Dass sein Name gelegentlich für Erheiterung sorgt, kennt Lennart Schulze Kökelsum zur Genüge. Es stört den Torwart des VfV Hildesheim längst nicht mehr. "Ich bin schon alle möglichen Varianten durch. Viele in der Schule, die einen türkischen Hintergrund hatten, haben mit mir auf Türkisch gesprochen, und ich musste sagen, okay, verstehe ich einfach nicht." Tatsächlich kommt der Nachname, übrigens kein Doppelname, aus dem Münsterland. Woher auch Lennarts Eltern stammen. In Nordrhein-Westfalen ist der Name weitverbreitet.
Geboren in Bielefeld, ist Schulze Kökelsum in der Gemeinde Holle im Landkreis Hildesheim aufgewachsen, wo er auch jetzt wieder lebt. Seit dem Sommer steht Schulze Kökelsum im Tor beim Oberligisten. Es war wie ein nach Hause kommen. Nach Jahren, in denen der heute 23-Jährige schon allerhand im Fußball erlebt hat. 2014, mit gerade 12 Jahren, wechselte er ins Nachwuchsleistungszentrum zu Eintracht Braunschweig. Dort durchlief er alle Jugendmannschaften. Spielte auch in der Landesauswahl. Er galt als eines der größten Torwarttalente Niedersachsens.
Geplatzter Wechsel nach Augsburg
Der FC Augsburg zeigte Interesse. Zustande kam ein Wechsel nicht. Stattdessen unterschrieb Schulze Kökelsum 2021 bei der Eintracht seinen ersten Profivertrag. Als dieser nach zwei Jahren nicht verlängert wurde, war der Hildesheimer plötzlich vereinslos. Keine leichte Situation für einen jungen Menschen. Zumal die Geschichte aus seiner Sicht unschön verlaufen ist. "Ich war sehr enttäuscht damals. Es hieß, ich hätte Bescheid gewusst. Das stimmt nicht ganz. Die Gespräche waren so, dass man sich einen Verbleib von mir sehr gut vorstellen konnte", blickt Schulze Kökelsum zurück.
Nach einer enttäuschenden Saison für Eintracht Braunschweig mit Platz 15, musste Trainer Michael Schiele gehen. Jens Härtel kam. "Mit dem Trainerwechsel schließlich war ich außen vor. Die finale Entscheidung gegen mich habe ich aber erst spät mitbekommen." Es war der erste Rückschlag in einer bis dahin vielversprechenden Karriere. An das Aufhören habe er aber nie gedacht. "Ich habe mir doch nicht umsonst all die Jahre den Arsch aufgerissen", sagt Schulze Kökelsum ehrlich.
Sein Glück zu der Zeit: Er konnte sich bei Braunschweigs Torwarttrainer Jasmin Fejzic fit halten. Und es dauerte nicht lange, da tat sich eine neue Tür auf. Der TSV Steinbach Haiger holte Schulze Kökelsum in die Regionalliga Südwest. "In dem Moment war es der richtige Schritt für mich. Dass ich einen Verein hatte und Spielpraxis bekommen habe", erklärt Schulze Kökelsum. Nicht weniger wichtig war der Wechsel für seine persönliche Entwicklung. "Es war ein Prozess, der mich weitergebracht hat. Das erste Mal raus aus der elterlichen Umgebung in ein neues Umfeld." Bereut hat er es nicht. Auch wenn die Zeit im hessischen Lahn-Dill-Kreis nahe Siegen nach nur einem Jahr schon wieder beendet war.
Es durfte ihm vorgekommen sein wie ein Déjà-vu. Bei Steinbach Haiger mussten Trainer und Sportdirektor gehen. Die Folge: Auch Schulze Kökelsums Vertrag wurde nicht verlängert. Wieder vereinslos. Auch dieses Mal fing ihn sein Freund und Torwarttrainer Jasmin Fejzic auf. "Mit ihm habe ich immer in Kontakt gestanden, so durfte ich mich erneut bei ihm fit halten." Dann sei die Idee gekommen, ihn für die U 23 zur Eintracht zurückzuholen. "Natürlich hatte ich dabei die Hoffnung, auch wieder näher an den Profikader heranzurücken", erklärt Schulze Kökelsum diese Wendung.
Von Oktober 2024 bis zum Sommer 2025 stand er für Braunschweig in der Oberliga im Tor. Half dabei, die Klasse zu halten. Für die Profis allerdings endete die Saison in der Relegation. "Vieles war unklar. Keiner wusste, wie es weitergeht. Ich wollte nicht schon wieder warten und vereinslos sein." Wie ein Segen kam das Angebot vom VfV Hildesheim. "Wir wollten eine neue Nummer 1 und hatten Lennart schon länger beobachtet", unterstreicht Sportvorstand Omar Fahmy. "Er ist stark im Eins-gegen-eins. Extrovertiert und impulsiv."
Aufstieg mit Hildesheim angepeilt
Der Transfer hat sich für Hildesheim längst gelohnt. "Lennart ist ein stabiler Faktor bei uns." Auch Dank Schulze Kökelsum gehört die Mannschaft zu den Aufstiegsfavoriten. VfV-Coach Ridha Kitar hat den Torhüter bereits in der Jugend in Braunschweig trainiert, kennt ihn sehr genau: "Er ist schon ein spezieller Typ, einer zwischen Genie und Wahnsinn." Was Kitar damit meint, erklärt der Schulze Kökelsum selbst: "Ich bin schon verrückter als manch andere. Auf dem Platz blende ich alles andere aus und will den maximalen Erfolg. Ob ich nun das Trainingsspiel gewinnen will oder das Spiel am Wochenende. Da brenne ich dann komplett darauf." Eigentlich aber sei er ein ruhiger Typ, sagt Schulze Kökelsum, der in Hildesheim Wirtschaft und Sport studiert. Er ist zufrieden, so wie es ist.
Und doch hat man das Gefühl, dass es das noch nicht gewesen ist. Dass seine Karriere noch weitere Wendungen und Peaks bereithält. Mit Hildesheim möchte er in die Regionalliga aufsteigen. Eines aber sitzt noch tief: "Den Traum, noch mal Profi zu werden, habe ich nicht aufgegeben." Man möchte ihm dafür nur alles Gute wünschen.