Der November 2025 geht als einer der erfolgreichsten Monate in die Geschichte des österreichischen Fußballbundes ein. Das WM-Ticket des A-Teams für 2026 und der WM-Finaleinzug der U 17 stellen für den ÖFB-Aufsichtsratsvorsitzenden Josef Pröll "Sternstunden" dar. Auch der neue ÖFB-Campus in der Seestadt in Wien-Aspern wurde im November eröffnet - und erwies sich am Samstagabend als geeignete Partylocation. Beim feierlichen Empfang der U-17-Truppe von Hermann Stadler war die Stimmung im Ministadion jedenfalls top.
Gemeinsam mit knapp tausend Fans, Freunden und Familienangehörigen der WM-Helden von Doha hatte sich auch Vizekanzler Andreas Babler zur Feier eingefunden. Pröll, der schon beim denkbar knapp verlorenen Finale gegen Portugal (0:1) in Katar dabei gewesen war, erlebte einen weiteren Freudentag seiner bisher so erfreulichen Amtszeit als Verbandschef. Und Sportdirektor Peter Schöttel sowie ÖFB-Nachwuchsleiter Sebastian Prödl verliehen ihrer Begeisterung ebenfalls noch einmal Ausdruck. Letzterer ist im Sektor der heimischen Toptalente auch für eine Thema verantwortlich, das bei der Pressekonferenz zur Sprache kam: den möglichen Verbandswechsel von Spielern mit familiären Wurzeln in einem anderen Land als Österreich.
"Es wurde sehr früh klar, dass sie bis zum Ende des Turniers bleiben wollen. Sie waren nie mit dem Erreichten zufrieden, wollten immer lernen und haben jeden Erfolg als Beweis, aber nicht als Gewinn gesehen", lobte Prödl die Mentalität des U-17-Teams unter Stadler. Mit dem 4:0 im Achtelfinale gegen England wäre endgültig klar gewesen, dass es ganz weit gehen könne. "Weil sie besser waren und daran geglaubt haben", so Prödl, der 2007 als Kapitän mit dem U-20-Team WM-Vierter wurde. "Ich bin sehr froh, dass sie diesen Erfolg übertrumpft haben", meinte der langjährige A-Teamverteidiger und EM-Teilnehmer. Diese Mannschaft habe vor allem vor dem Halbfinale mehr Fokus und Reife, dafür aber weniger Naivität gezeigt als das damalige Team.
Nächstes Ziel: Feste Sprossen auf Karriereleitern
Nun gelte es, die kickenden Zukunftshoffnungen weiter optimal zu entwickeln und zu begleiten. "Es werden auch Rückschläge kommen. Aber wenn wir die Sprossen auf ihren Karriereleitern gut befestigen, dann werden sie auch den einen oder anderen Fehltritt bewältigen", fand Prödl einen bildstarken Vergleich. "Aber es ist auch klar, dass es immer schwerer wird, je höher man auf dieser Leiter klettert. Der Konkurrenzkampf in den Klubs und natürlich auch im Nationalteam wird mit zunehmendem Alter immer härter." Der Trichter für Teamkandidaten sei etwa in der U 21 schon wesentlich größer als in der U 17.
Die latente Gefahr, dass dem ÖFB so manches Talent aus dem Kreis der Vizeweltmeister verloren gehen könnte, weil es aufgrund familiären Wurzeln in einem anderen Land den Verband wechselt, sah zumindest Erfolgscoach Stadler noch relativ gelassen. "In dieser Mannschaft stellt sich dieses Thema glaube ich nicht. Diese Mannschaft ist so stabil und eine Familie geworden", betonte der Salzburger. Ifeanyi Ndukwe, Nicolas Jozepovic, Hasan Deshishku, Vasilije Markovic oder Dominik Dobis könnten aufgrund ihrer Herkunft in Versuchung geraten, den Nationalverband zu wechseln. "Unser Erfolg in Katar ist doch ein super Signal, dass es sich lohnt, für Österreich zu spielen", so Stadler. "Aber dass man nie eine Garantie hat, wissen wir alle."
"Verschiedene Wurzeln, Kulturen und Länder helfen uns"
Das heikle Thema Verbandswechsel fällt in den Kompetenzbereich von Prödl. Der Sportliche Leiter der ÖFB-Nachwuchses zeigte sich ebenfalls zuversichtlich, die Rohdiamanten halten zu können. "Wir sind da total optimistisch und positiv." Prödl erinnert sich diesbezüglich an die Momente vor den WM-Spielen in Doha, als das gesamte ÖFB-Team die österreichische Hymne mit der Hand auf dem Herzen mitsang. Spieler, deren Vorfahren aus anderen Ländern stammen, seien eine große Bereicherung für heimische Nachwuchsauswahlen, betonte Prödl einmal mehr: "Verschiedene Wurzeln, Kulturen und Länder helfen uns im Fußball extrem weiter."
Er sei guter Dinge, dass die Quote von Spielern, die trotz Wechselmöglichkeit beim ÖFB bleiben, "weiter so hoch bleibt, wie sie ist". Vor wenigen Monaten sorgte der Wechsel von Leon Grgic, der in Österreich sämtliche Nachwuchs-Nationalteams durchlaufen hatte, zu Kroatien für Aufsehen. Dafür gelang es dem Verband, den gebürtigen Slowenen Erik Kojzek, Stürmer beim WAC, von einem Wechsel zum ÖFB zu überzeugen. Sportdirektor Schöttel bezeichnete die U-17-Vizeweltmeister als "Vorbild für alle anderen Jahrgänge". Großer Trumpf seien hohe individuelle Klasse und Teamgeist gewesen. "Man sagt oft, man ist eine Familie, eine Einheit, aber in diesem Fall war es wirklich so." Schöttel appellierte, weiter hart an sich zu arbeiten, um im Profibereich Fuß fassen können. "Es war toll, aber es war trotzdem Fußball gegen Gleichaltrige."
Verbandschef Pröll kündigte einige Initiativen im Soge der WM-Furore an: "Ich habe selten so eine Entschlossenheit und Fokussierung bei so jungen Spielern gespürt." Man wolle die Begeisterung rund um die Truppe für mehrere Projekte im Kinderfußball nutzen. "Da ist vieles in der Pipeline", versprach Pröll.