"Wir haben in den Halbpositionen zu wenig Druck auf den Ball bekommen. Wir wollten kompakt stehen, trotzdem kamen sie durch", blickte Mael Corboz nach dem Spiel seiner Arminia in Darmstadt zurück auf eine schwierige Anfangsphase. Der Aufsteiger kassierte nicht nur das frühe 0:1, er lief auch anschließend hinterher.
"Im Fußball gibt es solche Phasen", ordnete der US-Amerikaner ein. "Dann muss man schlau sein, alles verlangsamen und warten, bis die Phasen sich drehen." Was der Kapitän auch versuchte. "Ich glaube, ich habe Jonas Kersken 15-mal gesagt, er soll langsam machen, weil wir gerade nicht so gut drauf sind", gestand er nach der Partie mit einem Lachen in der Mixed Zone.
Minute 20: Kniat reicht den Zettel
Nach 20 Minuten hatte dann auch Mitch Kniat genug gesehen und reichte Monju Momuluh einen Zettel, den dieser gleich an Corboz weitergab. Der Kapitän hielt die Botschaft anschließend einige Zeit in der Hand, gab seinen Kollegen Anweisungen. Und dann? Darauf angesprochen zückte der 31-Jährige den Zettel vor den Pressevertretern aus dem Stutzen.
Lesbar war darauf allerdings nichts mehr, zu durchnässt war das Stück Papier. "Ich stecke mir Zettel immer in den Stutzen", erklärte Corboz - und lieferte den Grund lachend hinterher. "Kai Klefisch wollte ihn schon lesen. Da habe ich ihn nur gefragt: 'Junge, was machst du da?' Wenn ich den auf den Boden geworfen hätte, da hätte er wahrscheinlich noch draufgeschaut." So kam der Darmstädter nicht an die Infos.
Zurück zu den Basics
Wobei die Anweisung auf dem Zettel auch ersichtlich war, ohne sie zwingend gelesen zu haben. "Mann gegen Mann über den Platz, Vollgas", lautete die neue Bielefelder Spielidee. "Das sind wir eigentlich gewohnt, auch wenn wir uns in der 2. Liga etwas anpassen müssen. Aber das war für uns der Schritt zurück zu den Basics", sagte Corboz und wertete den Erfolg der Maßnahme zunächst "okay". Zwar gelang der Ausgleich, "aber ich glaube, wir kassieren das zweite Tor, weil wir in der Szene Mann gegen Mann stehen."
Dennoch war das 1:2 zur Pause noch recht schmeichelhaft für die Ostwestfalen. Corboz merkte zwar an: "Mit ein bisschen Glück und der richtigen Entscheidung hätte es auch 2:2 stehen können." Dennoch war man "froh, dass wir noch im Spiel waren".
„Ich muss sagen, seine Erklärung war wirklich nicht schlecht. Aber für mich war sie nicht richtig.“ (Mael Corboz über die Elfmeterszene)
Mit der "richtigen Entscheidung" spielte Corboz auf die 41. Minute an. Fabian Holland blockte einen Schuss von Momuluh im Strafraum mit dem Ellenbogen, Schiedsrichter Richard Hempel entschied sich auch nach Videostudie gegen einen Elfmeter. "Der Ball geht auf das Tor, seine Hand ist nicht direkt am Körper und deswegen ist es für mich ein Elfmeter", schilderte Corboz seine Sicht.
Der Unparteiische habe argumentiert, dass es sich bei Hollands Armhaltung um eine natürliche Bewegung gehandelt habe. Eine Einschätzung, der sich durchaus folgen lässt, da der Arm weder aus- noch weit abgestreckt war. Die Entscheidung war somit zwar vertretbar, aus Bielefelder Sicht aber dennoch schwer nachzuvollziehen. "Sie haben ja immer gute Erklärungen", meinte Corboz und gestand lachend: "Ich muss sagen, seine Erklärung war wirklich nicht schlecht. Aber für mich war sie nicht richtig."
"Wir müssen uns davon unabhängig machen"
Ändern könne seine Mannschaft allerdings ohnehin nichts. "Er wird wahrscheinlich bestätigt von der DFL und selbst wenn er ihn gepfiffen hätte, dann hätte die DFL gesagt, es war ein Elfer. Daher erwarten wir gar nichts. Wir müssen uns davon unabhängig machen", forderte Corboz. Bielefelds Motto für die zweite Hälfte: "Es ist egal, was der Schiedsrichter entscheidet, keiner kann uns aufhalten, wenn wir an uns glauben." Die Umsetzung: Erfolgreich.
Die Gäste gestalteten das Spiel tatsächlich offener, kamen zum Ausgleich - und ärgerten sich am Ende fast, dass nicht noch mehr heraussprang als das 2:2. "Es ist ein gewonnener Punkt und trotzdem hätten wir vielleicht das Spiel gewinnen können", blickte Corboz auf eine "sehr positive zweite Hälfte". Unter dem Strich war aber auch der Sechser zufrieden: "Wir sind ein Aufsteiger aus der 3. Liga und Darmstadt ist für mich einer der Aufstiegsfavoriten, deshalb ist es ein guter Punkt."
Bielefeld glänzt erneut läuferisch
Den sich der DSC letztlich mit einem gewohnt hohen läuferischen Aufwand auch verdiente. Und das trotz der kräftezehrenden 120 Minuten bei Union Berlin am Mittwoch zuvor (1:2 n.V.). "Wenn man von draußen das Signal bekommt, dass man Mann gegen Mann spielen soll, dann kann man sich nicht mehr verstecken", erklärte Corboz. "Da musst du deinen Gegenspieler haben, oder du bist am Arsch. Also mussten wir laufen."
Das taten sie, spulten letztlich 128,63 Kilometer ab und führen das Laufranking der Liga weiterhin an. "Wenn wir das nicht machen, gewinnen wir kein Spiel in der Liga." Corboz selbst ging mit gutem Beispiel voran, spulte mit seinen 13,42 Kilometern mehr ab, als jeder andere auf dem Platz. Die Marschroute dürfte damit auch am kommenden Samstag klar sein, wenn der Karlsruher SC zu Gast ist: Wieder einmal Vollgas, dann vielleicht auch ohne Zettel-Botschaft.