründung aufhorchen: "Die österreichische Liga ist gerade für Stürmer sehr, sehr schwierig. Das ist definitiv so, daher wollen wir ihm die Zeit geben, in der Systematik, die wir haben, dass er sich entwickeln kann."
Die Antwort schrie nach einer näheren Erläuterung: "Warum soll die Bundesliga eine besonders schwierige Liga für Stürmer sein?", fragte der kicker nach. "Die österreichische Liga entwickelt sich zu einer Run-and-Gun-Liga“, begann der ehemalige Mathe- und Sportlehrer seine Ausführungen mit einer eigenen Wortschöpfung, "Wenn man sich die Passquoten in der Bundesliga anschaut, sind wir auf Platz 14 im europäischen Vergleich. Das ist eine ganz banale Statistik, aber die Qualität eines Spiels ist auch in diesem Element erkennbar - und da entwickelt sich unsere Liga zu 'Run & Gun'. Viele lange Bälle, wie man sie auch heute gesehen hat, viele Zweikämpfe. Aber einmal im Strafraum zu sein und als Centerstürmer mit dem ersten Kontakt "Danke" sagen zu können, das passiert viel weniger oft. Deswegen ist es für einen Stürmer eine schwierige Liga.“
Reine Pressing-Liga
Mit dieser Meinung steht Semlic nicht allein da. In der nach den schwachen Europacup-Ergebnissen seit Wochen schwelenden Diskussion, ob die Liga insgesamt an Stärke eingebüßt hat, ist der recht einhellige Befund der Trainer, dass die Bundesliga eine ausgesprochene Pressing-Liga geworden ist, in der das spielerische Element in den letzten Jahren immer mehr in den Hintergrund geriet. Kaum eine Mannschaft könne es heute wagen - wie etwa noch der TSV Hartberg unter Markus Schopp -, vom Tormann beginnend, das Spiel kombinatorisch aufzubauen. Der Qualitätsunterschied der Teams, heißt es, sei nicht groß genug, um das Pressing des Gegners zu umspielen. Deshalb würden alle Teams ihr Heil im Pressing suchen. Treffen sie im Europacup aber auf spielerisch stärkere Mannschaften, die es schaffen, das Pressing zu umgehen, stünden Österreichs Teams auf verlorenem Posten.
Aber vom Exkurs zurück zur WSG und Ademola Ola-Adebomi. "Ich finde, er macht gute Steps nach vorne", sagt Philipp Semlic über seine Palace-Leihgabe, "und wenn er so weiter arbeitet wie heute oder letzte Woche, wo er (beim 3:2-Sieg in Salzburg; Anm.) zwei Assists geliefert hat, dann wird das Salz in der Suppe für einen Stürmer, das sind am Ende die Tore, auch kommen."
Darüber würde sich nicht nur Philipp Semlic, sondern wohl auch Oli Glasner und Emanuel Pogatetz freuen.