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EM-Halbfinale gegen Österreich: Marco Ehrenfried nennt die Stärken und Schwächen von Deutschland

kicker

Am Samstag steht das EM-Halbfinale von Deutschland gegen Österreich an. Sie standen beim letzten Duell vor elf Jahren im EM-Finale als Quarterback für Deutschland auf dem Feld, als sie im Ernst-Happel-Stadion mit 30:27 gewannen. Schauen Sie gerne auf dieses Spiel zurück?

Naja, oft denke ich jetzt nicht drüber nach, aber es kommt natürlich, gerade im Football-Umfeld, immer mal wieder auf, wenn man Freunde trifft oder wenn man gefragt wird, was war für dich eigentlich das Spiel, das du am meisten in Erinnerung hast. Und dieses Spiel war natürlich Top Notch. Das war das größte Stadion, in dem ich je gespielt habe, auch von der Stimmung her. Und dann war es auch tatsächlich mein einziges Turnier als Quarterback der Nationalmannschaft. Dementsprechend ist es auch in gewisser Weise etwas Besonderes, weil es gab nicht diese 15, 20 Länderspiele, die ich vielleicht hätte haben können, wenn der Verband besser organisiert gewesen wäre. Und dementsprechend war es auf jeden Fall etwas Besonderes, dann da auch den Titel zu holen.

Was für Erinnerungen haben Sie noch die Partie? Die Entscheidung fiel schließlich erst in der zweiten Verlängerung.

Tatsächlich erinnere ich mich erst an die Fehler, also die Interceptions und so. (lacht) Zwei Interceptions weiß ich noch relativ gut, weil da war ich auch ein bisschen sauer auf meinen Receiver, weil die Kommunikation beziehungsweise das Timing nicht gepasst hat. Bei den Option Routes hat der Receiver etwas anderes gesehen wie ich, und dann geht es eben in die Hose. Aber ich kann auch gerne mal die Geschichte vom entscheidenden Touchdown erzählen. Ich habe gesagt: Ey Leute, warum machen wir jetzt hier irgendwelche komplizierte Plays? Gebt mir den Ball, ich werfe jetzt auf die Backshoulder Fate auf Niklas (Niklas Römer, Anm. d. Red.) und dann gewinnen wir das Ding. Und genauso ist es am Ende auch gelaufen, Gott sei Dank hat der OC dort auf mich gehört.

Wie haben Sie die Stimmung in Erinnerung? Mit 27.000 Zuschauer war es schließlich die bisherige Rekordkulisse für ein EM-Spiel.

Wenn ich in Wien bin, treffe ich mich ab und zu Benji Bubik, der damals Cornerback für Österreich gespielt hat, und quatsche mit ihm ab und zu mal noch darüber. Klar ist das Spiel für sie mit einer Niederlage ausgegangen, aber dennoch ist es für ihn eigentlich eine gute Memory. Vor dieser Kulisse zu spielen, das war für jeden ein geiles Spiel, das muss man absolut zugeben. Du konntest einfach null kommunizieren, selbst mit Schreien ging im

Endeffekt über die kurze Distanz nichts. Ich habe es so ein bisschen mit dem GFL Bowl in Dresden verglichen, wo ich unten in der Teamzone war. Trotz dessen, dass das Ernst-Happ-Stadion eine Tartan-Bahn hat, habe ich es als deutlich lauter empfunden als beim GFL Bowl, wo auch 23.000 Zuschauer waren und richtig gute Stimmung gemacht haben.

Wenn Sie jetzt auf das aktuelle Duell schauen: Erwarten Sie wieder eine knappe Partie?

Also ob es jetzt wieder Double Overtime gibt, kann ich schwer vorhersagen, aber ich glaube, dass es ein enges Spiel werden wird. Vor allem, weil ich die Österreicher auch stark einschätze. Sie sind gut eingespielt und haben wieder viele Spieler aus Wien und Innsbruck im Kader. Die sind gut miteinander vernetzt und in paar Positionsgruppen gut eingespielt, und dann haben sie es noch mit ein paar anderen Spieler aufgepeppt. Was ich noch ein bisschen schwierig einzuschätzen finde ist, wie football-fit die Spieler wirklich sind, denn die Pause war wirklich lange. Die Skillplayer kommen hauptsächlich aus der ELF und auch wenn Wien und mit Stuttgart ein bisschen länger gespielt haben, hatten Spielern von anderen Teams wie die Raiders Tirol, die es nicht die Playoffs geschafft haben, eine lange Pause. Das wird interessant zu sehen sein, wie die Teams das umgesetzt bekommen und da finde ich gerade Tackling oder so essenziell.

War das zu Ihrer Zeit auch der Fall, dass es so spät die Nationalmannschaftsspiele gab?

Ne, das war relativ früh sogar. Ich glaube, wir sind schon nach drei oder vier Saisonspielen zur Nationalmannschaft gereist.

Wenn wir uns den Kader der deutschen Mannschaft ansehen, wo sehen Sie die Stärken?

Also ich würde auf jeden Fall die Offensive Line sagen. In Deutschland sind die O-Liner nicht nur von der Masse her extrem gut, sondern eben auch von der Athletik - das hat deutlich zugenommen. Das sollte auf jeden Fall gute Wege für die Running Backs schaffen. Und ich finde tatsächlich auch den Receiving Corps extrem gut. Ich muss zwar sagen, dass ich Quarterback jetzt nicht so als Stärke ansehe, aber die Wide Receiver sind richtig gut. Vor allem Louis Geyer, der eine sensationelle Saison in Stuttgart gespielt hat, aber da gibt es auch genug andere noch aus der ELF, die gut sind, wie Marvin Rutsch zum Beispiel. Da sollte also definitiv was gehen.

Sie haben gerade die Quarterback-Position angesprochen. Sie waren damals auch der Starting QB bei den Schwäbisch Hall Unicorns und damit bei einem absoluten Top-Team in Deutschland gespielt. Wenn wir uns jetzt die ELF oder GFL anschauen, dann sind die deutschen Spieler meistens Backup. Liegt es daran, dass das Vertrauen fehlt oder sind die deutschen Quarterbacks nicht auf so einem Level, dass man sie bedenkenlos starten lassen kann?

Es ist ein bisschen was von beidem. Ich glaube, dass sie eben nicht auf diesem hohen Level sind, und dann kommt auch noch der Druck, unter dem die Coaches stehen, um ihren Job zu behalten. Das merke ich besonders in der ELF. Wenn du das wirklich willst, dann musst du sagen: Ich möchte mit einem deutschen oder einem europäischen Quarterback spielen, ihr müsst mir dann aber auch die Zeit in meinem Vertrag geben, dieses Projekt aufzubauen. Und jetzt sind wir ehrlich: In der ELF geht es um Geld, da kannst du diese Projekte nicht machen. Da heißt es: Wir brauchen Siege, wir brauchen eine Anziehungskraft für die Zuschauer, wir wollen schön spielen und guten, kompetitiven Football spielen. Das klappt zwar auch nicht immer, aber da brauchst du halt einen anderen Quarterback an erster Front macht, weil sonst passt das nicht. Und in der GFL haben wir es dieses Jahr mit Niklas Gorny in Paderborn gesehen, da ging offensivtechnisch auch nicht viel. Er hat ein paar solide Spiele gehabt, wenn er Unterstützung von seinem Laufspiel hatte, aber das war jetzt auch nicht so, dass er dort irgendwie groß geglänzt hat.

Müsste man Ihrer Meinung nach die Vereine mehr Zeit investieren, um gute deutsche Quarterbacks zu entwickeln? Weil das Ziel für so ein Top-Land wie Deutschland sollte ja sein, dass es in der höchsten Liga zwei, drei Quarterbacks geben sollte, die auf einem hohen Level performen können und mit denen man dann auch die Playoffs angreifen kann.

Das wäre natürlich das Ziel, aber das Problem ist, dass die Spieler dafür in den jungen Jahren gefördert werden müssen. Manche kommen vielleicht irgendwann mal mit 17, 18 wirklich in Berührung mit einem amerikanischen Coach, der dann sagt: Hey, ich nehme mir die Zeit, die Quarterbacks zu coachen, aber im Endeffekt brauchst du ja einen Vollzeit Coach aus den USA, der das übernimmt, der auch noch genug Ahnung von Quarterbacks hat und auch wirklich coachen kann. Denn nicht jeder Ami-Coach kann automatisch einen Quarterback weiterbringen. Das war bei mir der Vorteil, dass Jordan (Jordan Neumann, aktuell Head Coach von Stuttgart Surge, Anm. d. Red.) damals schon in Hall war und mich auch in der Jugend immer wieder gecoacht hat. Auch Johnny Brenner war immer viel in den USA und hat sich dort weitergebildet. Mit 12 oder 13 Jahren habe ich da schon Drills gemacht und Coaching bekommen. Und das sehe ich halt schwierig, denn welche Vereine können sich das leisten? Es sind vielleicht irgendwelche GFL- oder GFL2-Vereine, die einen Ami-QB haben, der freiwillig sagt, dass er ein noch ein bisschen in der Jugendmannschaft coacht. Und das auf regelmäßigen Level zu kriegen - also jedes Jahr, rund um die Uhr und der dann halt auch nicht sagt, dass er jetzt keinen Bock mehr hat -, sehe ich als schwierig an. Da brauchst du wirklich jemanden, der sehr, sehr engagiert ist oder der dafür bezahlt wird, auch schon in der Jugend etwas aufzubauen.

Lass uns Sie auf das Spiel zurückkommen. Wenn Sie sich den Gegner anschauen, wovor muss die deutsche Mannschaft am meisten aufpassen? Was sind die Stärken der Österreicher?

Also mir würde sofort eine Schwäche einfallen. Die Schwäche ist tatsächlich, dass sie auch keinen QB haben, der auf hohem Level performen kann. Ich wüsste nicht mal, wer bei denen Starter ist. Ansonsten sehe ich sie aber relativ ausgeglichen. Mir fällt jetzt keine Gruppe ein, wo ich wirklich sagen würde: Boah, da haben sie viele Star-Spieler drin. Und wenn, dann würde ich sogar sagen, dass sie in der Defensive Line relativ stark sind. Und deswegen wird es auch spannend zu sehen sein, wie das Match-Up mit der deutschen Offensive-Line läuft, die ja auch wirklich gut ist.

Wie optimistisch sind Sie, dass die deutsche Mannschaft die Partie gewinnt? Kann der Heimvorteil vielleicht auch ein zu großer Druck sein?

Ich glaube, so geht das Team es auf keinen Fall an. Da sind sowieso viele junge Leute im Team, die es bereits aus der ELF kennen, Spiele gewinnen zu müssen. Daher glaube ich eher nicht, dass das ein großer Druckfaktor ist, sondern dass sie sich einfach mega drauf freuen, mal wieder für die Nationalmannschaft spielen zu können und es als große Chance sehen. Zudem denke ich schon, dass die Deutschen am Ende Favorit sind, weil einfach ein größerer Pool an Spielern da ist. Am Ende ist es aber die Frage, wie schnell wachsen sie als Einheit zusammen und wie gut ist das Timing untereinander. Ich glaube daher, dass es ein Spiel wird, wo die Defenses dominieren werden, weil die beiden Defense-Lines stark sind und die Offense vom Timing her noch nicht so weit ist, dass wirklich da große Scores auf das Board gebracht werden. Und dann kann es sein, dass die Special Teams am Ende entscheidend werden, also dass dein Kicker die Dinger auch reinmacht. Und da würde ich bei Deutschland den Vorteil sehen.

Ist der Sieger der Partie für Sie dann auch der heiße Favorit auf den EM-Titel? Oder können das Italien oder Finnland noch verhindern?

Vom Grundgerüst denke ich auf jeden Fall. Italien hat einen Haufen Ausfälle, wie ich das mitbekommen habe. Da spielen ein paar Leute vom letzten Mal nicht mehr mit, dann haben sie Running Back Mike Gentili und Coordinator Cody Pastorino nicht dabei, zudem hat Nick Alfieri seine Karriere beendet. Also, da sind schon ein paar von diesen starken Italo-Amerikanern abhandengekommen. Zwar glaube ich, dass sie nicht schlecht sein werden, aber sie haben bei weitem nicht das heimische Talent, um mit Deutschland oder auch Österreich mitzuhalten. Finnland kann ich ein bisschen schwierig einschätzen, aber von den letzten Vergleichen, die ich gesehen habe - also wenn Helsinki oder so gegen Schwäbisch Hall gespielt haben - da hat Schwäbisch Hall, obwohl sie schon auf dem absteigenden Ast waren, trotzdem noch deutlich gewonnen. Ich glaube nicht, dass da gerade das Talent so hoch ist.

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