In diesem Sommer hat Atletico kräftig in seinen Kader investiert, eine dreistellige Millionensumme ausgegeben. Auf dem Platz spiegelt sich das aber noch nicht wider. Die Integration der Neuzugänge verläuft schleppend, die ersten drei La-Liga-Spiele wurden allesamt nicht gewonnen. Zum Champions-League-Auftakt gab es ein 2:3 in Liverpool, am vergangenen Wochenende überraschend ein furioses 5:2 gegen Stadtrivale Real.
Dass Atletico am vergangenen Mittwoch mit Ach und Krach zu Hause gegen Rayo 3:2 gewann, war einzig Dreierpacker Julian Alvarez zu verdanken. Über seinen argentinischen Landsmann sagte Trainer Diego Simeone hinterher: "Es ist klar, dass Julian der beste Fußballer ist, den wir haben. Wir brauchen ihn noch viele Jahre bei Atletico. Dafür müssen wir ihm helfen, und er muss uns helfen."
„Sie sind die lebende Geschichte von Atletico Madrid.“ (Diego Simeone über Griezmann und Koke)
Worte, die einst auch auf Antoine Griezmann gepasst hätten. Der Rekordtorschütze Atleticos nimmt seit dieser Saison aber erstmals im Trikot der Rojiblancos eine ungewohnte Rolle ein - die des Ergänzungsspielers. Gemeinsam mit Koke, einer weiteren in die Jahre gekommenen Atletico-Legende.
"Wenn ich über sie spreche, werde ich emotional", sagte Simeone jüngst über das Duo: "Sie sind die lebende Geschichte von Atletico Madrid und sie wissen innerhalb der Mannschaft, welchen Platz sie einnehmen." Zumeist den auf der Bank. "Wir brauchen sie, wenn die Mannschaft sie braucht", erklärte Simeone und schob nach: "Sie haben noch immer eine unglaubliche Qualität."
Griezmann sieht Atletico "auf dem richtigen Weg"
Wegen Verletzungssorgen in der Offensive kam Griezmann nach drei Joker-Einsätzen am vierten Spieltag erstmals von Beginn an - und dann sogar über 90 Minuten - zum Einsatz. Und Atletico feierte direkt seinen ersten Saisonsieg gegen Villarreal (2:0). "Wir haben uns enorm verbessert im Vergleich zu den drei Spielen zuvor", gestand Griezmann anschließend ein: "Wir sind auf dem richtigen Weg."
Doch sieht er sich selbst auch auf dem "richtigen Weg"? In dieser Pflichtspiel-Saison war Griezmann bis Samstag noch komplett ohne Torbeteiligung. Sein letzter Treffer in La Liga vor dem von ihm gesetzten und umjubelten 5:2-Schlusspunkt gegen Real datierte vom 1. Februar 2025. Trotz der Flaute fühle er sich "gut" und bleibe stets "ruhig", der Weltmeister von 2018 wolle dem Trainer und dem Team das geben, "was sie brauchen".
Nun häufiger als Joker müsse er "Einfluss" auf Spiele nehmen: "Tore und Vorlagen sind das, was zählt." Das gelingt in der neuen Spielzeit bis dato viel zu selten. Ungewohnt für Griezmann, der in der vergangenen Saison noch 15 Scorerpunkte (acht Tore, sieben Assists) in La Liga hatte vorweisen können.
Sind die Neuzugänge Thiago Almada sowie Alex Baena erst wieder richtig fit und Ex-Stuttgarter Nicolas Gonzalez endgültig integriert, dürften Griezmanns Dienste noch seltener gefragt sein. Und so stellt sich eine Frage, die sich in der jüngeren Vergangenheit auch Thomas Müller beim FC Bayern gestellt hatte: Wie lange ist die Jokerrolle für eine Klub-Ikone wirklich befriedigend?
Son statt Griezmann
Schon im vergangenen Sommer wurde spekuliert, dass Griezmann den Weg einschlagen könnte, den Müller später ging - den in die MLS. Der bekennende USA-Fan wurde beim Los Angeles FC heiß gehandelt, ehe dieser wegen Griezmanns Verbleib in Madrid auf Heung-Min Son umschwenken musste.
Griezmanns Vertrag in Spaniens Hauptstadt läuft noch bis 2027. Aktuell würde es eher überraschen, wenn er diesen erfüllt.