Rund um den Panzenberg erzählt man sich dieser Tage eine Geschichte. Sie handelt davon, dass der Bremer SV nach dem SSV Jeddeloh II ja wohl die größte Überraschung sei in der Regionalliga Nord. Und tatsächlich: Nach finanziellen Problemen und einem großen Umbruch im Sommer hatte niemand erwartet, den BSV zu Beginn der Rückrunde auf dem 7. Platz vorzufinden.
Insofern passte das vergangene Wochenende gar nicht ins Bild. Weder die schwache Leistung beim 1:3 gegen den VfB Lübeck noch die kritische Analyse von Ralf Voigt, der angesichts der knappen Kasse seit dieser Saison ja nicht nur Sportlicher Leiter, sondern auch Trainer der Bremer ist. "Ich hatte nicht die richtige Mannschaft auf dem Platz: eine, die zufrieden ist und nicht gierig", hatte Voigt nach der achten Saisonniederlage betont. Seine eigenen Entscheidungen nahm er dabei ausdrücklich nicht aus: Vielleicht habe es an der Aufstellung gelegen und er "die Falschen aufgestellt", mutmaßte der Trainer.
"Wenn bei uns nur ein, zwei Prozent fehlen ..."
Aber Voigt wählte seine Worte schon auch aus grundsätzlichen Erwägungen: Es lief bislang so gut, weil der Bremer SV als Team auftrat und dabei nahezu immer zu seiner Leistungsgrenze fand. "Wenn bei uns nur ein, zwei Prozent fehlen, reicht es nicht mehr", unterstreicht der Trainer. Und: "Zufriedenheit ist der Tod".
Das ist womöglich das Problem: Rund um den Panzenberg spricht man ja nicht nur von einer Überraschung. In Bremen-Walle sind sie auch voll des Lobes für eine Mannschaft, die so viel mehr zustande bringt, als eigentlich erwartet worden war. Wer es vom Abstiegskandidaten Nummer eins ins Mittelfeld schafft, hat etwas erreicht. Es ist verständlich, dass sich in dieser Situation manchmal Nachlässigkeiten einschleichen. Aber der Blick auf die Tabelle macht den Bremern nicht nur Spaß. Er trügt gleichzeitig. Denn der BSV vermochte sich noch längst nicht in dem Maß vom Tabellenende abzusetzen, wie es angesichts des siebten Tabellenplatzes eigentlich zu erwarten wäre: Gerade mal neun Zähler trennen das Team von Altona 93 auf Rang 16. "Unsere 24 Punkte sind gut, aber wenn wir jetzt nicht aufwachen, finden wir uns ganz schnell unter den letzten Fünf wieder", sagt Ralf Voigt.
Kühl ist zurück
Immerhin gab es zuletzt gute Nachrichten aus der Personalabteilung: Zwar fällt im starken Sechser Moritz Busch eine Entdeckung dieser Saison mit einer Knieverletzung noch einige Zeit aus. Dafür meldete sich Jonas Kühl gegen Lübeck zurück und feierte bei seiner Einwechslung ein Comeback nach einer über einjährigen Verletzungspause. In der Vorwoche war dies in Jan-Luca Warm einem zweiten Spieler gelungen, der zuvor monatelang ausgefallen war.
"Wir werden sie in Ruhe aufbauen", sagt Voigt zwar. Aber die beiden Stammkräfte dürften seine Möglichkeiten deutlich vergrößern - und das ist in einer Mannschaft, die gerade teilweise zu zufrieden wirkt, sicher ein gutes Zeichen. Die bis zur Winterpause ausstehenden Partien, beginnend mit dem Duell beim Schlusslicht FC St. Pauli II am Sonntag, hat Ralf Voigt jedenfalls mit einem besonderen Etikett versehen: "Jetzt kommen die entscheidenden Spiele für den Rest der Saison."