Fehlercode: %{errorCode}

Vom VIP-Zelt aufs Spielfeld: Ü-40-Stürmer Bertram schreibt Regionalliga-Geschichte

kicker

Das Wochenende verlief für Jakob Bertram anders als geplant, vergessen wird er dieses so schnell aber wohl nicht. Eigentlich wollte der D-Jugend-Trainer des GVO Oldenburg sich am Freitagabend mit einem Kumpel im Marschwegstadion lediglich das Regionalliga-Topspiel zwischen dem VfB Oldenburg und dem SV Meppen anschauen. Keine 24 Stunden später stand er selbst in der 4. Liga auf dem Platz. Wohlgemerkt mit 44 Jahren und 267 Tagen. Damit ist er der älteste Spieler, der seit Gründung der fünfgleisigen Regionalliga im Jahr 2012 zum Einsatz kam.

"Ich habe Jakob am Freitagabend in Oldenburg im VIP-Zelt gesehen und ihm gesagt: 'Komm, pack morgen die Schuhe ein. Wir brauchen noch einen für die Bank.' Da hat er dann schnell sein Bier beiseitegestellt und ist früh ins Bett gegangen", scherzt Jeddelohs Trainer Björn Lindemann im Gespräch mit dem kicker. Bertram und er kicken gemeinsam in der Jeddeloher Ü-40-Mannschaft. Für diese hat der Stürmer in der Saison bisher in sechs Partien beeindruckende 18 Tore erzielt. Trainiert wird dort nicht. Die Mannschaft trifft sich lediglich für die Spiele.

"Super gefrühstückt"

Pünktlich um halb neun, als Erster am Treffpunkt in Jeddeloh II, nachdem er "super gefrühstückt" hatte, machte Bertram sich am Samstagmorgen mit dem SSV-Tross auf nach Schöningen. Personell pfeifen die Ammerländer seit einigen Wochen aus dem letzten Loch. Nun fiel neben dem gesperrten Robin Krolikowski auch noch der erkrankte Dominique Ndure aus. Bertram reiste daher als dritter Auswechselspieler mit. "Der Bus war am Anfang ganz schön leer. Da habe ich mir schon etwas für die Startelf ausgerechnet", witzelt er. "In Bremen sind dann aber noch einige Spieler dazugestiegen."

Für einen Einsatz von Beginn an reichte es zwar nicht, doch in der 84. Minute wechselte Lindemann den Routinier ein. Seitdem ist er der älteste Spieler, der in der Geschichte der derzeitigen Regionalliga zum Einsatz kam. "Mich hat es total für ihn gefreut", sagt der für Bertram ausgewechselte Max Wegner. "Ich bin dankbar, dass Jakob diese lange Reise auf sich genommen hat, um uns zu unterstützen."

Seit 2010 in Jeddeloh

Das Niveau in der Regionalliga ist Bertram nicht völlig fremd. In der Saison 2002/03, also vor 22 Jahren gewann er mit dem BSV Kickers Emden die Meisterschaft in der damaligen Oberliga Niedersachsen/Bremen. Auch für den BV Cloppenburg und den VfB Oldenburg war er einst - unter anderem - aktiv, ehe er im Januar 2010 nach Jeddeloh kam, wo er im Sommer 2015 mit 34 Jahren in der Oberliga eigentlich seine Karriere beendet hatte.

„Das Testosteron-Level auf dem Platz ist extrem hoch.“ (Jakob Bertram)

Nun, zehneinhalb Jahre später, gab er sein Kurz-Comeback auf dem gehobenen Amateurniveau. "Die Geschwindigkeit ist schon eine andere und das Testosteron-Level auf dem Platz extrem hoch", blickt Bertram, der bereits vor einigen Wochen im Heimspiel gegen Oldenburg einmal im Kader stand, auf den Samstag und das Duell mit den viel jüngeren Mit- und Gegenspielern zurück. "Die Jungs sind im Alter meiner Tochter. Die ist 21. Für mich sind das noch Kinder."

Beinahe hätte Bertram in Schöningen gar noch jubeln dürfen. Bei einem Angriff in der dritten Minute der Nachspielzeit suchte er den Weg in den Strafraum. "Wäre Jakob etwas schneller, hätte er noch ein Tor gemacht", feixt Lindemann. Die Hereingabe von Tom Gaida gelangte jedoch zum dezent temporeicheren Pascal Steinwender, der zum 6:2 traf.

Womöglich erhält er am Sonntag beim FC St. Pauli II aber noch eine Chance, denn die Personallage bleibt angespannt. Im Sturm fehlt Tobias Bothe weiterhin aufgrund eines Mittelfußbruchs. Simon Brinkmann muss nun doch am lädierten Knie operiert werden. "St. Pauli ist ein Traditionsverein, einfach Kult", sagt Bertram. "Da wäre ich schon gerne dabei. Wenn Linde anruft, komme ich gerne mit." Ausschließen mag der Coach dies nicht. Allerdings nur einer Bedingung: "Dann muss Jakob in dieser Woche aber mindestens einmal zum Training kommen."